06.11.2013 Was mir so durch den Kopf geht… Kennen Sie die Sucht, die immer stärker um sich greift, die Sucht erfolgreich sein zu müssen? Jeder will erfolgreich sein. Nicht wenige Menschen leiden darunter, dass sie glauben, in ihrem Leben gescheitert zu sein, oder schlimmer noch, von anderen Menschen als »gescheiterte Existenz« angesehen zu werden. Das verursacht Leistungsdruck durch Erwartungsdruck. Wenn ich aber, die unter „Erfolgsdruck“ Leidenden frage, was sie unter Erfolg verstehen, erhalte ich meist Antworten, die sich im „Haben“ von materiellen Gütern bewegen und weniger im „Sein“ persönlicher Werte. Was ist Erfolg? Das Wort besagt, es ist dasjenige, was immer danach »folgt«. Ich tue etwas, und das Wichtige ist nicht, was ich tue, sondern was daraus »erfolgt«. Dies würde jedoch bedeuten, dass ich niemals in der Gegenwart glücklich und erfüllt sein kann, sondern dass ich meinen »Erfolg« nur in der »Folge« meines Tuns, irgendwann in der Zukunft erleben darf. Ist das ein positives Leben, wenn sich mein Glück immer nur auf die Zukunft vertagt und ich mich in der Gegenwart mit dem Schuften für den Erfolg zufrieden geben muss? Sie merken, ich bin in meiner Argumentation wieder ins „erfolgreiche Haben“ abgetriftet. Ich muss die Alternative finden zu meiner materialistischen Auffassung von Erfolg, die den Erfolg nur als etwas Äußerliches betrachtet. Die positive Alternative kann nur sein, dass ich mich entscheide, in dem, was ich gerade tu, meine Erfüllung zu fühlen, in der Liebe zum Handeln zu leben. Dieses Gefühl habe ich gerade jetzt in dem Moment wo ich diese Zeilen schreibe. Dieses Gefühl kennt jeder von uns aus Kindertagen, als wir spielten und Zeit und Raum vergessen haben. Dieses Gefühl erlebt der Künstler wenn er schafft, wenn er seine Gedanken und Gefühle in etwas investiert, was sein Inneres widerspiegelt. Er denkt dabei (Ausnahmenbestätigen die Regel) nicht an den äußerlichen Erfolg, der erst später eintreten soll, sondern er geht restlos in seiner Freude am Schaffen auf. Ich vertraue darauf, dass in jedem Menschen ein Künstler verborgen ist, denn jeder ist fähig dazu, sich in den kleinsten Tätigkeiten des Lebens als erfindungsreicher Künstler seines Lebens zu erleben. Wenn ihm das gelingt, dann erreicht er die höchste Stufe des Erfolgs, indem er diese unbeschreibliche Freude bei seinem augenblicklichen Tun empfindet. »Das ist alles schön und gut« höre ich schon die Pessimisten unken, »aber mein Beruf ermöglicht mir gar nichts von dem allem. Ach, wäre das schön, wenn ich eine Arbeit hätte, in der ich mich etwas freier fühlen könnte, in der mir, der für mich nötige Freiraum eingeräumt wird. Ich habe nur die Freiheit, durch meine Leistung mehr oder weniger Geld zu verdienen, leider aber den Druck immer mehr Geld verdienen zu müssen, wenn ich mir oder meiner Familie einen angemessenen Lebensstandard bieten möchte. Wo bleibt da die schöne Freiheit des Künstlers, von der Du hier schwärmst«? Zugegeben, ich treffe immer weniger Menschen für die der Beruf zur Berufung geworden ist. Früher hat sich der Mensch mehr mit seinem Beruf identifiziert, weil er ein Ausdruck seines gesellschaftlich Status‘ war. Sein Beruf gab ihm eine lebenslange eindeutige Stellung in der Gesellschaft. Heute muss man bereit sein flexibel auf alle äußeren Einflüsse in der Arbeitswelt zu reagieren. Vielleicht braucht man mehrere Berufe oder Jobs um über die Runden zu kommen. Das ist die Krux unserer Zeit: Die Arbeit ist als Mittel zum Zweck verkommen. Der Beruf ist das Mittel und der Mensch ist der Zweck, sie werden nicht mehr als Einheit erlebt. Seine Berufung verschwindet im Nebel des Äußeren (es gibt Ausnahmen) und damit bleibt ihm die innere Erfüllung, die innere Entwicklung, die von ihm auf ganz individuelle und einzigartige Weise in jeder Art von Tätigkeit empfundene Freude verborgen. Somit befürchte ich, dass Erfolg in der Zukunft mehr denn je an Äußerlichkeiten fest gemacht werden wird, an „Haben“ und weniger am „Sein“. * ** *
Posted on: Wed, 06 Nov 2013 06:40:11 +0000
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