8. MÜRZZUSCHLAGER - GESCHICHTE BAUMKIRCHER Es klingt wie - TopicsExpress



          

8. MÜRZZUSCHLAGER - GESCHICHTE BAUMKIRCHER Es klingt wie ein Witz der Geschichte, dass ausgerechnet zu Mürzzuschlag am Dorotheentag (6. Februar) 1410 Herzog Wilhelm dem Wilhelm Pawnkirch einen Hof zu Wippach in Krain verlieh. Denn dieser Wilhelm Baumkircher wurde 1420 ein Sohn geboren, der bei der Taufe den Vornamen Andreas erhielt. Der Bub entwickelte sich körperlich und geistig hervorragen, ergriff das Kriegerhandwerk und zeichnete sich so aus, dass ihn der Kaiser zu seinem Feldhauptmann machte. Die fortwährenden Kriege kosteten viel Geld. Da die Staatskassen leer waren, streckte Baumkircher aus eigener Tasche seien Truppen den Sold vor, ja er verpfändete sogar seine Güter. Schließlich stand er vor dem Ruin. Alle Bitten an Friedrich III, ihm die Gelder zu ersetzen, bleiben erfolglos. Da griff er zur Selbsthilfe. „Dieser Andre Baumkircher, geboren im Karst, eines schlechten (kleinen) Edelmanns Sohn, sein Schwiegersohn Andre von Stubenberg, Gebrüder Narringer, Andreas Greissenegger und andere unzufriedene Adelige überfielen Marburg, Fürstenfeld, Feldbach und andere Städte und erpressten von den Bewohnern das Geld, das ihnen der Kaiser Schuldete“. Einer der Unterführer, Hauptmann Saffran (Saffrein), kam mit einem Trupp böhmischer Söldner in das Mürztal, um dem Kaiser, der von Rom kommend durch Kärnten anreiste, den Weg abzuschneiden. Es „besetzte Mertzwschlag und allenthalben darumb“. Nun sammelten Ramund von Offenberg, Heinrich von Hertling und Thoman von Stubenberg, ein Vetter des Schwiegersohns des Baumkirchers -, man sieht, der Riss ging mitten durch Familien - um Judenburg und Leoben 4000 Mann. „In der Mittichen (Mittwoch, 5. April) der Osterwoche des Jahres 1469 kamen sie im Geheimen gegen Mürzzuschlag und traten frischleich (frischfröhlich) zum Sturm an. Sie gewannen den Markt, fanden die Feinde und legten alle nieder, dass ihrer 900 auf der Wallstatt blieben. Nur 40 Mann wurden gefangen genommen, die Anderen entflohen“. So berichtet Unrest im „Chronikon Austriacum“. Doch in den „Fontes Rerum Austriacarum“ (Österr. Geschichtsquellen) ist es so dargestellt: „Graf von Gortz, Hans von Ramung und andere Hofleute des Kaisers kamen mit 4000 Mann nach Mürzzuschlag, überfielen die 1500 im Markt und erschlugen 500 der Feinde und verbrannten viele, dass man glaubte, sie hätten 1000 Mann verbrannt und erschlagen. Die übrigen wurden gefangengenommen und nach Graz in den Turm geführt“. Der Wiener Ulrich Permann weilte nach der Schlacht hier und berichtete, er habe sein Leben lang nie so ein grauenhaftes Ding gesehen. Alle Gassen seien voll toter Leute gelegen, ganze Bäche Blutes seien geronnen, so hätten die Bauern die Söldner zerhackt. Das Rathausgässchen hieß lange Zeit hernach noch Blutgassel. Während des Kampfes brach Feuer aus. Da niemand Zeit zu löschen hatte, brannte der Markt ab. Es war sicherlich blutig hergegangen an diesen Tag. Doch 500 Tote bei Permann, 900 bei Unrest, 1000 nach anderen Meldungen sind doch zu summarisch, um unbesehen hingenommen zu werden. Sonderbar ist, dass keiner meldet, wie viele Kaiserliche und Einheimische erschlagen wurden, denn dass die Böhmen sich wehrlos hatten hinschlachten lassen, ist nicht anzunehmen. Mit dieser kritischen Betrachtung soll keineswegs das Grauen dieses Tages verniedlicht, sondern nur die Glaubwürdigkeit jener Berichte beleuchtet werden. Sicher ist, dass der Markt abbrannte. Und dies war für die Bewohner das nachhaltigste Ereignis. Denn die Toten waren bald begraben, doch Häuser und Mauern nicht so schnell aufgebaut. Wie arg der Ort gelitten haben muss, erkennt man aus der Eile, mit der der Kaiser zu helfen versuchte. Schon am Erchtag (Dienstag) in der Pfingstwoche, dem 24. Mai 1469, verlieh er dem Markt das Recht, mit Wein, Eisen und all anderer Ware und Kaufmannschaft maut-, zoll- und aufschlagsfrei auf dem Wasser und dem Land Handel treiben zu dürfen. Ein wertvolles Privileg, wenn man es hätte nützen können. Um einen ertragreichen Handel aufziehen zu können, braucht man Geld. Aber wer borgt schon einen Abbrandler? Und die Zöllner kümmerten sich nicht viel um das Sonderrecht, sonst hätte es der Kaiser nicht am 15. Dezember 1478 wiederholen und strengste Einhaltung befehlen müssen. Selbst wenn diese zweite Anordnung befolgt worden wäre, was hätte es genützt? Nicht viel, vor allem nicht lange. Unser Handel ging hauptsächlich über Wr. Neustadt und Wien. Doch 1477 erklärte der Ungar Matthias Corvinus dem Kaiser den Krieg und eroberte in kurzer Zeit fast ganz NÖ, aber auch Teile der Oststeiermark. In die Untersteiermark fielen ab 1471 alljährlich die Türken ein, 1480 zogen sie durch Kärnten und über den Obdacher Sattel in die Steiermark, überall Tote und Brandruinen zurücklassend. Ins Mürztal kamen sie nicht, sie wurden angeblich in der Nähe Kapfenbergs zurückgeschlagen. Doch dürfte es sich nur um einen Streiftrupp gehandelt haben. (Mörth: „Kapfenberg im Wandel der Zeiten“, S. 107). Gewerbe und Handel lagen darnieder. Der Erzberg stand jahrelang in Unwürde, die Hämmer von der Stanz bis Bruck waren abgekommen. Mit wem hätte man Handel treiben sollen? Dazu waren 1478 ungeheure Heuschreckenschwärme eingefallen und hatten alles kahlgefressen. Ringsum Elend und Not! Doch allen diesen Schrecken zum Trotz gingen die übriggebliebenen Bewohner daran, den Ort wieder aufzubauen. Um 1485 scheinen Häuser und Mauern errichtet gewesen zu sein, wie eine Aufschrift am Grazer Turm, die um 1800 noch teilweise entziffert werden konnte, besagte: „Felix civitas quae agitat de bello factum, Fredericus Tercius Romanus Imperator 1485“, auf deutsch „Glückliches Gemeinwesen, das die Folgen des Krieges überwand. Friedrich III. Römischer Kaiser“.
Posted on: Sun, 07 Jul 2013 07:06:36 +0000

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