Birgit Homburger-Interview für die "Schwäbische Zeitung“ - TopicsExpress



          

Birgit Homburger-Interview für die "Schwäbische Zeitung“ Die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger MdB gab der "Schwäbischen Zeitung“ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Hendrik Groth, Ulrich Mendelin und Klaus Wieschemeyer. Spielt die NSA-Affäre der FDP in die Hände? Bürgerrechte sind ein ureigenes liberales Thema. Sie setzt zumindest das Thema Datenschutz wieder auf die Agenda. Ich bin, was unsere eigenen Geheimdienste angeht, einigermaßen ärgerlich. Es ist nicht akzeptabel, dass das Parlament keine Möglichkeit hat, die Geheimdienste uneingeschränkt zu befragen. Im Parlamentarischen Kontrollgremium, das geheim tagt, muss informiert werden. Wollen Sie einen Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre? Im Moment gibt es Vorwürfe von Herrn Snowden, von denen kein Mensch weiß, was genau stimmt. Ich erwarte Aufklärung von den USA. Das hat die Regierung sehr deutlich gemacht. Wir haben aber auch ein Problem in Europa. Die Europäer agieren nicht gemeinsam. Die Briten haben gerade die Zusammenarbeit in der gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik beendet. Das zeigt, dass es in Europa auch Länder gibt, die anders ticken als wir. Wir müssen schauen, dass wir uns auf europäischer Ebene einig werden und gemeinsam mit den USA verhandeln. Sind Sie denn zufrieden mit den Ergebnissen der Reise von Innenminister Hans-Peter Friedrich in die USA? Er hat ja wenig Konkretes mitgebracht. Was haben Sie denn erwartet? Er ist hochrangig empfangen worden, er hat unsere Positionen vertreten. Ich habe nicht erwartet, dass die ihm da gleich alles erzählen. Und die SPD sollte besser mal die Klappe halten. Wer hat denn nach dem 11. September mit der Datenspeicherung angefangen? Rot-Grün hat seinerzeit die Vorratsdatenspeicherung eingeführt, das Bundesverfassungsgericht hat es kassiert. Rot-Grün hat beim Thema Datenschutz nichts geliefert. Es gibt ja einen Grund, warum Herr Steinmeier so ruhig ist. Er war ja auch mal im Kanzleramt für das Thema zuständig. Und was liefert die FDP beim Datenschutz? Die FDP zeigt klare Kante. Wenn es die FDP in der Regierung nicht gäbe, hätten wir längst eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung. Wir brauchen eine vernünftige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit. Wer meint, er könne hundert Prozent Sicherheit erreichen, wird sie erstens nicht erreichen, und zweitens erkauft er das unter Preisgabe der Freiheit. Und das ist genau das, was Terroristen wollen. Die attackieren unsere Freiheit, unsere Rechtsordnung und Lebensweise. Dringen Sie mit dem Thema Datenschutz denn durch in einer Gesellschaft, in der jeder ohne nachzudenken Kundenkarten nutzt und Persönliches in sozialen Netzwerken veröffentlicht? Menschen sind auch selber für Datenschutz zuständig. Man muss das Thema ansprechen und den Leuten sagen: Ihr müsst überlegen, was ihr da von euch preis gebt, welche Spur ihr zieht. Viele geben für kleinste und teilweise dubiose Gewinnchancen persönliche Daten preis. Das ist irre. Ich bin zum Beispiel zurückhaltend geworden, was das Zahlen mit Kreditkarte angeht. Ich zahle lieber auch mal bar – es muss nicht jeder wissen, wo ich gewesen bin. Muss der Gesetzgeber ein Recht auf Vergessen im Internet durchsetzen? Nein, es gibt ja auch in der analogen Welt kein Recht auf Vergessen. Jemand der in Ravensburg bekannt ist und sich daneben benimmt, kann hinterher auch nicht einfordern, dass das keiner weitererzählt. Nötig ist ein Recht auf Kontrolle der eigenen Daten. Es muss Regeln geben fürs Internet, und die müssen eingehalten werden. Aber für die Dinge, die die Bürger selber preisgeben, sind sie auch verantwortlich. Dafür ist nicht auch noch der Staat zuständig. Hirn einschalten ist Bürgerpflicht. Die Grünen fordern in ihrem Wahlprogramm höhere Steuern für Reiche. Legitim, um dem Staat die nötigen Spielräume zu verschaffen? Der Staat hat noch nie so viel Geld gehabt wie heute. Wir haben kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Und wir müssen darauf achten, dass die Bürger nicht überlastet werden. Die Mitte der Gesellschaft, das sind doch bei rot-grün die Gelackmeierten. Die Wirtschaft läuft ordentlich, die Arbeitnehmer bekommen Gehaltserhöhungen. Aber die Mehreinnahmen bekommt der Staat, wegen der kalten Progression. Wir wollten das abmildern. Und dann scheitert das Gesetz im Bundesrat. Die Arbeitnehmer können sich jetzt bei der SPD und den Grünen bedanken, dass sie von ihrem höheren Gehalt nichts haben. Und bei den Linken, mit denen rot-grün im Bundesrat vertrauensvoll zusammenarbeitet. Was peilen Sie denn für die Bundestagswahl an? Das beste Ergebnis aller Landesverbände. Das hatten wir in der Vergangenheit, das ist die Messlatte. Jetzt haben sie als Spitzenkandidaten einen gescheiterten Putschisten, der im Januar eine große Krise in der FDP ausgelöst hat. Dirk Niebel kann kämpfen und er hat als Minister einen super Job gemacht. Auch im Land hätten Sie gerne wieder eine schwarz-gelbe Koalition. Wie bewerten Sie eigentlich die Arbeit Ihrer Oppositionskollegen von der Landtags-CDU? Es ist schon ärgerlich. Gerade erst wieder am vergangenen Mittwoch, da gab es eine Debatte im Landtag zu den Sparforderungen des Landesrechnungshofs. Da hätte man die Regierung vorführen können. FDP-Fraktionschef Rülke hat vorgelegt. Und Herr Hauk geht nicht in die Debatte! Dabei ist CDU-Fraktionschef Peter Hauk derjenige, der mal mit FDP-Unterstützung Ministerpräsident werden möchte. Bis dahin passiert noch viel. Die FDP ist im Landtag klar der Oppositionsführer. Und ich bin stolz auf die sieben Leute, die wir da haben. Sie sind eine kleine Fraktion, aber die legen den Finger in die Wunde. Gerade hat die FDP gegen die Regierung im Rechtsstreit beim Staatsgerichtshof gepunktet. Die Regierung muss das Parlament zukünftig besser informieren. Die FDP macht im Landtag einen Punkt nach dem anderen. Und die CDU hinkt hinterher. So wie am vergangenen Mittwoch. Wir hätten einen Punkt machen können und dann versandet das Ding, weil die CDU nicht mitzieht. Womöglich, weil die CDU auch keine genauen Vorstellungen hat, wo die vom Landesrechnungshof geforderten 30000 Stellen gestrichen werden sollen. Sie denn? Die FDP hat Vorschläge gemacht. Das fängt schon damit an, dass wir als Liberale gesagt haben, wir können nicht 11600 Lehrerstellen streichen, aber so ungefähr 6000 würde die demografische Rendite hergeben. Wir hätten am Anfang eben nicht die Ministerien aufgebläht. Was haben wir denn von dem Integrationsministerium? Es ist nicht erkennbar, dass das zu einer Verbesserung der Integrationspolitik geführt oder irgendwas für die Migranten gebracht hat. Im Verkehrsministerium wurden zusätzliche Stellen geschaffen. Die sind nur dafür eingerichtet worden, um Stuttgart 21 zu verzögern – und dann aufzuschreien: Es wird alles teurer! Jetzt will der Agrarminister 80 Stellen für den Nationalpark Nordschwarzwald. Da muss er mal sagen, wie er die finanzieren will. Auch beim Thema Nationalpark scheint es CDU und FDP trotzdem nicht zu gelingen, die Landesregierung gemeinsam in die Zange zu nehmen. Wir wissen ja gar nicht, was die CDU nun in Sachen Nationalpark will. Sie hat keine klare Linie, ist in der Frage gespalten. Die FDP hat klar gesagt: Dagegen, Ende Gelände. Und zwar schon vor sämtlichen Bürgerentscheiden in den Kommunen. Diese klare Haltung wird uns zugutekommen. Die Menschen wissen wenigstens, wofür wir stehen. Dafür, dagegen: Beim Fracking schafft es auch die Koalition in Berlin nicht, sich auf einen Gesetzentwurf zu einigen. Die CDU ist dafür verantwortlich, dass eine Verschärfung der Umweltvorschriften beim Fracking gescheitert ist. Wir wollten Regeln schaffen. Nämlich ein Verbot von Fracking in Wasserschutzgebieten – das ist heute erlaubt. Wir wollten Umweltverträglichkeitsprüfungen; wir wollten, dass nicht mehr allein die Bergbehörde entscheidet, sondern die Wasserbehörde gleichberechtigt ist. Denn Trinkwasserschutz hat oberste Priorität. Wir hatten ganz klare Vorschriften vorgeschlagen, die man hätte umsetzen können, mit einem kompletten Schutz unseres Bodensees. Das hat die CDU vermasselt.
Posted on: Tue, 23 Jul 2013 07:00:48 +0000

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