Das Handelsblatt empört sich heute in einer Titelgeschichte über - TopicsExpress



          

Das Handelsblatt empört sich heute in einer Titelgeschichte über die vermeintliche “stille Enteignung” der Deutschen: “Hochsteuerland, Nullzinspolitik, Verstaatlichung – Wie sich der Staat an unserem Eigentum vergreift”. Ich halte die These von der “stillen Enteignung” allerdings für nicht haltbar. Die implizite Darstellung, der Rest Europas halte sich am deutschen Michel und seinem sauer Ersparten gütlich, ist nicht nur falsch, sondern wenige Wochen vor der Bundestagswahl aus meiner Sicht ziemlich gefährlich. So unterstellt die Klage darüber, die Niedrigzinspolitik der EZB sei eine “Enteignung” der deutschen Sparer, dass die Bürger eine Art Grundrecht auf einen positiven Realzins hätten, und die Notenbank dieses mit ihrer Geldpolitik zu wahren habe. Das ist natürlich absurd. Genauso wenig wie es ein Recht auf steigende Aktienkurse oder steigende Immobilienpreise gibt, existiert ein Anspruch auf eine Mindestrendite für Sparer. Das oberste Ziel der Geldpolitik ist es, die nominale Inflation im Zaum zu halten. Mit Blick auf ihren Hauptauftrag, die Verbraucherpreise stabil zu halten, macht die EZB ihren Job also sehr gut. Niedrig sind die Leitzinsen derzeit nicht etwa, weil Mario Draghi sich einer heimlichen Enteigner-Koalition angeschlossen hat, sondern weil die gesamte westliche Welt seit dem Jahr 2007 in die tiefste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression gefallen ist. Das Finanzsystem stand am Kollaps und drohte die Realwirtschaft mit in die Tiefe zu reißen. Eine der wichtigsten Lektionen aus der Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre und auch der Japan-Krise der 90er-Jahre ist, dass die Geldpolitik mit einer aggressiven expansiven Politik gegensteuern solle. Diese Sicht ist unter weltweit führenden Makroökonomen Konsens und durch eine Phalanx an theoretischen und empirischen Arbeiten gedeckt. Die extrem niedrigen Leitzinsen sind die Konsequenz dieser notwendigen Ultra-Stimulanz. Sicherlich sind sie für Sparer und für Lebensversicherer unangenehm – die Alternative dazu wäre jedoch eine Situation wie in den 30er Jahren, in der die Wirtschaftsleistung kollabiert und die Arbeitslosigkeit durch die Decke geht. (….) Quelle: Economics Intelligence Anmerkung Orlando Pascheit: Wie immer ein lesenswerter Artikel von Olaf Storbeck. Dem allerdings ein – so hoffe ich – ein Flüchtigkeitsfehler unterläuft. Er schreibt: “Gerade den gut verdienenden Menschen in Deutschland, die den Großteil der Steuern zahlen, geht es besser denn je.” Diese Aussage stimmt nur zum Teil. Nicht beim gesamten Steueraufkommen, sondern bei der Einkommenssteuer tragen die “gut verdienenden Menschen” den Großteil bei. Allein die Umsatzsteuereinnahmen übertrafen jedoch 2012 die Einkommenssteuer bei Weitem.
Posted on: Thu, 12 Sep 2013 18:50:35 +0000

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