Das hünenhafte Mädchen mit dem Tituskopf Erstmals - TopicsExpress



          

Das hünenhafte Mädchen mit dem Tituskopf Erstmals veröffentlicht: Autobiographische Fragmente der Revolutionärin Hilde Kramer-Fitzgerald (1900–1974) Von Cristina Fischer Dies ist »die Geschichte einer jungen Frau, die, noch nicht einmal volljährig, eine der maßgeblichen Figuren der bayerischen Revolution und Räterepublik war«, heißt es im Vorwort einer neuen Publikation aus dem kleinen Berliner BasisDruck Verlag. Ihr Kernstück bildet ein erst vor einigen Jahren überraschend aufgetauchtes autobiographisches Fragment der 1900 geborenen Hilde Kramer, das ihr Leben bis 1924 umfaßt. Hineingeboren in eine wohlhabende Kaufmannsfamilie, hatte sie früh ihre Eltern verloren und prägende Jugendjahre im Landschulheim der sozialdemokratisch und pazifistisch eingestellten Familie Kaetzler am Ammersee verbracht. Der Versuch, sie während des Ersten Weltkriegs noch zur »höheren Tochter« und Patriotin zu erziehen, mißlang. In München lernte sie Stenographie und Maschineschreiben und stellte sich aus Begeisterung für die Novemberrevolution dem Soldatenrat als Sekretärin zur Verfügung. Zunächst wurde sie Mitglied der Internationalen Kommunisten Deutschlands unter Führung von Johann Knief und Karl Radek. Sie lernte Knief, Erich Mühsam und dessen Frau Kreszentia »Zenzl« Mühsam sowie Ernst Toller, Karl Liebknecht und andere Revolutionäre persönlich kennen. »Ich war jung und unwissend, aber es war ganz klar, daß ich bereit war, wenn nötig für unsere Sache mein Leben zu geben«, rekapitulierte sie später. Da sie im Kriegsministerium der Räterepublik gearbeitet hatte und »in München bekannt wie ein bunter Hund« war, mußte sie sich nach der Niederschlagung der Revolution verstecken, um nicht wie Hunderte andere ermordet zu werden. Mehrmals verhaftet und schließlich vor Gericht gestellt, wurde sie dennoch freigesprochen. Mit ihrer Größe, den kurzen blonden Haaren und den klaren, knabenhaften Zügen war sie auch äußerlich eine faszinierende Erscheinung. Der Schriftsteller Oskar Maria Graf beschrieb sie als »das hünenhafte Mädchen mit dem Tituskopf«. Sie bewegte sich damals fast ausschließlich unter Männern, ließ sich von keinem küssen und war auf selbstverständliche Weise emanzipiert. »Ich denke ja gar nicht daran zu heiraten«, erklärte sie im Juli 1919. Nachdem sie 1920 und 1923 in Moskau als Sekretärin und Übersetzerin für die Komintern tätig gewesen war, wurde sie diesem Vorsatz untreu und heiratete den irischen Kommunisten Edward Fitzgerald, mit dem sie einen Sohn hatte. Schon während der Revolution hatte sie begonnen, journalistisch zu arbeiten. Später schrieb sie Film-, Theater- und Radiokritiken für die Rote Fahne. Seit 1926 Angestellte der Pressestelle der Roten Hilfe, wurde sie 1929 im Zuge des Kampfes gegen »Rechte« und »Versöhnler« entlassen und aus der KPD ausgeschlossen. Sie schloß sich daraufhin der SAPD, einer linken Abspaltung der SPD, an. In den 1930er Jahren beteiligte sie sich in Berlin an illegaler antifaschistischer Arbeit. Nach vielen Schwierigkeiten gelang ihr 1937 die Emigration nach England, wo sie Mitglied der Labour-Party wurde, sozialpolitische Publikationen verfaßte und als Bibliothekarin arbeitete. Neben dem Fragment ihrer lebendig und anschaulich, aber mit der Distanz von Jahrzehnten geschriebenen Autobiographie enthält die von Egon Günther herausgegebene Publikation eine Auswahl ihrer Briefe aus den Jahren 1918 bis 1924, die den Charme der Unmittelbarkeit haben, sowie eine Chronik ihres Lebens. Unbedingt lesenswert! Egon Günther (Hrsg.): Hilde Kramer. Rebellin in München, Moskau und Berlin. Autobiographisches Fragment 1900–1924. BasisDruck Verlag, Berlin 2012, 259 S, 16,80 Euro (jW)
Posted on: Fri, 05 Jul 2013 03:16:27 +0000

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