Der Syrienkrieg und die Allianz einer radikalen Linken in - TopicsExpress



          

Der Syrienkrieg und die Allianz einer radikalen Linken in westlichen Ländern: (Entschuldigung für meine schlechte Übersetzung ins Deutsche) lapupilainsomne.wordpress/2013/09/19/la-complicidad-de-algunos-intelectuales-en-la-guerra-imperial-contra-siria/ Wie Intellektuelle zu Mittätern werden im imperialistischen Krieg gegen Syrien von Ángeles Diez Nirgendwo sonst, als am Beispiel Syriens wird seit 2011 klarer und deutlicher erkennbar, wie öffentliche Kriegslegitimierung funktioniert und wie gewisse Intellektuelle aus linken Milieus sich dazu hergeben. Eine nicht geringe Anzahl von ihnen hat sich dafür entschieden, im Krieg der Medien gegen Syrien den Unisono-Chor zu bilden, der jenem den Anstrich der Aufgeklärtheit, überstrahlt vom Glanz westlicher Moralprinzipien, verleihen soll. Nicht nur von ihren Kanzeln in den alternativen Medien herab, sondern durchaus auch in den großen Massenmedien laborieren diese Intellektuellen an Erklärungen, Rechtfertigungen und Darstellungen, die sie als Ausdruck allgemeinverbindlicher ethischer Grundhaltungen präsentieren, obwohl es sich dabei nur um ihre persönlichen politischen Willensentscheidungen handelt. Positionen engagierter Antiimperialisten ziehen sie bewusst ins lächerliche und banale, rücken sie in eine bestimmte Richtung oder verdrehen sie völlig. So versteigen sie sich sogar so weit, lateinamerikanische Regierungen in überheblichem Ton zurechtzuweisen, weil diese, sich berufend auf die Souveränität der Völker und das Nichteinmischungsprinzip, den Krieg gegen Syrien ablehnen. Noch im Juni 2003, vor dem Hintergrund des Irak-Krieges und der sich abspielenden militärischen Besetzung dieses Landes, konnte es im universitären und kulturellen Bereich und auf den Feldern linker Militanz leicht geschehen, dass sich plötzlich Hunderte Stimmen gegen den Krieg erhoben. Damals waren wir noch in der Lage, Diskursfallen zu erkennen. Wir konnten die Interessen des Imperiums und seiner Verbündeten aufdecken, die Lügen der Medien durchschauen, und wir waren vor allem fähig, Prioritäten zu setzen, was Mobilisierung, Anklage und Protest anging. Es gelang uns zwar nicht, den Krieg zu beenden, auch die Besetzung des Irak konnten wir nicht rückgängig machen, aber wir gaben den Anstoß für eine antiimperialistische Bewegung, die zu einer wirklichen Notbremse gegen die Barbarei des Krieges hätte werden können, und die doch auch irgendwie dazu beitrug, die Fortsetzung einer beabsichtigten Neokolonialisierung der Region zu unterbinden. Wenn es uns also 2003 noch relativ leicht gelang, gegen den Irak-Krieg und die imperialistischen Pläne zu mobilisieren, und zwar ohne dass dies auch die Bedeutung erhielt, damit irgendeine Diktatur zu unterstützen, so stellen sich viele von uns heute die Frage: Was ist seither geschehen, dass eine solche Bewegung wie die von 2003 nicht mehr entsteht oder keine Kontinuität hat? Sicher gibt es dafür verschiedene Gründe, die sich überschneiden. Ich möchte zwei hervorheben, die mir zentral erscheinen: Die großen Kommunikationsmedien haben eine gelungene Überzeugungsarbeit geleistet. Ein Teil der Linksintellektuellen, die bis dahin politisch gegen den Krieg Stellung bezogen hatten, entscheidet sich nun, auf die Gegenseite zu wechseln. . Linksintellektuelle tragen zur Legitimierung des Krieges bei . Dass die Massenmedien immer schon gelogen haben, dass sie verfälschen, unterschlagen, überzeichnen, und dass sie die Argumente unserer Gegner formen und gestalten, hat sich immer wieder gezeigt und ist nicht neu. Jedoch tun sie das nicht, weil sie etwa die Werkzeuge des Imperialismus sind. Sie tun es, weil sie ein substantieller Bestandteil der Macht sind. Das Rechtfertigen von Kriegen, oder wie Chomsky sagt, Die Erzeugung von Konsens, wird in diesen Medienanstalten nicht einfach nur geleistet, vielmehr muss als ein übergeordnetes System die Propaganda gesehen werden, in das sich nicht nur die Leitmedien einschreiben, sondern mit ihren Diskursen auch die gesamte politische Klasse, die vorherrschende, kolonialistische, westliche Kultur, die Journalisten, die Künstler, die Intellektuellen, die Wissenschaftler, die Medien-Philosophen. Sie alle nämlich stellen eine Art „säkulare Priesterschaft“ dar, die eine Hauptrolle bei der Verinnerlichung der Ideologie des Humanitären Krieges als einem Mechanismus der Kriegslegitimation“ (Bricmont, 2005) spielt. Einige haben sich ganz bewusst, andere eher weniger, der imperialen Kriegspropaganda verschrieben. Interessant ist, dass seit dem Jugoslawien-Krieg (1999) die Kohorten der öffentlichen Meinungsmache sich anfangs aus den Reihen der Konservativen, der Liberalen, aber nur teilweise aus denen der Sozialdemokraten (erinnern wir uns an die Kampagne der PSOE, „Nein zum NATO-Eintritt!“) rekrutieren. Heute bilden sie sich immer mehr aus Gruppen von Intellektuellen, die sich als linke Revolutionäre, als Antikapitalisten und Antiimperialisten bezeichnen. Die Erklärung, die sie sich selbst dafür geben, besteht aus moralischen, universalistischen und humanitären Argumenten: Lasst uns gegen die Diktatur kämpfen (egal, wo) und lasst uns die Sache des Volkes verteidigen (sei es, für die afghanischen Frauen, die libyschen Rebellen, die syrischen Protestler oder jedweden Bevölkerungsteil, den uns die Massenmedien als Opfer von Diktatur ausweisen). So spielen in jenen Marschkapellen, die die betreffenden Regierungen in Bewegung gesetzt haben zum Sturz des Tyrannen B. Al-Assad und für einen demokratischen Übergang in Syrien, jetzt manche der Intellektuellen mit, die noch 2003 ihr „Nein zum Krieg gegen den Irak“ skandiert hatten; einige, wie zum Beispiel die Schriftstellerin Almudena Grandes, stimmen darin sogar das Kampflied für die westliche, militärische Intervention an: „Al-Assad ist von grund auf ein Diktator, ein Tyrann, ein Serienmörder. Nur er alleine würde von einer Nicht-Intervention profitieren.“ Nehmen wir einmal an, für Grandes und andere sei, im Vergleich zu Al-Assad, Saddam Hussein der kleinere Diktator gewesen. Dann war wohl nur das für sie die Ursache, wieso damals Hunderttausende Bürger ihr „Nein zum Krieg“ riefen und auf die Strasse gingen und weshalb sie das heute nicht mehr tun. Die Rolle, die die „säkulare Priesterschaft“ spielt, ist eine doppelte: Sie bringt einerseits Argumente ins Spiel, die eine bewaffnete Intervention rechtfertigen könnten, und sie agitiert andererseits immer heftiger für die Spaltung, Schwächung, Ruhigstellung einer allmählich aufkommenden und stärker werdenden Opposition gegen imperialistische Kriege. In manchen Fällen politische Ignoranz, in anderen Fällen einfach Verwirrung, aber in der Mehrzahl aller Fälle lässt ein tief verwurzeltes Gefühl, als Intellektuelle hochentwickelter Länder moralisch weit überlegen zu sein, diese „Linken“ glauben, sie seien dadurch in den Stand gesetzt, auch rechte Argumentationslinien für sich vereinnahmen zu können. Diese verlaufen laut Bricmont in zwei Ausformungen: a) Der von ihm so genannte Humanitäre Imperialismus lässt den Glauben entstehen, universelle Werte (Freiheitsidee, Idee der Demokratie) bedeuteten eine Verpflichtung zur Intervention an jedem beliebigen Ort. Das sei eine Art moralische Schuld (man habe das Recht, sich einzumischen). b) Ein „kultureller Relativismus“ bringt die Meinung hervor, es gäbe weder gute noch schlechte Sitten. Sollte also der Fall eintreten, daß sich eine wahabistische oder extremistisch-fundamentalistische Bewegung gegen die Repression erhebt, so muss auch ihr Beifall gespendet werden, denn, wie mir ein spanischer Philosoph erklärte, „das Volk irrt niemals“ oder „wenn das Volk spricht, schweigt die Geostrategie!“ . Merkwürdiger Gleichklang von Freiheit und Demokratie . Imperialistische Herrschaft ist immer militärisch, aber sie muß ideologisch zu rechtfertigen sein. Nur dann sind Widerstandselemente in ihrem Rücken eliminierbar. Heute, dank der Komplexität eines hochentwickelten, zunehmend technisierten und effektiven Propagandasystems kommen legitimierende Ideologien größtenteils unter der Kontrolle einer Linken zustande, die endlich anerkannt wurde und in der kritischen öffentlichen Meinung Glaubwürdigkeit genießen darf, etwa weil sie im Rufe steht, die Sache der Palästinenser zu verteidigen. Der Legitimierungsdiskurs im harten Kern hat hier den klassischen Begriff der Freiheit verschoben hin zu einem kryptischen Begriff der Würde. Demokratie und Menschenrechte werden als bloße Schlagwörter gebraucht. Als erträumte Intervention verkommt Demokratie bei dem Philosophen Santiago Alba Rico zu einer Utopie light und dient nur noch dazu, Anhänger zu werben und über Realitäten hinwegzutäuschen. Freilich gibt es hin und wieder Gelegenheiten, bei denen man die Wortblase Freiheit noch aufsteigen lässt. Allerdings nur, wenn man annimmt, das angeprochene Publikum sei allzu verwestlicht, um mit dem rätselhaften Begriff der Würde noch irgendetwas anfangen zu können. Bricmont sagt, dass immer dann, wenn das Imperium die Rede von der Freiheit fallenlässt, weil sie nicht mehr glaubhaft erscheint, sofort die Humanitäre Priesterschaft bereit ist, sie aufzugreifen und fortzusetzen. In einer Petition, die im Rahmen der weltweiten Kampagne zur Solidarität mit der Syrischen Revolution u. a. von G. Achcar, S. Alba und Tariq Ali unterzeichnet ist und den Titel trägt: Solidarität mit dem syrischen Kampf für Würde und Freiheit, wird auf knapp zwei Seiten Text das Wort Freiheit gleich vierzehn mal wiederholt. In dem Maße wie sich der mediale Krieg gegen Syrien verschärft hat, ist die Übereinstimmung zwischen den Darstellungen des Imperiums und den Diskursen derjenigen, die behaupten syrische Revolutionäre zu unterstützen, gewachsen. Als anschauliches Beispiel für diesen Gleichklang sei die Petition der Kampagne für weltweite Solidarität mit der Syrischen Revolution einmal verglichen mit der Gemeinsamen Erklärung zu Syrien (Joint Statement on Syria, Presseamt des Weißen Hauses, whitehouse.gov/the-press-office/2013/09/06/joint-statement-syria, d. Ü.), welche elf Nationen, im Rahmen des G 20 Gipfels, auf Antrag der Vereinigten Staaten unterzeichnet haben mit dem Ziel der Stärkung eines gemeinsamen Vorgehens der Staaten, die eine bewaffnete Intervention unterstützen. In der Petition des Humanitären Klerus finden sich folgende Argumente: 1) Es gibt in Syrien eine Revolution im Aufbruch. 2) Alleiniger Verantwortlicher für die Toten, die Militarisierung des Konfliktes und die Spaltung der Gesellschaft ist B. Al-Assad. 3) Syrischen Revolutionäre müssen unterstützt werden, denn sie kämpfen für die Freiheit in der Region und auf der ganzen Welt. 4) Es muß ein friedlicher Übergang zur Demokratie unterstützt werden damit die Syrer selbst entscheiden können. 5) Es wird ein freies, vereintes und unabhängiges Syrien gefordert. 6) Es werden Hilfsleistungen gefordert für alle syrischen Flüchtlinge und Vertriebene im eigenen Lande. Auf der Web-Site der Kampagne ( https://change.org/petitions/solidarity-with-the-syrian-struggle-for-dignity-and-freedom in spanisch, d. Ü. ) findet sich unter dem Text der Petition die dahingehende Erläuterung, dass die Revolution des Volkes unterstützt werden muss mit allen Mitteln (“la revolución del pueblo debe ser apoyada por todos los medios” d.Ü.). Nehmen wir an, dass mit allen Mitteln bedeutet: mit allen Mitteln! Weiter wird gefordert, dass B. Al-Assad zurücktreten muss und dass er abgeurteilt werden soll. Der Passus schließt damit, dass die militärische und finanzielle Unterstützung des syrischen Regimes beendet werden muss, und zwar nur die des syrischen Regimes. Die Gemeinsame Erklärung der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten, unter denen sich seltsamerweise kein einziges lateinamerikanisches Land befindet und das einzige arabische Land Saudi-Arabien ist, enthält die folgenden Aussagen: 1) Zu verurteilen ist ausschließlich die syrische Regierung, die für den Angriff mit chemischen Waffen verantwortlich gemacht wird. 2) Der Krieg gegen Syrien hat den Zweck, den Rest der Welt gegen den Einsatz chemischer Waffen zu verteidigen, in dem ihre Weitergabe verhindert wird. 3) Die Intervention hat das Ziel, schlimmere Übel zu vermeiden: Ein grösseres Leiden des syrischen Volkes und eine Destabilisierung der Region. 4) Es wird die Verletzung der Menschenrechte auf allen Seiten verurteilt. 5) Wüchenswert ist ein politisches und kein militärisches Endergebnis und es wird behauptet: Wir haben die Aufgabe, eine politische Lösung herbeizuführen, die zu einem vereinten, starken und demokratischen Syrien überleitet. 6) Es wird aufgerufen zu humanitären Hilfsleistungen, Spenden und Beistand für das syrische Volk. Überraschend im Vergleich beider Texte kommt der erstere weit belizistischer daher; es wird in ihm nicht anerkannt, dass es im syrischen Konflikt zwei Seiten gibt; die Verantwortlichkeit wird allein auf B. Al-Assad reduziert; man rechtfertigt eine Unterstützung der syrischen Revolutionäre damit, dass sie dabei seien, Weltrevolution zu machen, und es wird, ohne den vorherigen Sturz der syrischen Regierung, keine politische Lösung ins Auge gefasst. Es scheint, als sei die Petition nur von exakt einer einzigen der beiden Konfliktparteien verfasst worden, die sich überheblich anmaßt, Wortführer des gesamten syrischen Volkes zu sein. . In den Fallstricken der Sprache: Wir verurteilen die Intervention der einen, wie auch der anderen, nur das Volk hat immer Recht. Der Aufbau einer Ideologie des humanitären Imperialismus vollzog sich in unterschiedlichen Abschnitten. Wie wir am Anfang dieser Einlassung sagten, hatte sich die gute, die ehrbare Linke (als solche teilweise verpflichtet dem Trotzkismus einer Vierten Internationale), schon seit den Zeiten des Jugoslawien-Krieges (1999) auf die Fahnen geschrieben, einen bequemen moralistischen Diskurs führen zu wollen, der ihr als respektable Linke offizielle Anerkennung verschaffen sollte, obwohl sie sich selbst weiter als antikapitalistisch definieren würde. Wenn wir einige ihrer Diskurse über Syrien analysieren, finden wir die Argumentationsmuster, die sich ständig wiederholen: Zunächst und an erster Stelle müssen sie andauernd den antiimperialistischen Ausgangspunkt klarstellen und also heftig abstreiten, dass sie sich mit einer ausländischen Militärintervention abfinden würden. So hält es G. Achcar in seinem Artikel Gegen die militärische Intervention von Außen, Unterstützung für den syrischen Volksaufstand (opendemocracy.net/gilbert-achcar/welcoming-vote-of-british-parliament- while-supporting-syrian-uprising, Contra la intervención militar extranjera, apoyo a la revuelta popular siria rebelion.org/noticia.php?id=173658 d. Ü.), oder auch S. Alba Rico in seinem Artikel Syrien und der Traum von der Intervention (Siria, la intervención soñada rebelion.org/noticia.php?id=173276). Alba Rico schließt mit den Worten: ich verdamme und verurteile auf immer die militärische Intervention der Vereinigten Staaten. V. Klemperer spricht in seinem Werk Die Sprache des Dritten Reiches davon, dass die Sprache ans Licht bringt, was eine Person absichtlich verbergen möchte, vor anderen oder vor sich selbst, und was sie im Unterbewußtsein trägt. Die humanitäre Priesterschaft ist gegen die militärische Intervention. Aber weil sie sich genötigt fühlt, das in ihren Schriften und Konferenzen unaufhörlich wiederholen zu müssen, scheint ihr Publikum nicht ganz davon überzeugt zu sein. Genau so wenig behagt es ihr, von Krieg zu sprechen, und deshalb muss sie Euphemismen, wie militärische Intervention von Außen oder militärische Intervention der Vereinigten Staaten, verwenden. Weder für die Vereinigten Staaten, noch für B. Al-Assad. Die Äquidistanz ist zweifellos ein idealer Fluchtort für ein Gutes Gewissen, und sie hat den Vorzug der Zweideutigkeit. Das erlaubt es, sich auf der einen oder auf der anderen Seite zu positionieren, je nachdem, wie die Ereignisse verlaufen. Es handelt sich um eine falsche Symetrie. Wenn wir uns in einer historischen Situation, in der ein Staat oder eine ganze Front von Staaten einen anderen Staat unter anderem mit Krieg bedroht, als neutral erklären, unterstützen wir tatsächlich immer die Maßnahme des Stärkeren. Es war ja nicht Syrien, das den Vereinigten Staaten oder der EU den Krieg erklärt oder sie mit seiner Macht und kriegerischen Kraft bedroht hätte; die ist nicht vergleichbar mit dem Potential des Imperiums und seiner Verbündeten (weder, was chemische, nukleare noch konventionelle Waffen angeht). Die Humanitäre Priesterschaft fühlt sich also ganz und gar nicht wohl in der Formel des Weder - Noch. Deshalb versucht sie stets, auf Teufel-komm-raus, die Meinungen so lange gegeneinander auszuspielen, bis auf einer Seite endlich die syrischen Revolutionäre auftauchen. In diesem Sinne erheben sie dann alle möglichen Vorwürfe gegen die syrische Regierung und ihren Präsidenten, setzen sich über jede Realität hinweg und verkennen den wahren Zusammenhang der Ereignisse. So behauptet S. Alba Rico, es sei eine unumstößliche Tatsache, dass das diktatorische Regime der Assad-Dynastie, unabhängig davon, ob es nun chemische Waffen gegen sein eigenes Volk eingesetzt habe oder nicht, an erster Stelle und unmittelbar verantwortlich ist für die Zerstörung Syriens, das Leiden seiner Bevölkerung und für alle Folgen, die sich daraus für die Menschen, die Politik und die ganze Region ergeben. Auch Almudena Grande bezeichnet Al-Assad ohne weiteres als Serienmörder. Doch eines ist gewiss: Wenn man in Zeiten des Krieges die Verbrechen des Gegners anprangert, auch im Glauben, die Vorwürfe seien absolut begründet, was sich aber dann oft als falsch herausstellt, sagt Bricmont, so läuft das immer nur darauf hinaus, dass man bei Menschen einen solchen Hass weckt, dass ihnen der Krieg akzeptabel erscheint. (2005:193) Ein anderer klassischer Topos heißt, auf der Seite des Volkes zu sein. Hier haben wir eine Hürde, die schwer zu nehmen ist. Denn im Fall des Arabischen Frühlings haben sich die imperialistischen Regierungen klar und deutlich auf die Seite von Bevölkerungsteilen gestellt und waren die ersten gewesen, die den syrischen Revolutionären ihre Unterstützung in Aussicht gestellt hatten. Es ist den humanitären Intellektuellen daher schwer zu glauben, dass es sich da nur um Zufall oder Zynismus gehandelt haben soll oder aber den perversen Interessen eines Imperiums entsprochen hätte, das erst den arabischen Bevölkerungen Beistand verspricht, nur, um dann ihre Revolutionen einzukassieren und die eigenen Interessen durchzusetzen. Wenn man ihnen aber glauben soll, so hätten sich in ihren Augen weder die Vereinigten Staaten noch Europa jemals wirklich dafür interessiert, militärisch in Syrien zu intervenieren. Daher wird es nicht gerade leichter, wenn die Rebellen und die syrischen Flüchtlinge, wie es kurz zuvor die libyschen Rebellen getan hatten, klar aussagen, dass sie den Angriff der Vereinigten Staaten auf Syrien herbeisehnen, von Revolutionären oder dem Volk zu sprechen. Denn, welches revolutionäre Volk oder welcher Teil einer Bevölkerung ruft schon nach einem militärischen Angriff durch andere Staaten? Wenn die Dinge zu kompliziert werden, flüchten wir uns zu unseren Prinzipien Wie sehr auch immer wir die Leitmedien oder die Politiker und Publizisten bezichtigen, dass sie uns weiter den Krieg verkaufen, und zwar mit den gleichen zynischen Mitteln und den sattsam bekannten moralischen Floskeln, so bleibt es dennoch ein Problem, dass alles weiter funktioniert; vor allem bei Leuten, die darauf verzichten, sich das ganze etwas bewußter zu machen. Neuerdings verfügen sie über eine ganze Kohorte von Philosophen, Intellektuellen und Künstlern, die wie Medienstars selbst in den alternativen Medien auftreten und nicht nur tief überzeugt sind von dem, was sie sagen, sondern die auch glauben, sie verteidigten wirklich die Menschenrechte und stünden auf der Seite des Volkes. Dabei begleiten sie lediglich imperialistische Diskurse und blockieren effektiv das Aufkommen von Oppositionsbewegungen gegen den Krieg, indem sie uns einwickeln in fruchtlose Diskussionen über den eigenen Standort. Ihre Texte, Konferenzen, Sendungen sind sehr erfolgreich im Verwirren, Verführen und Schuldigsprechen aller potentiellen Antikriegs-Aktivisten und aller, die bereit sind, die Kriegspropaganda abzulehnen. Um ihnen zuvorzukommen versichern sie ihnen gerne immer wieder, wie komplex das Thema, wie unberechenbar es ist, so daß Gutmenschen, die wir alle eigentlich seien, keine andere Wahl hätten, als sich auf ihr gutes Gewissen zu berufen. Es sei ja nicht gerade angenehm, wenn, weil unsere Wahrnehmung und Rhetorik gründlich verwirrt ist, wir in der Folge die Unterstützung von Kriegen gutheissen. Das sei so eine Art Kolateralschaden, für den wir nicht verantwortlich sind. Es ist selbstverständlich und ganz sicher, dass alle Ansprachen, alle Aufrufe und Forderungen der Humanitären Priesterschaft nicht die kleinste Wirkung auf die westlichen Regierungen haben. Aber das, als einziges, ist sicher: Wenn sie Auswirkungen haben, dann auf die Möglichkeiten einer antiimperialistischen Bewegung. Und hier möchte ich schließen mit den Worten über den Krieg von R. Sánchez Ferlosio: Abgesehen von ein paar Hitzköpfen können wir alle die Unterschiede, auf die es bei Kriegen ankommt, wahrnehmen, aber das sollte sich nicht in Munition gegen uns verwandeln und zur Belastung werden, die uns daran hindern kann, im entscheidenden Augenblick gegen den Krieg mit allem Nachdruck aufzubegehren. Es liegt in unserer politische Verantwortung. *Ángeles Diez Rodríguez es Dra. en Cc. Sociales y políticas, y profesora de la UCM (Texto correspondiente a la conferencia impartida en el Ateneo de Madrid el 9 de septiembre de 2013)
Posted on: Sat, 09 Nov 2013 12:50:59 +0000

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