Der alles überragende Philosoph dieser geistigen Richtung, gewissermaßen deren Chefideologe, ist zweifellos Immanuel Kant. Von seiner Philosophie ging letztlich, obwohl er das Gegenteil beabsichtigte, eine wesentliche Schwächung des Christentums aus. Ursache dafür war die Einführung einer weitgehend dichotomischen Weltsicht. Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach Moral und festen Werten wurden in den Bereich des Irrationalen verwiesen. Die Zuständigkeit von Verstand und Vernunft beschränkte sich fortan auf die materiellen Weltverhältnisse. Diese Aufklärungsströmung erhielt dann schließlich im 20. Jahrhundert im Zuge der 68ger Bewegung eine Prägung durch die Soziologie, den Marxismus und die Psychoanalyse. Diese Prägung bewirkte letztlich einen Umschlag der Aufklärungsströmung in ein Anti-Christentum mit der Folge einer dramatisch zunehmenden Entchristlichung der Gesellschaft. Dabei bedeutet Entchristlichung, daß das Christentum aufhört, eine ernstzunehmende Kraft bei der Bildung des öffentlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Bewußtseins unseres Volkes zu sein. Aber unser freiheitlicher Rechts- und Sozialstaat lebt von den Sedimenten und von den Werten einer Kultur, die ihrerseits das Christentum zur Voraussetzung hat. Das Christentum ist in vielfältiger Form an der Konstitution des Fundaments unseres staatlich und rechtlich geordneten Gemeinwesens beteiligt. Um das an einem Beispiel zu illustrieren: Es wird heute überall nach Solidarität gerufen. Die Politiker sind darüber entsetzt, daß sich die Gesellschaft immer mehr entsolidarisiert. Die Starken sollen den Schwachen und die Reichen den Armen helfen. Wieso denn eigentlich? Woher gewinnt eine solche Forderung eine Begründung und Evidenz, wenn nicht aus dem Christentum?
Posted on: Wed, 30 Oct 2013 03:03:12 +0000
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