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Einleitung Die Defibrillation, auf dem heutigen Stand der Technik, ist bereits fester Bestandteil des intensiv-medizinischen Sektors, der Notfallrettung und bald wahrscheinlich auch der Ersten Hilfe, sollten sich Studien in dieser Richtung bestätigen. Aus dem Wort „de-fibrillieren“ selbst ist bereits der Grundmechanismus, das „Entflimmern“ (Rhythmuskonversion) eines nicht ordentlich arbeitenden, organisierten Systems, zu ersehen. Der menschliche Kreislauf ermöglicht uns ein aktives Gestalten unseres Lebens. Motor unseres Kreislaufs ist das Herz, welches das Blut durch Pumpaktionen rhythmisch ausstößt und somit über den Kreislauf alle Körperzellen mit den im Blut transportierten, lebensnotwendigen Stoffen versorgt. Eine Pumpaktion kommt durch elektrische Entladung spezieller Muskelzellen im Muskelgewebe (quergestreifte Muskulatur) des Herzens zustande. Für gewöhnlich laufen diese Entladungsvorgänge nach einem bestimmten Schema ab, welches ein ordentliches Kontrahieren des Herzmuskelgewebes zur Folge hat. Sollte nun dieser Mechanismus durch Krankheit, Unfall oder andere Manipulationen gestört sein, so kann es sein, daß eben diese Entladungsvorgänge nicht mehr geordnet, sondern ungeordnet stattfinden, also ein Kammerflimmern 1 (im folgenden auch als KF bezeichnet) oder eine pulslose ventrikuläre Tachykardie 1 (im folgenden auch als VT bezeichnet) vorliegt. An dieser Stelle greift die Behandlung mittels eines Defibrillators ein, der diese ungeordnete Aktion unterbindet und ein gewisses elektrisches Gleichgewicht wieder herstellen soll. 1 Kammerflimmern sowie Tachykardie werden im weiteren Verlauf erläutert. Mittels eines gezielten elektrischen Impulses durch das Herzgewebe, am geöffneten oder geschlossenen Brustkorb, unterbricht die Defibrillation die elektrischen Vorgänge durch Depolarisation aller Zellen. Hierdurch erhält das Herz die Chance, einen geordneten, adäquaten Entladungsvorgang auf zellulärer Ebene einzuleiten und die überlebensnotwendige Herzkontraktion wieder zu gewährleisten. Selbstverständlich spielen hier noch sehr viel mehr Faktoren eine große Rolle; im Rahmen meiner Diplomarbeit aber möchte ich nur auf die elektrischen Vorgänge im Herzen eingehen. Wie bereits erwähnt, sind es elektrische Ladungen und Entladungen, die im Herzen stattfinden. Um diese Vorgänge beeinflussen zu können, muß sich die Be-handlungsmethode ebenfalls der Komponenten Strom und Spannung bedienen. Defibrillatoren arbeiten heute mit Gleichstrom, wobei sich die Impulsformen von Hersteller zu Hersteller sowie nach Gerätegeneration unterscheiden. Welche Impulsformen hierbei als am günstigsten erscheinen, soll mein Hauptaugenmerk sein. Im Laufe der Zeit fand man heraus, daß auch der bipolare Impuls in der Wiederbelebungstechnik einen großen Nutzen haben kann. Manche neueren Geräte arbeiten auf diese Weise. Die Gegenüberstellung der verschiedenen Impulsformen, deren medizinischer Vor-und Nachteil sowie die Schwierigkeit bei der technischen Umsetzung, werden hier von mir veranschaulicht. Ein neuer Gedanke, die Defibrillation noch effektiver und gleichzeitig weniger schädlich für den Organismus zu machen, wird im folgenden von mir aufgegriffen und in seinen Positiva und Negativa beleuchtet. Kapitel 1 1 Grundlagen zur Defibrillation 1.1 Voraussetzungen zum medizinischen Grundverständnis 1.1.1 Der Kreislauf Das Kreislaufsystem stellt das Transportsystem und die Feinverteilung der lebensnotwendigen Stoffe zu und von den Organen dar. Dieses geschlossene System besteht aus x Arterien und Kapillaren zur Zuleitung, x Venen und Lymphgefäßen zur Rückleitung, x dem Blut als Transportmittel x sowie dem Herzen als Hauptantrieb (Pumpmechanismus). Wie in Abbildung 2 zu sehen, unterteilt man den Kreislauf in den sogenannten kreislauf Lungenkreislauf. Zum zählen die Arterien und Venen, die vom linken Herzen 2 Herzseite) strömende, sauerstoffreiche Blut über die Arterien den Organen / Körperzellen zuführen und nach dem Stoffwechsel wieder über das venöse System zum rechten Herzen (rechte Herzseite) transportieren. Als Lungenkreislauf wird der nachfolgende Kreislaufteil bezeichnet. Vom rechten Herzen fließt das sauerstoffarme Blut durch das Lungengefäßsystem, wird in der 2 Linkes Herz, anatomisch wird für die Sichtweise immer die Sicht des Patienten gewählt. Somit ist die linke Herzseite für den außenstehenden Betrachter zu seiner Rechten. Lunge mit Sauerstoff angereichert und gelangt dann wieder zum linken Herzen, von wo aus es wieder in den Körperkreislauf befördert wird. Der Antrieb des Kreislaufs geschieht im wesentlichen durch die Pumpfunktion des Herzens. 1.1.2 Das Herz Durch das Herz werden zwei Kreislaufsysteme angetrieben. Folglich muß das Herz auch in zwei Abschnitte unterteilt sein, welche man als „rechtes" bzw. „linkes“ Herz bezeichnet; diese Abschnitte werden durch das Septum 3 voneinander getrennt. Das Herz hat die Form eines Kegels mit abgerundeter Spitze, es liegt zwischen den Lungenflügeln im Mediastinum 4 und zeigt mit seiner Spitze nach links unten. Somit befindet es sich vor Luft-, Speiseröhre und Wirbelsäule. In der Größe entspricht es ca. dem 1,5-fachen der Faust seines Trägers und wiegt, je nach körperlicher Konstitution, zwischen 280 und 330 Gramm. Das Herz besteht aus verschiedenen Schichten, welche im einzelnen von innen nach außen gesehen folgende sind: x Endokard (Herzinnenwand), x Myokard (Herzmuskulatur), x Epikard (äußere Schicht auf dem Myokard), x Perikard (der das Herz umgebende Beutel). 3 Septum interventriculare (lat.), Kammerscheidewand; Grenze zwischen rechter und linker Herzkammer. 4 Mediastinum (lat.), mittleres Gebiet des Brustraumes. 1.1.2.1 Das Endokard Es kleidet das Herz im Inneren völlig glatt aus. Somit werden Strömungswiderstände so gering wie möglich gehalten und Gerinnungsvorgänge im Herzen verhindert. 1.1.2.2 Das Myokard Diese spezielle, quergestreifte Arbeitsmuskelschicht untersteht nicht, wie die quergestreifte Skelettmuskulatur, der Willkürmotorik, sondern wird autark von der elektrischen Reizleitung beeinflußt. Im Gegensatz zur quergestreiften Skelettmuskulatur gibt es im Myokard keine Synzytien 5 , sondern die Zellkerne liegen hier zentral in den verzweigten Muskelzellen des Herzens. Letztgenannte sind über Glanzstreifen miteinander verbunden und bilden das Erregungsleitungssystem. Aufgabe der Glanzstreifen ist es, die mechanische Haftfähigkeit der Zellen untereinander zu erhöhen und deren elektrischen Widerstand zu verringern. Die im nachfolgenden erläuterte Erregungsausbreitung durch das Myokard wird somit erleichtert. 1.1.2.3 Das Epikard Das Epikard überzieht das Äußere des Herzens und steht mit dem Myokard direkt bzw. über Fettpolster in Verbindung, welche Unebenheiten der Oberfläche ausgleichen. 1.1.2.4 Das Perikard Das Perikard ist durch seinen Aufbau aus kollagenem Bindegewebe nur geringfügig dehnungsfähig und wird nicht durch seinen Inhalt, sondern durch den relativen Unterdruck im Brustraum weit gehalten. Das Herz mit dem umgebenden Perikard sitzt recht locker im Brustkorb, es ist lediglich im Bereich des Zwerchfells und der Umgebung der Brustwand mit dem Gewebe verwachsen. 5 Synzytium (grch.-lat.), mehrkerniger Zellverband, der keine Zellgrenzen aufweist. Zwischen Epikard und Perikard befindet sich ein flüssigkeitsgefüllter Spalt, welcher die Verschiebbarkeit des Herzens während der Bewegung im Pumpvorgang gewährleistet. 1.1.2.5 Aufbau des Herzens Durch das Septum wird das Herz in zwei ca. gleich große Hälften, das rechte und das linke Herz, separiert. Eine zweite querverlaufende Abgrenzung der beiden Hälften durch die sogenannte Klappenebene (oder Ventilebene) teilt das rechte und linke Herz in Atrium (Vorhof) und Ventrikel (Hauptkammer). Eine Verbindung von rechter und linker Herzhälfte besteht, im Gegensatz zum fötalen Herzen, beim gesunden, ausgewachsenen Herzen nicht. Die Durchgänge der Vorhöfe zu den Kammern und die Auslässe der Kammern sind mit Klappen versehen, die den Rückfluß des Blutes verhindern und somit nur den schubweisen Transport in eine Richtung zulassen. Der rechte Vorhof nimmt das durch den Körperkreislauf ankommende sauerstoffarme und kohlendioxidreiche Blut auf und leitet es durch die Trikus- pidalklappe 6 in die rechte Kammer weiter, von wo es durch die Pulmonalklappe 7 Richtung Lunge in den Lungenkreislauf gepumpt wird. Nach dem in den Alveolen 8 der Lunge stattgefundenen Gasaustausch (hier wird Kohlendioxid abgegeben und Sauerstoff aufgenommen), erreicht das nun sauerstoffreiche und kohlendioxidarme Blut über die Pulmonalvenen den linken Vorhof. Nach Durchtritt durch die den linken Vorhof von der linken Kammer trennende Mitralklappe 9 gelangt das Blut in die linke Hauptkammer des Herzens. Von der linken Hauptkammer tritt das Blut durch die Aortenklappe in die Aorta (große Körperschlagader) und gelangt so in den Körperkreislauf. Um den erhöhten Widerstand im Körperkreislauf im Gegensatz zum Lungenkreislauf überwinden zu können, wurde das Myokard des linken Ventrikels doppelt so dick wie die Wand des rechten Ventrikels ausgebildet, weshalb man diesen Teil des Herzens sowie die nachfolgenden arteriellen Gefäße als „Hochdruck“-Teil bezeichnet. 6 Trikuspidalklappe, von Tricuspis (lat.), drei Spitzen habend, dreizipflige Segelklappe. 7 Pulmonalklappe (lat.), besteht aus drei halbmondförmigen Taschenklappen. 8 Alveolen (lat.), Lungenbläschen. 9 Mitralklappe (grch.), zweizipflige Segelklappe in Form einer Mitra. 1.1.2.6 Blutversorgung des Myokards Da die Diffusion von Sauerstoff und Nährstoffen aus dem Blut in das Muskelgewebe für die Versorgung der Zellen bei weitem nicht ausreicht, besteht hierfür ein eigenes Gefäßsystem. Direkt am Austritt aus der linken Kammer entspringen die zwei Koronararterien (Herzkranzarterien) am Beginn der Aorta und verlaufen durch die Herzkranzfurche, welche zwischen den Kammern und den Vorhöfen verläuft. Von dort verlaufen Äste durch und in das Myokard, welche die Versorgung des Myokards gewährleisten. Ebenso verlaufen venöse Gefäße um den Herzmuskel und leiten das am Stoffaustausch teilgenommene, sauerstoffarme Blut wieder ab. 1.1.3 Elektrotechnische Voraussetzung Im Umgangssprachlichen gilt die technische Stromrichtung, die einen Stromfluß von „plus“ nach „minus“ definiert. Real liegt bei einem Stromfluß allerdings eine Elektronenwanderung vor. Die negativ geladenen Elektronen wandern von einer Seite mit Elektronenüberschuß zur Seite mit Elektronenmangel. Die Seite mit Elektronenüberschuß ist also elektrisch negativer als die Elektronenmangelseite. Sieht man die elektrisch negativere Seite als negativen Pol, so erscheint demgegenüber die Seite mit Elektronenmangel als elektrisch positiver und stellt somit den positiven Pol dar. Strom fließt also in der Realität von „minus“ nach „plus“, da es sich um eine Elektronenverschiebung handelt. Diese Betrachtungsweise (Elektronenmangel = „plus“ / Elektronenüberschuß = „minus“) wird im fortfolgenden vorausgesetzt. 1.1.4 Reizbildung und -leitung im Herzmuskelgewebe Um eine Kontraktion der Herzmuskulatur hervorzurufen, bedarf es zuerst einer elektrischen Bereitschaft zur Reizverarbeitung. Bei Ionenwanderung durch eine Zellmembran entsteht eine elektrische Spannung. Hauptsächlich Natrium- (Na + ) und Kaliumionen (K + ), jeweils einfach positiv geladen, sind hierbei beteiligt. Bei Diffusion dieser Ionen durch die Zellmembran können die zugehörigen negativen Ionen nicht gleich schnell folgen, was ein Diffusionspotential (Spannung) an der Membran hervorruft. 1.1.4.1 Ruhemembranpotential Das an der Membran lebender Zellen meßbare Potential beträgt je nach Zelltyp 60 - 100 mV 10 . Bei Herzmuskelzellen geht man von einem durchschnittlichen Ruhemembranpotential von ca. 80 mV aus, wobei das Innere der Zelle elektrisch negativer als die extrazelluläre Flüssigkeit 11 um die Zelle herum ist. Ursache dieser Ladungsverschiebung ist die effektive Konzentration der Ionen im Muskel (siehe hierzu Tabelle 1). 10 mV, Abk.: Millivolt. 11 Extrazelluläre Flüssigkeit, im folgenden auch als EZF bezeichnet. 12 °C, Abk.: Grad Celsius. Die sogenannte Na + -K + -ATPase (auch als Natrium-/Kalium-Pumpe bezeichnet), trägt einen wesentlichen Teil zu dieser effektiven Ionenkonzentration bei. Es wird also ständig Na + aus der Zelle und K + in die Zelle gepumpt, so daß im Zellinneren bedeutend mehr K + zu finden ist (Abbildung 8, Bild 2.). Unter den momentan betrachteten Ruhebedingungen ist die Zellmembran wenig durchlässig für Na + -Ionen, weshalb das Konzentrationsgefälle für Natrium durch passive Rückdiffusion nicht sofort wieder ausgeglichen werden kann. Gleichzeitig besteht eine sehr hohe Permeabilität für K + -Ionen, weshalb auf Grund des starken Konzentrationsgefälles für Kalium viel K + von der IZF 13 zur EZF diffundiert. Diese Diffusion führt zu einem Diffusionspotential an der Membran, da der Großteil der intrazellulären Anionen nicht folgen und nur eine wenig wirksame Diffusion von Na + stattfinden kann (Abbildung 8, Bild 3.). 13 IZF, Abk.: Intrazelluläre Flüssigkeit. Diese Spannung steigt so lange an, bis der weitere Ausstrom von Kalium durch das steigende Potential verhindert wird. Durch die gute Permeabilität der Zellmembran gegenüber Cl - treibt das ansteigende Potential das Chlor aus der Zelle heraus (Abbildung 9, Bild 4.). Schließlich stellt sich ein Gleichgewichtspotential für K + und Cl - ein. Beim Kalium ist dann der chemische Gradient (Konzentrationsgefälle) ebenso groß wie der elektrische Gradient (Spannung), was einen elektrochemischen Gradienten von Null ergibt. Das gleiche gilt für das Chlor (Abbildung 9, Bild 5.). 1.1.4.2 Aktionspotential Das negative Ruhemembranpotential wird beim Aktionspotential durch einen Reiz (Anregung) Richtung Null Millivolt verringert. Diesen Vorgang nennt man Depolarisation. Hierbei wird bald ein kritischer Wert, das sogenannte Schwellenpotential, erreicht. Nach dem Überschreiten des Schwellenpotentials kommt es zu einem sprunghaften Anstieg der Na + -Leitfähigkeit 14 (Abbildung 10, Bild 2), wodurch das Membranpotential rasch zusammenbricht. Vorübergehend erreicht das Membranpotential sogar positive Werte (sogenannter Overshoot; siehe Abbildung 11). 14 Na + -Leitfähigkeit, auch mit [ g Na ] bezeichnet. Bereits vor dem Erreichen des Overshoots sinkt die Na + -Leitfähigkeit, gleichzeitig steigt die Leitfähigkeit für K + 15 an. Der Leitfähigkeitsanstieg von K + trägt nun zum Wiederaufbau des Ruhemembranpotentials bei (Repolarisationsphase, siehe Abbildung 10, Bild 3.). Wegen der noch vorhandenen Erhöhung der Kaliumleitfähigkeit, kann es in der Folge zu einer Hyperpolarisation kommen. Kurz nach der Depolarisationsphase folgt eine Zeitspanne, in welcher die Zelle durch keinerlei Reize erregbar ist (sogenannte Refraktärzeit). Bei der Arbeitsmuskulatur des Herzens verbleibt das Aktionspotential für längere Zeit (ca. 200 - 500 ms 16 ) in der Nähe der Nullinie (Null Millivolt), da die Leitfähigkeit für Natrium zwar wie beschrieben abfällt, die Leitfähigkeit für Kalzium (g Ca ) aber erhöht bleibt (Kalzium hat einen relativ langsamen Einstrom mit einer Schwelle bei ca. -30 mV). Entgegen dem beschriebenen Leitfähigkeitsverhalten von Kalium bei der normalen Zelle sinkt g K der Arbeitsmuskulatur des Herzens nach Erreichen der 0 mV-Schwelle kurzzeitig ab (siehe Abbildung 12). Erst nach diesem so entstandenen 15 K + -Leitfähigkeit, auch als [ g K ] bezeichnet. 16 ms, Abk.: Millisekunde, entspricht 10 -3 Sekunden. Plateau kommt es durch die dann ansteigende Kaliumleitfähigkeit und die folgende Inaktivierung der Kalziumkanäle zur raschen Repolarisation. Es schließt sich kein konstantes Ruhepotential an, sondern die Spannung steigt nach jeder Repolarisation solange an, bis das Schwellenpotential wieder erreicht ist und ein weiteres Aktionspotential ausgelöst wird. 1.1.4.3 Aktionspotential der Schrittmacherzellen Die Zellen des Herzgewebes, die eine Schrittmacherfunktion haben, produzieren die Reize, welche die Arbeitsmuskulatur benötigt, um in die Depolarisationsphase überzutreten. Beginnend mit dem negativsten elektrischen Wert (ca. -70 mV im Sinusknoten), vermindert sich die Leitfähigkeit für Kalium kontinuierlich. Bei geringer Leitfähigkeit für Kalzium und Natrium besteht ein geringer aber steter Kalzium- bzw. Natriumstrom, der zur Depolarisation führt. Während des langsamen Anstieges des sogenannten Präpotentials 17 erhöhen sich nun auch die Kalzium- und bedingt die Natriumleitfähigkeit. Somit trägt in dieser späten Phase ein verstärkter Kalziumstrom zum Präpotential bei. Ab dem Schwellenpotential (beim Sinusknoten ca. -40 mV) erhöht sich g Ca rasch, um kurz darauf wieder inaktiviert zu werden, während nun g K stark ansteigt. Nach diesem mäßigen Anstieg und einem so entstehenden Plateau wird auf diese Weise die Zelle wieder bis zum negativsten elektrischen Wert repolarisiert. Die Permeabilität für Natrium beispielsweise ist beim Sinusknoten relativ größer als beim AV-Knoten, welche immer noch größer als die der gewöhnlichen Zelle ist. Aus diesem Grund hat der Sinusknoten die führende Rolle als Schrittmacher im Herzen, gefolgt vom AV-Knoten, gefolgt vom Kammereigenrhythmus. 17 Präpotential (lat.), Spannungsverringerung während der Depolarisationsphase. 1.1.5 Reizleitungssystem Zum Reizleitungssystem gehören folgende Bestandteile: x Sinusknoten (Schrittmacherknoten), x Atrioventrikularknoten (im folgenden AV-Knoten genannt), x His-Bündel, x Tawara-Schenkel (linker und rechter Schenkel; der linke teilt sich in ein linksanteriores 18 und ein linksposteriores 19 Faszikel 20 auf), x Purkinje-Fasern (Endaufzweigung). Um die Kontraktion auszulösen, benötigt die Muskulatur einen Impuls. Würde man das Herz außerhalb des Körpers mit Sauerstoff, Nährstoffen und Elektrolyten versorgen, könnte es auch in dieser Umgebung schlagen. Das verdeutlicht, daß das Herz seinen Impuls nicht vom Gehirn oder einer anderen Stelle im Körper erhält, 18 Anterior (lat.), Vorderer. 19 Posterior (lat.), Hinterer. 20 Faszikel (lat.), kleine Bündel von Muskel- oder Nervenfasern. sondern dieser Impuls einer Stelle im Herzen selbst entspringt. Höher gelegene Nervenzellen (im Gehirn) können über das autonome Nervensystem nur modulierend in diesen Grundrhythmus eingreifen, d.h. sie modulieren z.B. die Ruhefrequenz im Schlaf im Gegensatz zum Ruhezustand am Tag, welche sich unterscheiden. In der Wand des rechten Vorhofs, am Übergang zur oberen Hohlvene, entsteht der Impuls im sogenannten Sinusknoten, Schrittmacher des Herzens mit einer Frequenz von 60 - 80 Herzschlägen pro Minute. Auch die Geweberegion zwischen den Vorhöfen, welche als Atrioventrikularknoten bezeichnet wird, ist fähig, eine autorhythmische Impulsfolge zu produzieren. Zwischen dem Sinus- und dem AV-Knoten muß sich der Impuls über das Muskelgewebe ausbreiten, da hier keine direkte Verbindung zwischen den beiden Knoten über Glanzstreifen besteht. Diese etwas langsamere Ausbreitung über das Myokard zieht eine Kontraktion der Vorhöfe vor der Kammerkontraktion nach sich. Hat der Impuls den AV-Knoten erreicht, so daß dieser sich im erregten Zustand befindet, leitet er die Erregung über das spezielle Erregungsleitsystem (durch Glanzstreifen verbundene Myokardfasern) weiter durch das restliche Herzmuskelgewebe. Seinen Weg durch das in zwei Schenkel (Tawara-Schenkel) geteilte His-Bündel (links sowie rechts des Septums verlaufend) sowie durch die sich in der Herzspitze aufspaltenden Purkinje-Fasern nehmend, veranlaßt der elektrische Impuls die Kammerkontraktion. Sollte der Sinusknoten als Schrittmacher ausfallen, so ist der AV-Knoten fähig, diese Funktion zu übernehmen, allerdings geschieht dieses mit einer deutlich niedrigeren Frequenz von 40 - 60 Herzschlägen pro Minute. Bedingt durch diesen Ausfall - aber der dennoch vorhandenen, relevanten Überleitung auf das Myokardgewebe im Bereich des Atriums - arbeiten Vorhöfe und Kammern nicht mehr synchron, wodurch die Auswurfleistung des Herzens schwer beeinträchtigt wird. Auch das Myokard selbst ist prinzipiell zu einem Eigenrhythmus fähig, sofern die Impulse des Sinus- und AV-Knotens geblockt sind oder ausbleiben. Allerdings reicht die Eigenfrequenz von 30 - 40 Herzschlägen pro Minute nicht für eine adäquate Sauerstoffversorgung des Körpers aus. 1.1.6 Das Elektrokardiogramm (EKG) Wie bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnt, besitzen die Myokardzellen ein natürliches Ruhepotential, welches ungefähr -80 mV beträgt. Durch das Absinken der Spannung bis zum Schwellenpotential kommt es im Bereich des als Sinusknoten bezeichneten Gewebes zur Ausbildung von Aktionspotentialen, welche sich dann über das Erregungsleitungssystem ausbreiten. Da der menschliche Körper zu einem Großteil aus Flüssigkeit besteht, in welcher sich zahlreiche Elektrolyte befinden, wird das sich rhythmisch ausbreitende Aktionspotential bis an die Körperoberfläche transportiert. Die folglich dann an der Körperoberfläche meßbaren Potentiale betragen ca. 1 mV. Um die Potentialsumme auf der Körperoberfläche auf einem EKG sichtbar zu machen, muß natürlich in diesem Gerät zur Darstellung eine Verstärkung erfolgen. Die elektromechanische Kopplung von Erregung und Muskelkontraktion vorausgesetzt, läßt sich auf dem EKG die Herzerregung und somit auch die Muskelkontraktion verfolgen und interpretieren. Meßmethoden des EKGs Aus der Erregungsausbreitung (Depolarisation) und der Erregungsrückbildung (Repolarisation) entsteht die Summenkurve der Potentialstärken und -richtungen. 1.1.6.1 Die bipolare Ableitung nach Einthoven (I, II, III) Die bipolare Ableitung nach Einthoven (I,II,III) ist die Messung der Potentialänderung zwischen zwei Elektroden an verschiedenen Extremitäten. x Ableitung I: rechter Arm-linker Arm x Ableitung II: rechter Arm-linker Fuß x Ableitung III: linker Arm-linker Fuß Ebenso werden Ableitungen zwischen einer einzelnen Elektrode gegenüber einem neutralen Pol geschrieben. Durch den Zusammenschluß der Extremitätenelektroden entsteht der neutrale Pol, da sich die meßbaren Schwankungen gegenseitig aufheben (somit eine indifferente Elektrode). Diese Ableitungen werden wie in Abbildung 17 dargestellt bezeichnet. Das sich ergebende Bild der elektrischen Potentiale an der Körperoberfläche sieht wie folgt aus: Abbildung 18: EKG-Ableitung 1.1.6.2 Die unipolare Ableitung nach Wilson Die unipolare Ableitung nach Wilson (Wilson V 1 - V 6 ) mißt ebenso wie die Einthoven-Ableitung Potentialschwankungen zwischen einer einzelnen (differenten) Elektrode und einem neutralen Pol. Am Patienten werden die Extremitätenelektroden so angebracht, daß die Ableitungen aVR, aVL und aVF (wie in Abbildung 17 gezeigt) geschrieben werden können. Der Zusammenschluß zweier Extremitätenelektroden stellt nun den neutralen Pol (die indifferente Elektrode) dar. Zwischen einer von sechs an genau definierten Punkten der Brustwand sitzenden Extremitätenelektroden kann dann die Potentialschwankung gegenüber dem neutralen Pol gemessen werden. Zu jeder einzelnen der sechs differenten Elektroden an den Punkten V 1 bis V 6 (siehe Abbildung 20) wird gegenüber der indifferenten Elektrode eine Ableitung geschrieben. Hierbei muß die indifferente Elektrode bei jeder Einzelableitung aus dem Zusammenschluß der gleichen Extremitätenelektroden bestehen, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erzielen. 1.1.6.3 Intrakardiale Elektrokardiographie Im Gegensatz zur Aufzeichnung der meßbaren elektrischen Summenpotentiale an der Körperoberfläche beim EKG nach Einthoven oder Wilson ist eine Darstellung der tatsächlichen Herzaktionspotentiale bei der intrakardialen Aufzeichnung möglich. Mittels eines transvenösen 21 Elektrodenkatheters, welcher in das rechte Herz geschoben wird, können je nach Lage der Katheterspitze EKG-Ableitungen der Ventrikel, der His-Bündel oder der Vorhöfe aufgezeichnet werden. 1.1.7 Koordination des Herzrhythmus Solange die bisher beschriebenen Erregungen geordnet vonstatten gehen und der Herzmuskel in dieser wellenförmigen Art von den Vorhöfen über die Herzmitte bis hin zur Herzspitze nacheinander wie geschildert erregt wird, hat das Herz eine Austreibungsphase, welche die Zellen des Körpers adäquat mit Blut versorgen kann. Abbildung 23 zeigt, wie bei Messung der elektrischen Impulse an der Brust-korboberfläche die verschiedenen Wellen zugeordnet werden. Die beiden Einzelkurven in der rechten oberen Bildhälfte werden superpositioniert und ergeben die unten sichtbare Summenkurve. 21 Transvenös (lat.), durch Venen hindurch verlaufend. 22 His-Ableitung, in Abbildung 22 als HBE abgekürzt. HBE steht für His-Bündel-EKG, eine Form der His-Ableitung. Sobald aber an einer falschen Stelle oder zum falschen Zeitpunkt eine Erregung stattfindet, wird die erfolgreiche Austreibung gefährdet. Wird durch widrige Umstände nun eine gänzliche Unordnung in die Erregungsabläufe der Muskelfasern des Herzens gebracht, kann eine ordentliche Austreibung nicht mehr stattfinden. Alle Muskelfasern sind nach wie vor elektrisch aktiv, jedoch nicht mehr in geordneter Reihenfolge. In Abbildung 24 wird ein solcher chaotischer Entladungsvorgang (ein sogenanntes Kammerflimmern) dargestellt. Ähnlich verhält es sich bei pulsloser ventrikulärer Tachykardie. Diese Kammertachykardie stellt eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung mit anfallsweise auftretenden, rhythmischen Kammerextrasystolen bei normaler Sinusaktivität dar. Sie kann jederzeit in ein Kammerflimmern übergehen. Kurve 1 in Abbildung 25 zeigt einen normalen Sinusrhythmus. Die ventrikuläre Tachykardie in Kurve 2 kann sehr schnell in ein Kammerflattern (Kurve 3) und dann in ein Kammerflimmern (Kurve 4) übergehen. In dieser Situation ist es notwendig, die ungeordneten elektrischen Aktionen der Myokardfasern wieder in einen geordneten Ablauf zu bringen. Am einfachsten erscheint es, alle Zellen auf einmal zu erregen, um nachfolgend dem als Sinusknoten bezeichneten Gewebe die Möglichkeit zu geben, wieder den geregelten wellenförmigen Ablauf einzuleiten. Haben widrige Umstände zu einem Kammerflimmern geführt, so erscheint nur noch die Behandlung mittels Defibrillator sinnvoll. Mit diesem Gerät depolarisiert man möglichst viele Myokardzellen auf einmal, um die ungeordneten Entladungsvorgänge zu durchbrechen. Schafft es der Sinusknoten, wieder die Schrittmacherfunktion zu übernehmen, ist der lebensnotwendige Sinusrhythmus wiederhergestellt. Anderenfalls kann auch durch einen externen oder internen elektrischen Schrittmacher einen geordneter Rhythmus herbeigeführt werden. 1.2 Definition der erfolgreichen Defibrillation Die Defibrillation an sich stellt, wie bereits geschildert, eine manuell eingeleitete Depolarisation möglichst vieler Zellen des Herzmuskels dar. Hierbei soll eine Rhythmuskonversion erfolgen, d.h. die zuvor herrschenden ungeordneten Entladungsvorgänge der Myokardzellen sollen in einen gleichmäßigen Rhythmus gewandelt werden. Überführt man den Rhythmus des Herzens von einem herrschenden ungeordneten Zustand, mag es nun eine ventrikuläre Tachykardie, ein Kammerflattern oder ein Kammerflimmern sein, in einen regelmäßigen Zustand, so spricht man von der erfolgreichen Defibrillation. Zu den regelmäßigen Zuständen zählen der Sinusrhythmus ebenso wie die Asystolie 23 . Eine erfolgreiche Reanimation ist also keinesfalls mit einer erfolgreichen Defibrillation gleichzusetzen. Natürlich ist es für den Patienten wünschenswert, daß sich durch die erfolgreiche Defibrillation auch der Erfolg der Reanimation einstellt; trotz gelungener Defibrillation besteht jedoch immer die Möglichkeit des letalen Ausgangs. 1.3 Die Geschichte des Defibrillators Nachdem 1899 Prevost und Batelli [37] die Entdeckung gemacht hatten, daß die Applikation von elektrischer Spannung durch das Herz eines Hundes ein Kammerflimmern auslöste und die erneute Applikation von höherer Spannung als zuvor das Flimmern wieder zu stoppen vermochte, führten sie das Konzept der elektrischen Defibrillation ein. Kurz darauf sponserte die Industrie der Stromversorger einige der ersten Defi-brillationsforschungen, nachdem sie die Gefahr erkannt hatte, welche ihren Arbeitern in Form von Tod durch Hochspannung täglich drohte. 1928 wurde Kouwenhoven 24 [37] von der Elektroindustrie beauftragt, eine Wiederbelebungsmethode zu entwickeln, die den der Spannung ausgesetzten Arbeitern das Leben retten sollte. Er hatte von Prevosts und Batellis Versuchen gehört und begann eigene Nach-forschungen und Entwicklungen auf diesem Gebiet. Er fand heraus, daß die gewonnenen Erkenntnisse und Voraussetzungen Prevosts und Batellis tatsächlich zutrafen und veröffentlichte seine Ergebnisse über die 23 Asystolie (grch.), Nullinie auf dem EKG, keine elektrischen Potentialdifferenzen mehr vorhanden. 24 Kouwenhoven, William Bennett, Professor of electrical engineering an der John Hopkins Universität / Baltimore, Maryland. Berühmt geworden durch die Entwicklung der beiden meist angewendeten Reanimationstechniken, der Defibrillation durch den geschlossenen Brustkorb und der externen Herzdruckmassage
Posted on: Sat, 17 Aug 2013 20:29:40 +0000

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