Es mutet ausserordentlich pervers an, die Kolonialzeit mit der - TopicsExpress



          

Es mutet ausserordentlich pervers an, die Kolonialzeit mit der systematischen Unterdrückung, Ausbeutung und Ermordung des Afrikanischen Kontinentes und seiner Einwohner als Ereignis darzustellen, von dem die Afrikaner profitierten. Der Tod von Millionen von Menschen, die nachhaltige Schädigung, wirtschaftlich sowie kulturell, eines ganzen Kontinentes wird als Heil bezeichnet, die Schreckensherrschaft von König Leopold über den Kongo lediglich als Untat abgekanzelt und wirtschaftlicher Aufschwung als allgemeingültiges Erfüllungsmerkmal klassifiziert. Solche Zeilen waren zu lesen, obwohl weitherum bekannt ist, dass es sich beim Kolonialismus und dem westlichen Imperialismus um eines der schandhaftesten Kapitel der Menschheit handelt . Die Banalisierung der europäischen Gräueltaten zu Zeiten des Kolonialismus ist eine Flucht vor der historischen Schuld. Europa ist nicht Schuld an der Misere der Dritten Welt“1 – diesen Satz lesen wir immer und immer wieder. Das ist nicht korrekt. Europa trägt Mitschuld an der Misere der Dritten Welt. Kein vernünftiger Mensch kann behaupten, dass eine Periode wie der Kolonialismus – durchtränkt von Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung – keine Spuren hinterlässt. Die Zerstörung vorhandener Gesellschaftsstrukturen und das Aufzwingen westlicher Staatsformen sind als unterdrückerischer Akt zu werten. Zusätzlich versuchen wirtschaftlich potente Länder, nunmehr auch China und die aufstrebenden BRIC-Nationen, ihre vorteilhafte Position mit allen Mitteln zu wahren. Der westliche Wohlstand basiert einerseits auf der stabilen politischen Basis, aber zu erheblichen Teilen auf der ungleichen globalen Ressourcenverteilung. Die zweifelhaften Geschäftspraktiken der Rohstoff- und Nahrungsmittelkonzerne sind hierbei genauso zu nennen, wie die immer wieder auftauchenden Milliardenvermögen von afrikanischen Diktatoren auf Schweizer Banken . Die Schweiz verdient mit am Elend Afrikas – und deshalb ist sie auch in der Pflicht! So lange Europa aktiver oder passiver Mitverursacher von Afrikas strukturellen Problemen ist, paralysiert das jeglichen Lösungsversuch. Die Differenzen globaler Ressourcen- und Vermögensverteilung wird immer mit Migrationsströmen verbunden sein, weil Flüchtlingsbewegungen eine ökonomische Folge von Ungleichheit sind . Diese Menschenströme zu bewältigen wird weiterhin anspruchsvoll sein, aber sie zu verhindern bleibt unter den gegebenen Umständen unmöglich. Die Grenzen zu schliessen, die totale Überwachung im Mittelmeer anzustreben, und somit die Überfahrt noch riskanter zu machen, wird zwar kurzfristig eine Entlastung aber auf lange Frist ein Massaker geben. Das Blut hunderter Flüchtlinge klebt an den Händen von Menschen wie Herr Köppel, den Fremdenfeinden der rechtspopulistischen Parteien und den Vorantreibern der Festung Europa – aber die weisen jegliche Schuld von sich. Absurd. Wer profitiert trägt Verantwortung und genau diese sollte Europa endlich übernehmen. Anstatt den Europäischen Wohlstand zementieren zu wollen, immer mehr Wachstum anzustreben und die Ausbeutung der armen Länder dieser Welt voranzutreiben, sollte man sich fragen, auf welche Kosten dies geschieht, welche Schultern diese erdrückende Last zu tragen haben und ob man das als Gesellschaft verantworten möchte. Das was hierzulande als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet und als lästige Parasiten gebrandmarkt wird sind in Wirklichkeit Menschen, die ihre Familie hinter sich lassen, Ihr Hab und Gut verkaufen, von allen Verwandten, die auch nur einen Rappen gespart haben, Kredite aufnehmen und gen Westen aufbrechen. Sie nehmen diese Reise im Bewusstsein auf sich, dass sie Schlepperbanden Unsummen bezahlen müssen, auf dem Weg in eine nicht ganz so grausame Welt, dass sie Diskriminierung und Torturen erwarten in diesem von uns beschriebenen Glück. Sind solche Menschen als Wirtschaftsflüchtlinge abzustempeln, die sich als Reiseziel die Ausbeutung westlicher Sozialsysteme gesetzt haben? Nein. Diese Menschen sind am Ende ihrer Kräfte. Sie wissen nicht weiter und sehen nur noch eine Lösung. Weg. Das opportunistische Europa, allen Voran die EU, die einen Europäischen Protektionismus lanciert und ein Klima der Angst vor Migration geschaffen hat, machte es möglich, das hetzerische Texte wie „Afrikas Schuld, Afrikas Pflicht“1 eine breite Öffentlichkeit nicht mehr berühren und sogar Unterstützung findet. Der Mentalität dieser Scharfmacher liegen jedoch verschiedene Abartigkeiten und ideologische Irrtümer zu Grunde: 1. Die Dichtmachung von Grenzen in einer globalisierten Welt wird nur zur Notwendigkeit, wenn die Ausbeutung und Zerstörung in gewissen Teilen der Erde lebensunwürdige Bedingungen schaffen. Wie der Ausdruck globalisierte Welt impliziert, liegt dem Status quo ein komplexes Beziehungsnetzwerk zu Grunde. Ohne ein wirkliches Interesse der besitzenden Mächte die Zustände zu ändern, wird in dieser Welt nichts geschehen. Das Interesse neoliberaler und konservativer Kräfte Veränderungen herbeizuführen, ist geheuchelt – es gefällt ihnen auf der Sonnenseite. 2. Die Dichtmachung von Grenzen verlangt nach einer totalen Überwachung der Staatsgrenzen. Wie soll so etwas möglich sein unter gleichzeitiger Garantie der Wahrung individueller Freiheitsrechte? Die totale Überwachung internationaler Grenzen führt zu orwell’schen Zuständen und muss von Mördern oder blinden Geiern initiiert werden, weil abertausende Menschen mutwillig in den Tod geschickt werden. 3. Wirtschaftsflüchtlinge. Dieses Unwort basiert auf einem gestörten Ethikbegriff. Es kann kein Mensch nur aufgrund seiner Herkunft illegal sein, keine Landesgrenze, kein Wirtschaftssystem kann so wichtig sein, dass es sich lohnt dafür tausende Menschen in den Tod zu schicken, deren Lebensgrundlage unter anderem zu Gunsten dieses Wirtschaftssystems nicht gegeben ist. Was kann ein Mensch dafür, dass er in Eritrea geboren wurde und nicht in Baar? Hat er aufgrund dessen ein geringeres Recht, eine Chance auf eine lebenswürdige Existenz zu kriegen? Es ist paradox auf der einen Seite den nationalen Wohlstand ständig ausbauen zu wollen, aber zu ignorieren, welche globalen Auswirkungen dies hat. Wirtschaftsflüchtlinge sind nichts anderes als das Resultat der westlichen Gier!
Posted on: Mon, 28 Oct 2013 19:42:36 +0000

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