Gabriel dämpft Hoffnungen der SPD Parteichef: - TopicsExpress



          

Gabriel dämpft Hoffnungen der SPD Parteichef: sozialdemokratische Ziele in Großer Koalition nur schwer umzusetzen Berlin (dpa). Bremst der SPD-Konvent am Sonntag Koalitionsgespräche mit der Union doch noch aus? Die SPD-Spitze wirbt auf breiter Front um Zustimmung. Die Parteispitze bemühte sich am Freitag zugleich, überhöhte Erwartungen an die sozialdemokratische Handschrift einer Großen Koalition zu dämpfen. Das starke Unions-Wahlergebnis erschwere es der SPD, Ziele wie den Mindestlohn oder mehr betriebliche Mitbestimmung durchzusetzen, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Union hatte bei der Wahl 41,5 Prozent erhalten, die SPD 25,7. Gabriel dementierte Verabredungen mit der Union über Kabinettsposten und betonte, es gehe nur um Inhalte. Auch damit versuchte er, Skeptiker in den eigenen Reihen zu besänftigen. Geben die mehr als 200 Delegierten des SPD-Konvents am Sonntag grünes Licht, gehen Union und SPD am Mittwoch in die Koalitionsverhandlungen. Die als Galionsfigur der Skeptiker geltende nordrhein-westfälische SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft warb nach ihrem Ja zu den Koalitionsverhandlungen offensiv um Zustimmung. Im Radiosender WDR 2 versicherte sie: »CDU und CSU wissen: Wir werden einen Koalitionsvertrag am Ende nicht unterschreiben, in dem kein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro steht.« CSU-Chef Horst Seehofer signalisierte Zustimmung. »Ich kann mir die 8,50 Euro vorstellen«, sagte er in München. »Aber das muss so realisiert werden, dass die Wirtschaft nicht gefährdet wird«, sagte Seehofer, ohne Details zu nennen. Kraft erhielt am Freitagabend bei einer Regionalkonferenz in Oberhausen breite Unterstützung der Parteibasis für Verhandlungen mit der Union. Etwa 85 Prozent der Mitglieder hätten zugestimmt, sagte Kraft nach dem Treffen. Deutlich weniger Rückenwind bekam das Projekt am Freitagabend von der Regionalversammlung der OWL-SPD: In Bielefeld sprachen sich knapp 59 Prozent der Delegierten für die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen aus. Die CDU äußerte sich zuversichtlich, dass eine neue Regierung vor Weihnachten mit der Arbeit starten kann. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte nach einstimmigem Votum des Parteivorstands für Verhandlungen mit der SPD, er rechne mit einem »Vertrauensvotum« des SPD-Konvents für die Verhandlungen. Die Union will sich den gesamten November Zeit für die Gespräche nehmen. Die SPD brauche danach für ihren Mitgliederentscheid etwa zwei Wochen. Seite 4: Leitartikel Finanzpolsterreicht nur für zwei Jahre Von Jürgen Liminski Die Kassen sind voll. Das ist das Polster, auf dem es sich die künftigen Koalitionäre bequem machen werden. Die gute Konjunktur und niedrige Zinsen haben die Steuer- und Sozialkassen überlaufen lassen. Ab 2015 soll es sogar keine neuen Schulden, sondern einen Abbau von Altschulden geben. Damit lassen sich gut Kompromisse erzielen. Die Geschenke können teuer werden: Die Diskussionen über Betreuungsgeld, Mindestlohn, Rente und Gesundheitssystem laufen. Das Betreuungsgeld wird bleiben, entweder in die Zuständigkeit der Länder transferiert oder die Länder bekommen mehr Geld für den Kita-Ausbau. Der Mindestlohn kommt flächendeckend so wie die SPD das will, wird womöglich in kritischen Branchen mit Staatsgeld abgefedert, Stichwort Kurzarbeitergeld. Am »schönsten« wird es bei der Rente. Beide Parteien wollen eine Aufbesserung der Erziehungszeiten für Kinder mit Geburtsdatum vor 1992. Das ist nur eine Frage der Definition. Man wird signalisieren, dass die Verhandlungen schwierig sind. Vielleicht erscheint NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft allein auf dem Balkon und danach Minister Ronald Pofalla für die CDU – auch allein. Das würde als Signal für Zerwürfnisse gesehen, so wie man im gemeinsamen Auftreten und Luftschnappen auf dem Balkon der Parlamentarischen Vertretung eine Zeichen der Annäherung und Versöhnung sah. Aber die Mütterrente und die Grundrente werden kommen. Wirklich schwierig wird es bei der Gesundheitspolitik. Deshalb wird eine konkrete Vereinbarung auch verschoben. Alle werden als Gewinner dastehen oder sich zumindest so darstellen. Das Finanzpolster macht es möglich. Aber wie lange? Die Euro-Krise ist noch nicht überstanden. Die Energiewende ist wie ein Fass ohne Boden, marode Straßen und Brücken schreien nach Reparatur, die demographischen Defizite werden sich in reale Defizite wandeln, weil die Pflegekosten explodieren und die Gesundheitskosten rasant steigen werden. Experten warnen vor den Kostenschüben ab 2014, spätestens 2015. Dann ist Schluss mit den Wohltaten oder man holt sich das Geld von woanders. Im Klartext: In zwei Jahren wird es Steuererhöhungen geben, entweder wird die Vermögenssteuer wieder eingeführt oder der Spitzensteuersatz angehoben oder die Erbschaftssteuer erhöht oder die Pkw-Maut etabliert oder alles zusammen. Im Moment ist das mit der Union nicht zu machen. Aber in zwei Jahren denkt Angela Merkel vielleicht ganz anders. Und wenn nicht, dann wird SPD-Chef Sigmar Gabriel sie mit einem konstruktiven Misstrauensvotum vom Kanzlersessel kippen, eine rot-rot-grüne Koalition installieren und das Land unter der wehenden Fahne sozialer Gerechtigkeit an die Wand fahren. Die Große Koalition ist ein Bündnis auf Zeit, mit eingebauter Zeitbombe. Und der Zünder wird jetzt gestellt – in Spendierhosen mit noch vollen Taschen. Westfalen-Blatt vom 19.10.2013
Posted on: Sat, 19 Oct 2013 07:56:28 +0000

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