Heinrich Schirmbeck Literatur wie ich Sie verstehe, ist kein beziehungsloses Wortkunstwerk, sondern in ihrer potentiell-zeugenden Struktur ein das Leben mitgestaltendes Element dieser Welt. Als geistiges Modell kann sie aus der ideellen Sphäre ihrer Bildhaftigkeit jederzeit in konkrete Tatsächlichkeit übergehen, wobei sie die beiden gegensätzlichen Kategorien, in welche die Theorie der Ästhetik sie wie ein Korsett hat einzwängen wollen – nämlich auf der einen Seite ihre Wesenbeschreibung als Mimesis, die Wirklichkeit nachahmender Sprachakt und anderseits ihre Sicht von der Wirklichkeit lösgelöste sprachliche Eigenwelt ( wie in extremer Steigerung die konkrete Poesie der Moderne es wollte) -, spontan überspringt und etwas Drittes realisiert, dessen modellhafte Struktur in ihrer interpretativen Dehnbarkeit stets bereit ist, in lebendige Aktualität umzuschlagen. In diesem Sinne bekenne ich mich zur untrennbaren Einheit von Leben und Werk des Autors. Das Grundkriterium aller Literatur ist für mich die Wahrheit. Diese Wahrheit aber kann sich sowohl für den Autor als auch für den Leser nur aus der Zusammenschau von Text und Intention ergeben. Das heißt: die existentielle Situation.des Autors, die notwendigerweise im Vorhinein seine Weltsicht mitbestimmt, formt auch die Wahrheit und Überzeugungskraft seines Werks. Der Text an sich ist lediglich ein schillernder Komplex unendlicher Ausdeutungen. Seine Bestimmtheit gewinnt er erst in dem existentiellen Kontext, in den er einverwoben ist. In solcher Sicht halte ich es mit dem dänischen Philosophen Sören Kierkegaard, dessen Wahrheitslehre in ihrer Quintessenz darin besteht, dass man Wahrheit nicht wissen, sondern nur erfahren und leben kann. Darum bekenne ich mich zu dem Beziehungsgeflecht: Autor – existentielle Situation – Geist – Reflektion – Resonanz – Ich – Du – Mitmenschlichkeit, einem Beziehungsgeflecht, das aus dem Text einen
Posted on: Sat, 17 Aug 2013 18:53:38 +0000
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