Hier mal eine lustige Geschichte (for my friends), denn in dieser - TopicsExpress



          

Hier mal eine lustige Geschichte (for my friends), denn in dieser „schlechten Welt“ (wie sie zuweilen sagen) muss es ja auch mal etwas Lustiges geben. – Vor vielen Jahren hatten meine Eltern eines ihrer Hochzeitsjubiläen. Sie sagten uns: wir können entweder außerhalb feiern (im Restaurant etc.) oder selbst was machen, was wollt ihr? Selbst was machen, sagte ich eindeutig und nahm allen die Entscheidung ab. Ok, wir (Kinder) bekamen eine Summe Geld und konnten uns was einfallen lassen. Ich fuhr los in die Bibliothek und lieh die besten Bücher über die exquisiteste französische Küche aus (ist ja logisch, ich fuhr ja immer nach Paris), darunter auch Bücher über ganz anspruchsvolle und ausgefallene Konditorei-Torten und eben exquisite Sachen. Der Anlaß war ja eben auch besondert. Glücklich mit meinen Büchern fuhr ich mit dem Bus nach Hause und musste umsteigen. Es war Winter und sehr kalt. Überall Schnee, das passiert ja im Ruhrgebiet eher seltener. Da ich Langeweile nicht mag, packte ich ein Konditorei-Buch aus und fing gleich an der Haltestelle mit dem neugierigen „Studium“ an, um mich mit allem vertraut zu machen. Hinter mir stand ein junger Mann in meinem Alter und schaute mir unentwegt zu, hübsch übrigens, aber ich ließ mich nicht beirren. Der Bus kam und wir konnten einsteigen. Natürlich heftete er sich an meine Fersen. In der Mitte der Treppe sagte er zu mir: Sie haben Plattfüße! Au weia! Ich bekam einen Schock! So hatte mich noch nie im Leben jemand angesprochen! Ich fühlte mich durchleuchtet und „beschämt“ gleichzeitig, wollte mir aber nichts anmerken lassen und ging tapfer weiter und tat so, als wäre gar nichts vorgefallen! Das Schlimme aber war: ich wusste vom Orthopäden, dass ich in der Tat diese „Plattfüße“ hatte. Wie aber sähe man so etwas in Schuhen??? Er hingegen ließ nicht locker und setzte sogar noch ganz keck eine Frechheit obendrauf: „Und außerdem haben Sie ein Hohlkreuz!“ Mich durchfuhr augenblicklich der pure Schrecken! Ich hätte diesen Menschen entweder „erwürgen können“ oder wäre am liebsten im Erdboden versunken! Das kann nicht wahr sein! Aber es war nur allzu wahr. Ich wusste es vom Orthopäden. Er hatte einfach recht, aber wie konnte er das wissen? Kann man so etwas sehen? Das ist doch völlig unmöglich? Ich hatte dicke Winterpullover und auch einen dicken Dufflecoat an, es war ja kalt. Entsetzt drehte ich mich um und fragte ihn: Und woher wollen Sie das wissen? Ich hoffte wohl insgeheim, dass diese mehr oder weniger hilflose Offensive ihm den Wind aus den Segeln nehmen könnte (oder wie schreibt man hier den Konjunktiv von nehmen, wenn man in Eile ist?), aber weit gefehlt. Er blieb weiterhin beharrlich und sturr bei seiner Diagnose und sagte triumphierend und sehr schnippisch: Das seh ich! Sehr komisch, sagte ich mir (heute müsste ich mir wohl sagen: hat er ein phänomenologisches Auge??). Woran sollte man DAS sehen, wenn man diese dicken Kleider anhat? Geht doch gar nicht! Ahso, sagte ich dann eben ebenso provozierend. Woran sieht man, ob eine Person ein Hohlkreuz hätte? Genau genommen fühlte ich mich aber „ertappt“ und vollkommen durchleuchtet, wie von einem „bösen“ Röntgenapparat! Keine Chance auf Rettung. Ja, sagte er, ich bin Tänzer und könnte Ihnen noch eine Menge mehr sagen! Ich wurde knallrot, es war Hopfen und Malz verloren. Wo wie was um alles in der Welt sieht ein Tänzer verborgene und verdeckte Dinge? In meiner Not fragte ich: So bitte schön, Tänzer wo? Ja, sagte er, mit einer Seelenruhe: beim Ballett in Hamburg! Ja, „mein Lieber“, das wollen wir doch mal sehen – fuhr es mir innerlich durch den Kopf! Das kann ja jedermann behaupten. Was er nicht wusste: ich hatte mich seit langem für Ballett interessiert, hatte einen Riesenhaufen von Ballettbüchern zuhause, hatte meine Lieblingsballett-Tänzer und Favoriten (logisch!), hatte auch Zeichnungen von Tänzern angefertigt, war ein Jahr in Paris gewesen und war dort trotz knappem Geld oft in die Oper gegangen und hatte sogar noch Nurejew tanzen sehen und kannte also alle in- und auswendig! Ich machte mich also daran, ihn auf MEINE Art von oben bis unten zu löchern und zu durchleuchten! Er ließ sich aber nicht aus der Fasssung bringen und gab brav und artig auf alles Auskunft und Antwort. Und: oh Wunder! Er hatte recht! Er wusste alles! Am Ende waren wir also „in Hamburg angekommen“ und ich musste wohl zugeben: er hatte nicht geflunkert. Er war Tänzer beim Hamburger Ballett unter John Neumeier, den ich sehr verehrte und mochte und bewunderte. Ich traute meinen Augen kaum. Was er denn hier im Schnee im Ruhrgebiet machen würde??? Ja, er gab mir auch darauf eine Antwort, aber es kam die Haltestelle, an der ich aussteigen musste, und so stieg ich (recht „dumm“ war ich ja schon), also mit meinen Konditorei-Büchern zur französischen Küche aus, der Bus schloss die Türen und er schaute mir noch lange nach. Keiner hatte sich eben getraut, zu fragen….so waren wir. Vor vielen Jahren. Aber ich muss immer daran denken, wenn das Hamburger Ballett auftaucht – und hier ist es. Und die Sache für meine Eltern wurde am Ende genause außergewöhnlich und exquisit wie in den Büchern bebildert – aber das wäre eine weitere Geschichte. Hier geht der Kasten for my friends zu. Gute Nacht. youtube/watch?v=5rfO9lspc-o
Posted on: Thu, 14 Nov 2013 20:52:37 +0000

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