Jetzt noch etwas Anderes: In den ersten Januartagen des Jahres - TopicsExpress



          

Jetzt noch etwas Anderes: In den ersten Januartagen des Jahres 1913 kommt ein Zug aus Krakau ein leicht verwahrloster, 24-jähriger Russe am Wiener Nordbahnhof an. Draußen Schneegestöber. Er hinkt. Seine Haare sind in diesem Jahr noch nicht gewaschen, sein buschiger Schnurrbart, der sich wie ein wucherndes Gestrüpp unter seiner Nase ausbreitet, kann die Pockennarben nicht verbergen. Er trägt russische Bauernschuhe und einen vollgestopften Koffer. Kaum angekommen, steigt er sofort in eine Trambahn, die ihn hinausbringen soll nach Hietzing. Das Hinken hat er von einem Fahrradunfall in Krakau, wo ihm Lenin das Fahrradfahren beibringen wollte. Er hat es nicht gelernt. Er kam unter bei einer Geheimadresse, bei der schon Lenin wohnte und von dem er auch die Adresse hatte: Schönbrunner Schlossstraße 30. „Bei Trojanowski läuten!“ Nun, in Wien angekommen, legte er den georgischen Tarnnamen „Stavros Papadopoulos“, der in seinem Pass stand, ab. Vom Januar 1913 an sagte er: Mein Name ist Stalin, Josef Stalin. Vier Wochen wird Stalin in Wien bleiben. Nie wieder wird er Russland für so lange Zeit verlassen, die nächste längere Reise erst dreißig Jahre später, als er in Teheran Churchill und Roosevelt traf. In Wien ging Stalin oft im Schönbrunner Park spazieren, beobachtete den greisen Kaiser Franz Josef beim Ein- und Aussteigen der Kutsche, und wahrscheinlich kam ihm in der Abenddämmerung ein anderer Spaziergänger entgegen, 23 Jahre alt, ein gescheiteter Maler, dem die Akademie die Aufnahme verweigerte und der nun die Zeit totschlägt im Männerwohnheim in der Meldemannstraße 5, im 20.Bezirk. Er wartet, wie Stalin, auf seine große Chance. Sein Name ist Adolf Hitler. Beide gingen eben dort spazieren und so könnten sie sich begegnet sein. Wie klein die Weilt doch ist!
Posted on: Sun, 30 Jun 2013 13:41:34 +0000

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