Kleiner Krimi gefällig? Mutter ist tot – Kurzkrimi von Elmar - TopicsExpress



          

Kleiner Krimi gefällig? Mutter ist tot – Kurzkrimi von Elmar Rieder „Das Tolle am Internet ist, dass man sich über alles informieren kann. Also habe ich mich informiert. Über Gifte. So hab ich meine Mutter umgebracht, ohne dass es einer gemerkt hat. Nicht mal sie hat es gemerkt. Auch der Notarzt und die Ärzte in der Klinik nicht. Es hat ja auch nicht lange gedauert, nach 2 Tagen war der Fall erledigt. Schicht im Schacht, sozusagen. Aus die Maus. Finito. Naja, das passiert uns allen mal. Jetzt liege ich hier in der Sonne und lass mir die Sonne auf den vollgefressenen Bauch scheinen. Übrigens, darf ich Ihnen auch was zu Essen anbieten? Oder einen Drink? Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen – eigentlich wollte ich das gar nicht.Also, nicht so richtig. Die alte Dame war im Prinzip gesund, aber der volle Hypochonder. Und reich. Das Vermögen hatte sie von meinem Vater geerbt, der vor 13 Jahren gestorben war. Und der hatte sich das richtig erarbeitet. Soweit ich weiß, hatte sein Vater im Krieg ein paar Gegenstände beiseite geschafft, die nach Kriegsende den Grundstock des inzwischen doch sehr soliden Vermögens bildeten. Gut gemacht, Opa, gut gemacht Papi! Ich hatte zwar ein bisschen Pech, was die Finanzen anbetraf; mich hatte man kurz gehalten, weil ich das Studium hingeschmissen hatte und keine Arbeit fand. In Vaters Laden war ich eh nicht zu gebrauchen. Höchstens als schlechtes Vorbild. Aber ich war ja noch jung. Und geduldig. Ich meine, ich fuhr trotzdem Mercedes und Porsche, aber halt nur die Jahreswagen. Da war ich aber gottseidank nicht empfindlich. Am Golfspiel lag mir eh nichts und das bisschen Dope finanzierte ich mit Links. So hätte das Leben weitergehen können, was es auch tat. Aber meine Mutter erfreute sich bester Gesundheit und irgendeiner ihrer Brüder musste ihr wohl einen Floh ins Ohr gesetzt haben. Dabei sollte es doch einleuchtend sein, dass es Menschen gibt, die eben NICHT für die Arbeit geschaffen sind. Verstehen Sie? Sie wurde langsam lästig. Und ein bisschen knauserig. Zu lästig und zu knauserig. Mutter erzählte mir irgendwann mal, dass sie bei Vati ein bisschen nachgeholfen hatte. Sie war krank und dachte wieder mal ans Sterben. Da kam mir die Idee, dass man bei ihr auch ein bisschen… Sie verstehen? Wobei, 76 Jahre sind doch genug, oder? Eigentlich wollte ich ja nicht, aber irgendwie… Die Entscheidung war gar nicht so leicht. Sie hatte eh Probleme mit ihrem Herzen, ihrer Figur; ihre Zähne waren ein Grund zur ständigen Klage, sie war sowas von unzufrieden; ich denke, da war ihr Abgang eine richtige Erlösung. Tja, das ist alles. Halt, da fällt mir noch ein: der ganze Stress mit Beerdigung und so weiter. Da hätte ich vielleicht doch lieber eine Kreuzfahrt vorgezogen. So einen Abgang über Bord bei hoher See, irgendwo im Mittelmeer oder der Karibik. Das hätte jede Menge Ärger erspart. Was für ein Aufwand! Behördengänge, Blumen, scheinheilige Mienen, Trauer, wo keine ist. Papiere und Papiere. Ich sage Ihnen, widerlich. Wirklich. Total ätzend. Und ich als einziger Sohn, mein Gott. An mir blieb die ganze Arbeit hängen. Ihre Brüder, die ganze Verwandtschaft väterlicherseits. Cousins, ach, widerlich. Die habe ich nur einmal gesehen. Beim Rechtsanwalt. Zur Testamentseröffnung. Die hätten Sie sehen müssen. Alle in Dunkel und Schwarz, mit Taschentuch. Verlogene Bande. Die haben vibriert und gezittert! Wann macht der Anwalt das Kuvert auf? Wer erbt was? Mich hat gewundert, dass die ihre Anwälte nicht gleich mitgebracht haben um an Ort und Stelle einen Widerspruch zu formulieren. Und Anwälte! Also, das ist ja das Schrecklichste überhaupt. Hyänen sind goldige Kuscheltiere gegen die. Wenn ein Anwalt Geld wittert, wird er zum tasmanischen Teufel. Zur rasenden Wildsau. Ohne zu trampeln, ohne Geräusch. Aber unbeirrbar. Mit einem ganz feinen Näschen für die letzten Trüffeln in der Börse der Erben. Aber egal. Ich habe es überstanden. Gottseidank. Wissen Sie, ich habe nicht vor, wieder mal nach Deutschland zurück zu kehren. Ich wüsste gar nicht, warum. Das Wetter ist nicht der Hit, die Landschaft, naja, die ist woanders mindestens genauso schön. Die Leute, oh jemineh, vergessen Sie doch die Leute. Die sind wie Sie: dienstgeil, pflichtversessen, humorlos, grau, unerbittlich. Blockwartmentalität. Das Getratsche – furchtbar. Ich habe bis vor kurzem nicht gewusst, dass man mich darum beneidet hat, in einer Villa zu wohnen und ohne Arbeit zu sein. Dabei war die Villa gar nicht so groß. Die Nachbar-Villen sind alle größer. Aber kann ich was dafür, wenn die Leute sogar mit 75 noch in ihre Fabrik springen und glauben, ohne sie läuft da nichts? Na also. Ich bin ein Mensch der Ruhe und des Friedens. Man muss auch mal die Beine ruhig und den Ball flach halten können. Und nicht mal diese Ruhe war mir vergönnt. Nichtstuer, sagten meine Nachbarn hinter meinem Rücken. Nur gut, dass ich nicht allzu oft da war. Man hat ja schließlich gesellschaftliche Verpflichtungen. Ich sage Ihnen, das Leben ist nicht leicht. Jetzt, wo wir gerade so drüber reden, kann ich Ihnen ja erzählen, wer an meinem Tod interessiert ist. Glaube ich zumindest. Ich habe keine Kinder, keine Brüder, wer würde also erben? Meine Onkel und Tanten sind eh leer ausgegangen. Keine Verwandten ersten Grades, also auch kein Pflichtteil. Hähähä. Wusste ich gar nicht. Vor vier Wochen war eine Cousine hier mit ihrem Freund, einem Anwalt. Mir war gleich klar, dass die beiden nicht koscher waren. SchickiMicki-Anwalt und brachte mir erstklassigen Dope mit. Hier! Wo er fast um die Ecke rum wächst! Abends an der Bar luden sie mich zu einem Drink ein. Und weil ich Spieler bin, trank ich natürlich. Der saubere Herr Anwalt hatte auch einen guten Zug drauf. Hätte ich ihm, ehrlich gesagt, gar nicht zugetraut. Wir haben uns eine Flasche Whisky gekrallt und sind runter an den Strand. Was soll ich sagen? Wir haben philosophiert. Geredet über Gott und die Welt. Es war eine klare Nacht, Sterne ohne Ende, nur ein leises, gemütliches Plätschern der sanften Wellen, es war das Paradies, verstehen Sie? Und da wurde ihnen die Kümmerlichkeit ihrer verlogenen, gierigen bürgerlichen Existenz bewusst. Diese Nacht war eine der wenigen, wo ich richtig stolz darauf war, andere unter den Tisch saufen zu können. Ich sage Ihnen, der Anwalt war total besoffen. Was der alles erzählt hat… Eigentlich sollte ich jetzt gar nicht mehr hier sein. Aber wie das Leben so spielt – die beiden haben sich dann in dieser lauen Nacht der Erkenntnis umgebracht. Also, wenigstens beinahe. Ich denke, es war ein Unfall. Oder ein unglücklicher Zufall. Eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich hatte den Anwalt schon soweit, dass er auf meine Cousine verzichtet hätte. Aber sie nicht auf ihn. Sie gab ihm eine mächtige Ohrfeige, daraufhin ging er ihr an die Gurgel. Sie konnte sich befreien und wollte davon laufen. Dabei ist sie über meinen Fuß, ich glaube, es war der linke, gestolpert. Dann war der Anwalt über ihr. Von hinten konnte ich nicht genau sehen, was er machte, ich hörte nur seine verbalen Entgleisungen, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Ich musste lächeln. Lächeln darüber, dass auch ein Anwalt solche Worte kennt. Hatte ich doch wieder recht behalten: es gibt Situationen, da sind wir alle gleich! Ich habe ihm dann angeboten, mit dem Boot hinaus zu fahren. Ich finde, eine Seebestattung hat etwas Majestätisches an sich und ist ökologisch sinnvoll, gerade in fischreichen Gewässern, wo sich auch größere Exemplare tummeln. Der Herr Anwalt war furchtbar besoffen, sah aber die Notwendigkeit des Unternehmens ein. Er schleppte Cousinchen in das Schlauchboot mit Außenborder und wir fuhren hinaus. Ich lebe schon seit bald einem Jahr hier, ich kannte die Gegend damals schon sehr gut. War ja schließlich meine Wahlheimat, meine Ecke. Sein Pech war, dass ihm niemand sagte, dass man besoffen nicht mit dem Boot fahren sollte. Ich meine, ich konnte wirklich nichts dafür. Ich fuhr eine scharfe Linkskurve und der Idiot fällt über Bord. Hat sich nicht festgehalten. Ich habe ihn noch gesucht, aber nachts auf offener See ist das nicht leicht. Ich hab mich volle 5 Minuten bemüht. Keine Chance. Naja, was sollte ich tun? Was konnte ich tun? Meine Cousine erhielt eine würdige Seebestattung. Jetzt war sie wieder mit ihrem Liebling vereint.“ Hier endete seine Erzählung. „Und jetzt, Herr Kommissar, was machen Sie jetzt?“ Der Kommissar sah auf, rief sich wieder in die Gegenwart zurück und sagte: Jetzt verhafte ich Sie wegen Mordes. Wegen Mordes an ihrer Mutter.“ „Sehen Sie,“ sagte sein Gegenüber, „wie ich schon sagte: Dienstgeil, pflichtversessen und humorlos. Sie können mich hier nicht verhaften. Sie haben hier keine Befugnisse, es gibt kein Auslieferungsabkommen mit Deutschland.“ „Da wäre ich mir nicht so sicher,“ sagte Kommissar Klenkel, bei Mord liefern alle Staaten aus.“ „Wie wollen Sie mir Mord nachweisen? Gibt es Spuren? Das was ich Ihnen hier erzählt habe, kann genauso gut auch eine Geschichte sein. Sie haben keine Beweise und ich habe nichts gestanden!“ sagte sein Gegenüber. „Da wäre ich mir aber gar nicht sicher,“ sagte der Kommissar, „wir haben in der Leiche ihrer Mutter Zyanide gefunden. Eine sehr hohe, absolut tödliche Dosis. Der andere schwieg. Wie konnte das sein? Er hatte doch Rizin verwendet, ein Gift, das schon in kleinen Mengen tödlich wirkt und leicht aus der Rhizinuspflanze zu gewinnen ist. Und den Drink mit dem Gift hatte er ihr höchstpersönlich verabreicht. Was zum Teufel war da schiefgegangen? Der Kommissar winkte die beiden einheimischen Polizisten herbei. Sie führten den Junior-Erben des Stelzer-Imperiums ab. Stelzer junior überlegte sich ernsthaft, was da wohl schiefgegangen war. Aber er hatte ein sonniges Gemüt, eiserne Nerven, Geld für Anwälte – eigentlich konnte ihm nichts passieren. Vielleicht war es eine Finte des Staatsanwalts. Er hielt alles für möglich. Dennoch war er ein bisschen unruhig. Sein guter Dope war weg. Er würde zumindest die nächsten Tage kein gemütliches Tütchen rauchen können. Und das ärgerte ihn mächtig. Zyanide. Hm, das konnte nicht sein. Er wusste nichts von Zyaniden. Er hatte Rizin verwendet. Praktisch nicht nachweisbar. Und jetzt sollte Zyankali dabei sein. Stelzer jun. saß in U-Haft. Nicht, dass es ihm schlecht gegangen wäre, aber das Wetter hier entsprach ebenso wenig seinen Erwartungen wie seine Mitbewohner und die Verpflegung. Zwei Tage später erhielt er Besuch von seinem Onkel. Den kannte er kaum noch, solange war ein letztes Treffen her. Er konnte sich kaum noch erinnern. Paul war ein Bruder seiner Mutter. Was der wohl wollte? Auf welchem Platz der Erbfolge stand der wohl? Einer von denen, die nichts erhielten, oder? Die Begrüßung fiel beinahe frostig aus. Man konnte spüren, dass Onkel Paul Stelzer junior nicht sympathisch fand. Aber er hielt ihm einen Brief an die Trennwand, und Stelzer junior konnte lesen: Mein lieber Sohn, wenn du diese Zeilen liest, bist du dort, wo du hingehörst. Mir ist längst klar, dass du mein baldiges Ableben so sehr wünscht, dass du nachhilfst, wenn du kannst. Ich weiß, dass du raffiniert und intelligent bist, deshalb habe ich diesen Brief geschrieben den du jetzt liest und den mein Bruder Paul wieder mitnehmen wird. Ich glaube, dass du nach einer Möglichkeit suchst, mich loszuwerden und zu beerben. Ich glaube, dass es dir gelingen wird, eine solche Möglichkeit zu finden. Ich will aber, dass du für diese, deine Bemühungen bestraft wirst. Deshalb habe ich Paul gebeten, an dem Tag, wo ich im Krankenhaus liege und nicht mehr damit zu rechnen ist, dass ich noch einmal auf die Beine komme, möge er mir Zyankali in ausreichender Menge verabreichen. Ich wünsche dir ein langes Leben hinter Gittern. Herzallerliebste Grüße aus dem Paradies Deine Mutter
Posted on: Fri, 23 Aug 2013 03:50:50 +0000

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