Kommunalismus ist eine Theorie über ein Gesellschaftssystem, in - TopicsExpress



          

Kommunalismus ist eine Theorie über ein Gesellschaftssystem, in dem sich autonome und lokale Gemeinschaften lose zu einer Föderation zusammengeschlossen haben. Anarchisten sollten sich diesen Begriff zu eigen machen. Es ist eine Sache, gegen Parteien oder gegen den Staat zu sein, aber wie sieht es mit der positiven Definition aus? FÜR WAS SIND WIR? Unter sozialistischen Anarchisten gab es immer ein Ideal: die Kommune oder Kommunen. Dabei ist das Wort sozialistisch und kommunistisch durch die ehemaligen "sozialistischen" Staaten und den Bolschewismus negativ belastet und das Wort ANARCHISMUS durch den Individualismus. Man muß heute ein zusätzliches Wort zum ANARCHISMUS benutzen und ich würde deshalb den Begriff "KOMMUNALER ANARCHISMUS" benutzen, weil darin die Welt, die wir aufbauen wollen, enthalten ist. Nicht nur die Welt gegen die wir antreten. Wenn Du in den USA nur das Wort "ANARCHIST" benutzt, wirst Du als Individualist betrachtet. Vielleicht ist es weniger bekannt , aber die spanischen Anarchisten 1936 benutzen für ihre Gesellschaftsvorstellung nicht mehr den Begriff Anarchismus sondern "LIBERTÄRER KOMMUNISMUS". Bei allen Gelegenheiten ließen sie den "communismo libertario" hochleben, die einzigen Gelegenheiten bei denen sie noch "VIVA ANARQUIA" schrien, waren die Exekutionen, wenn sie erschossen wurden oder anläßlich von Begräbnisfeiern. Und dafür gab es einen Grund: der Begriff sollte ausdrücken wofür die ANARCHISTEN eintreten und nicht wogegen. ANARCHISMUS ist zu sehr bloße Negation. Die Mentalität, die sich aus der autonomy-Vorstellung ableitet ist hauptsächlich, das wogegen man ist. Eine Vereinigung von EGOISTEN, wie sie bei Stirner auftaucht, zeigt nicht auf, für welche Art von Gesellschaft sie sind. Deshalb also "KOMMUNALISMUS", weil er die Gesellschaft beschreibt, zeigt, wofür wir sind, für freie Kommunen, für eine Konförderation etc. - natürlich bin ich deshalb weiterhin gegen den STAAT, gegen den KAPITALISMUS und gegen HIERARCHIE und so weiter. Was wir Anarchisten zu tun haben ist, den STAAT ABZUSCHAFFEN, aber nicht die politische Sphäre! Wir können nicht einfach alles auf die Gesellschaft, auf die soziale Sphäre umlenken. Das haben z.B. die ANARCHOSYNDIKALISTEN versucht, als sie die FABRIK zur öffentlichen, politischen Sphäre machen wollten, wo die syndikalistische Gewerkschaft die Trägerschaft übernahm. In einer freien Gesellschaft muß es aber eine politische Sphäre geben, in der die Leute sich nicht mehr als ARBEITER oder INTELLEKTUELLE fühlen. Die politische Sphäre muß Teil einer originären libertären Theorie werden, dabei muß ein neuer Typ einer sozial engagierten Person entstehen, die ich "FREIEN BÜRGER" (citizen) nenne. Es geht um die Wiedergewinnung der Politikfähigkeit für alle. Die Leute in den USA glauben immer weniger an den STAAT. Wenn man an den Staat glaubt, erhält man eine Politik, wie die der Grünen, die wie in DEUTSCHLAND ins Parlament und in Regierungen gehen. Man erhält Begriffe wie "REPRÄSENTATIVE DEMOKRATIE", das ist klompletter Blödsinn, man kann keine DEmokratie über Repräsentation verwirklichen. Das ist ein Widerspruch. Dort wird auch keine Politik gemacht, was sie praktizieren ist "STAATSKUNST". Wahre "POLITIK" ist das Management einer Gemeinschaft durch die Leute der Gemeinschaft selbst, durch VERSAMMLUNGEN; es ist die Verwaltung einer Gemeinschaft durch Delegierte, die zu jeder Zeit unter der Aufsicht der Versammlungen stehen. Es kann heute also nicht nur darum gehen, Institutionen wie Food Coops, ärztliche Versorgung etc. aufzubauen, so wichtig diese auch sind, sondern es muß diese politische Sphäre in einer Stadt geschaffen werden. In großen Städten, in der NACHBARSCHAFT, den Stadtteilen, in kleinen auf Stadtebene. Dort müssen die Menschen daran arbeiten, die KONTROLLE ÜBER IHRE STADT, ihren Stadtrat etc. zu erlangen. Das soll jetzt nicht heißen, daß der ANARCHO_KOMMUNALIST diese Kontrolle nur deshalb anstrebt, um etwa hinterher die Kontrolle über die sani- tären Anlagen einer Stadt auszuüben. Was danach kommt und sehr wichtig ist, ist, daß überregionale KONFÖRDERATIONEN geschlossen werden. KONFÖRDERATIONEN die in radikaler OPPOSITION zum STAAT stehen. Die Konförderationen fordern Zuständigkeiten zurück, die der Staat den Kommunen über hunderte von Jahren weggenommen hat. Man kann also keinen KOMMUNALEN ANARCHISMUS in einer einzigen Stadt verwirklichen - genausowenig, wie man einen SOZIALISMUS in einem Land aufbauen konnte, Erst wenn es KONFÖRDERATIONEN gibt, kann es gelingen, den STAAT ZU SCHWÄCHEN und mehr Zuständigkeiten zurückzuerlangen. Das bedeutet für mich für eine gewisse Zeit ein SYSTEM DUALER MACHT. Und diese zweite Macht wendet sich gegen den Staat. D.h. aber auch, daß kein KOMMUNALIST sich je für einen LANDTAG oder BUNDESTAG oder das REPRÄSENTANTENHAUS aufstellen lassen darf. Es geht um einen Kampf, den Staat zu unterminieren, nicht zu partizipieren. Ich hoffe, daß dies friedlich möglich ist, daß der Staat AUSGEHÖHLT werden kann. Das der STAAT nicht gegen eine MEHRHEIT vorgehen kann. Aber ich werde sicherlich keine NEONAZIS überzeugen können und ich werde auch damit rechnen müssen, daß es Leute gibt, die gegen uns vorgehen. D.h. daß wir uns gegebenenfalls auch verteidigen müssen. Auf einer lokalen Ebene kann der Staat nie sicher sein, daß er in "REVOLUTIONÄREN ZEITEN" die Kontrolle behält. Vor allem wenn sich die Menschen direkt treffen und entscheiden. Entweder gelingt es dem ANARCHISMUS wieder "POLITIK" zu betreiben und eine organisierte Bewegung aufzubauen, oder der ANARCHISMUS wird zu einer Art Boutique, endet in der Boheme, oder in einem Persönlich- keitskult, bei dem es darum geht, die eigenen Wünsche zu befriedigen. Der Anarchismus muß wieder zu den Menschen sprechen, nicht nur zu uns selbst. Er muß politikfähig werden über unsere Kreise hinaus. INTERVIEW mit MURRAY BOOKCHIN von Wolfgang Haug (Schwarzer Faden Nr.52) geroldflock.de
Posted on: Tue, 20 Aug 2013 20:11:46 +0000

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