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LITERATURA BRASILEIRA DE EXPRESSÃO ALEMÃ (Coordenação geral: Celeste Ribeiro de Sousa) HILDA SIRI 1918-2007 (Celeste Ribeiro de Sousa) / 2008 Das Gerede Hilda Siri Am Palmsonntag morgens früh um acht klingelte bei Kurt Lehmann das Telephon. Es ist ein Verbrechen, einen jungen Mann am Sonntagmorgen aus dem besten Schlaf zu schrecken und Herr Lehmann hatte schon ein entsprechendes Zitat auf den Lippen. Doch er hielt es noch rechtzeitig zurück, als er in der Muschel eine Damenstimme hörte: „Ist dort Herr Lehmann? Hier spricht Gerda Künzel. Herr Lehmann, es ist etwas Schreckliches passiert.“ „Wieso?“ fragte er schläfrig. „Sind Sie aus dem Bett gefallen?“ „Nein, es ist viel schlimmer. Die ganze Stadt ist voll von dem Gerücht, dass wir uns am Ostermorgen verloben werden.“ „Ich, verloben, ich denk‘ ja gar nicht daran. Entschuldigen Sie bitte, ich hatte bisher noch nicht daran gedacht. Kann es nicht ein Irrtum sein? Vielleicht verloben Sie sich mit jemand anderem?“ „Aber Herr Lehmann, ich habe mir schon fast die Augen ausgeweint und Sie scherzen! Es muß etwas geschehen, um dieses Gerede aus der Welt zu schaffen. Wir können das doch nicht auf uns sitzen lassen.“ „Ja, ich muß meine Ehre, nein ihre, retten. Augenblick, ich komme sofort zu Ihnen.“ Der schöne Sonntagmorgen! Jetzt war er futsch. Kurt sprang aus dem Bett, badete, rasierte sich und zog sich sorgfältig an. Um neun stand er vor Künzels Haustüre. Gerda empfing ihn im reizenden Morgenrock. Mutter und Tochter waren noch beim Kaffee. Herr Lehmann mußte mithalten und beide Damen entledigten sich ihres Kummers: Gestern Abend auf einem kleinen Fest hatte die Gastgeberin Frau Lenz, Gerda auf die Seite gerufen und gesagt: „Du Geheimnistuerin, verlobst Dich am Ostersonntag mit Kurt Lehmann und kein Mensch erfährt etwas davon. Mir hättest du schon etwas davon sagen können, kleine Maus.“ Gerda war wie aus allen Wolken gefallen und hatte keine Antwort gewußt. Sie hatte nicht gewagt, noch jemand unter die Augen zu treten, weil sie glaubte, jedermann sähe sie forschend an und war sofort nach Hause gegangen. Im Familienrat war dann beschlossen worden, Herrn Lehmann von dem Gerede zu unterrichten, damit er als Hauptbeteiligter zur Sache Stellung nehmen sollte. Nachdem Kurt dieses alles unterbreitet worden war, nahm er denn auch Stellung, indem er sagte: „Meine Damen, ich werde selbstverständlich alles tun, um dieses verlogene Gerücht aus der Welt zu schaffen. Ich werde dem Gerede nachgehen und wenn ich diesen widerlichen Verleumder gefunden habe, ihm eine Lektion erteilen, die sich gewaschen hat. Ich hoffe, dass ich Ihnen heute Abend schon etwas Positives mitteilen kann.“ Nachdem er sieben Marmeladenbrötchen verzehrt hatte, alle von Gerdas zarter Hand gestrichen, und drei Tassen Kaffee getrunken hatte, von Frau Künzel huldvoll eingeschenkt, verabschiedete er sich höflich, mit der besten Absicht, die Ehre einer jungen, hübschen Dame zu retten. Zuerst begab er sich zu Frau Lenz. „Verehrte, gnädige Frau, entschuldigen Sie bitte die Störung. Möchten Sie bitte die Freundlichkeit haben, mir zu sagen, von wem Sie gehört haben, dass ich mich mit Fräulein Künzel am Ostermorgen verloben soll. Es ist nämlich nichts Wahres an dem Gerede und ich habe es mir zur Aufgabe gemacht diese Angelegenheit zu klären, um das Ansehen dieser jungen Dame wieder herzustellen.“ „Mein lieber Herr Lehmann. Regen Sie sich bitte nicht so auf. Ich halte nichts davon, einem Gerede nachzugehen, doch da es sich um die liebe Gerda handelt, bin ich gern bereit Ihnen Auskunft zu geben. Herr Schulze sagte erst gestern zu mir: „Haben Sie schon gehört, Frau Lenz, Herr Lehmann wird sich nächstens mit Fräulein Künzel verloben.“ Nein, ich hatte es noch nicht gehört. Ich dachte - nächstens? Dann kann es nur am Ostersonntag sein; zu welchem Zweck sind denn Ostern, Weihnachten und Neujahr da... Für Kindtaufen und Verlobungen. Also kann es nur am Ostersonntag sein.“ Herr Schulze war am Sonntag nicht zu Hause. Er war Golf spielen gegangen. Herr Lehmann mußte seine Unterredung mit ihm auf den Montag verschieben. Da Gerda in der Zwischenzeit schon angerufen hatte um etwas Neues zu erfahren, ging er, weil der Tag sowieso schon verpfuscht war, nachmittags zu Künzels Kaffee trinken, um ihnen seinen bisherigen Erfolg mitzuteilen. Die Künzels waren wirklich nette Leute. Der Vater, wie eben wohlhabende Väter sind, würdevoll und gemütlich; die Mutter, immer noch in den besten Jahren, viel Humor, und die Tochter - nicht übel: groß, schlank, dunkelhaarig; und eine kleine Stupsnase nahm dem griechischen Typ etwas von dem Erhabenen. Wirklich reizend. Montag morgen suchte Herr Lehman Herrn Schulze im Geschäft auf und erzählte ihm korrekt und höflich die ganze Sachlage. Herr Schulze antwortete: “Mein lieber Herr Lehmann, es tut mir leid, dass es nicht so ist. Sie wären wirklich zu gratulieren. Ein charmantes, kleines Mädchen, diese Gerda. Kenne sie schon seit der Zeit, da sie zum ersten Mal in die Schule ging. Gerne bin ich Ihnen behilflich. Herr Baumann sagte mir vorige Woche beim Skat: „Sie kennen doch die Künzels? Herr Künzel ist nicht abgeneigt, Herrn Lehmann als Schwiegersohn zu akzeptieren. Übrigens, eine gute Partie. Strebsamer junger Mann, aus guter Familie und es ist etwas dahinter.“ Und Herr Baumann machte die bewußte Geste des Geldzählens. Den Besuch bei Herrn Baumann verschob Kurt auf den Dienstag, denn nachdem er im nahen Kaffee mit Herrn Baumann ein paar Schoppen getrunken hatte, fehlte ihm die Lust noch weiter zu forschen. Abends wäre er ganz gern noch einmal zu Künzels gegangen, aber er begnügte sich damit, eine halbe Stunde am Telefon mit Gerda zu plaudern. Das hatte auch seinen Reiz, denn sie waren bei dem Gespräch sozusagen allein. Am Dienstag antwortete Herr Baumann auf seine Frage folgendes: „Ja, junger Mann, wenn‘s weiter nichts ist! Ich bin gern bereit, sie einen Schritt weiter zu bringen. Mir sagte Frau Meier, die Gemüsefrau: „Wissen Sie da Neuste? Künzels Gerda wird sich über kurz über lang mit Herrn Lehmann verloben. Herr Künzel hat sich schon wohlwollend über ihn geäußert.“ “ Zu einer Gemüsefrau mußte er auch noch, das war doch ein bißchen viel verlangt. Da sollten ihm die Künzels wenigstens auch ein bißchen helfen. Er ging schnurstracks hin, um sie an seinem Kummer teilnehmen zu lassen. Da gerade Abendbrotzeit war, blieb er zum Abendessen. Nachher wurde musiziert. Obwohl er schon etwas aus der Übung war, versuchte er sich im Klavierspiel. Auch vierhändig und es war ihm nicht unangenehm, wenn seine Finger die ihren berührten. Die Gemüsefrau! Das war das schlimmste, was ihm passieren konnte. Dieser Wortschwall! Es ist unmöglich, alles wieder zu geben. Kurt war froh, als er sich nach einer geschlagenen Stunde wieder verabschieden konnte. Und was hatte er erreicht? Dass Frau Dr. Maier, fast eine Namensschwester der Gemüsefrau gesagt haben sollte: „Die liebe, kleine Gerda ist doch viel zu schade für diesen Lehmann. Allein der Name! Der Herr Künzel muß ja wissen, was er tut, wenn er dem seine Tochter zur Frau geben will.“ Die Gemüsefrau war schlimm. Aber eine Frau Maier, die schon voreingenommen ist, ist bestimmt noch schlimmer. Einen Abend muß Kurt sich erholen. Er ging ins Kino. Doch da er sich folgerichtig sagte, dass Gerda auch so leide wie er, lud er sie ein, mitzugehen. Er brachte sie auch nach Hause und da der Mond so schön schien, war es selbstverständlich, dass sie sich an den Händen hielten. Das gehörte zum Mond. Da ist es nicht wichtig, wer das Mädchen ist, wer der Mann. Frau Maier ist ein Kapitel für sich. Die mußte besonders entgegenkommend behandelt werden. Aber auch das nützte nicht viel. Sie sagte, sie sei eine Dame und befasse sich nicht mit Klatschereien. Wenn er aber unbedingt dieses Gerede weiter verfolgen wollte, sollte er sich an Bankdirektor Schreiner wenden, der könnte ihm Auskunft geben. Mit Herrn Schreiber war Kurt gut befreundet. Aber er mußte das Gespräch mit ihm auf Sonnabend verlegen, da am nächsten Tag Freitag war. Karfreitag stand Herr Lehmann mißmutig auf. Dieser blödsinnige Freitag. Sonnabend war der letzte Tag, um das Gerede aus der Welt zu schaffen, damit Gerda mit rein gewaschenem Ruf und Ansehen da stünde. Überhaupt Gerda. Er wollte einmal in den Gottesdienst gehen, er war so lange nicht in der Kirche gewesen. Vielleicht würde er Gerda treffen, um sie von dem Stand der Dinge zu unterrichten. Er traf sie auch. In ihrem dunklen, fallenden Kleid sah sie wahrhaft 6 griechisch aus. Selbst die Stupsnase konnte daran nichts ändern. Er sprach sie nach dem Gottesdienst an, aber da sie mit ihm nicht in der Öffentlichkeit gesehen werden wollte, gingen sie auf den Friedhof. So ein Friedhof ist doch so ein idyllischer friedlicher Platz. Er erinnert den Menschen so an das Leben und an alles, was er vom Leben noch nicht genossen hat. Gerda sah wirklich reizend aus, wie sie so zwischen den Gräbern wandelte und die Inschriften las. Da mit dem angebrochenen Nachmittag nicht mehr viel anzufangen war, gingen sie zusammen mit ihren Freundinnen Karfreitagstee suchen. Es war selbstverständlich, daß sie immer hinter den andern zurückblieben, denn sie hatten sich ja so viel zu erzählen. Am Sonnabend traf Herr Lehmann Herrn Bankdirektor Schreiner beim Frühschoppen in der Hubertusbar. Es fiel ihm nicht ganz leicht, sein Anliegen vorzubringen. Doch als er sich auf Frau Dr. Maier berief, antwortete Herr Schreiner sofort: „Ach, ich erinnere mich. Sie war auf der Bank, gerade nachdem Herr Künzel sie verlassen hatte, und da erzählte ich ihr von meinem Gespräch mit Herrn Künzel. Ich hatte mich nämlich mit ihm über Sie unterhalten und er hatte gesagt: „Ein junger Mann mit so einem Bankguthaben, wäre als Schwiegersohn nicht zu verachten.“ Und ich fügte hinzu: „Die Gerda Künzel ist doch ein hübsches Mädchen und wäre die rechte Frau für Herrn Lehmann.“ Herr Lehmann rauchte an diesem Nachmittag eine Zigarette nach der anderen. Er war in seinem Leben noch nie mit sich und der Welt so uneins gewesen. Also, die letzte Instanz war Herr Lehmann selbst. Wie sollte er da ein Gerede aus der Welt bringen? Jedenfalls mußte etwas getan werden. Am Abend erschien er wieder bei Künzels. Es mußte ja etwas getan werden. Und nichts konnte getan werden, denn das Ehepaar Künzel war ausgegangen und Gerda war allein zu Haus. Er wollte sich sofort wieder verabschieden, aber Gerda wollte natürlich wissen, wie die Geschichte weiter gegangen war. Sie lehnte sich an das Geländer der Veranda und Kurt erzählte noch einmal die ganze Geschichte, auch das, was ihr Vater gesagt hatte. Zwischendurch bemerkte Gerda: „Mir ist es kalt, ich muß mir eine Jacke holen.“ „Vielleicht hilft es etwas, wenn ich meine Arme um Sie lege?“ Es half auch, aber Arme haben leider Gottes die Angewohnheit nicht liegen zu bleiben, wo sie hingelegt werden. Damit der Arm nicht entglitt, war er gezwungen, Gerda leicht an sich zu ziehen. Es wurde ihr dann auch bedeutend wärmer. Der Mond schien und verwandelte die Veranda in ein Himmelreich. Ist es dann ein Wunder, wenn zwei junge Menschen, die sich selbst überlassen sind, sich dann küssen? Am Ostermorgen hielt Herr Lehmann, nur um die Sache ins reine zu bringen, bei Herrn Künzel um die Hand seiner Tochter an. Fonte: Zwanziger, Iris. Das Gerede. In: Die alte Truhe. 2ª ed. Campinas, edição da autora, 2000, p. 79-84. martiusstaden.org.br/files/conteudos/0000001-0000500/102/499158f7c17ab9acf56ef741a93b5e68.pdf Deitschbrasilioonisch Deutschbrasilianisch Deitschsproch Deitschesproch Koloniedeitsch Alemão do Brasil German-Brazilian Teutófono Teutobrasileiro Teuto-brasileiro Kolonist Colono Minderheitenprache Língua minoritária Idioma minoritário Regionalismo linguístico Bilíngue Zwooisprochich Zweisprachig
Posted on: Sun, 24 Nov 2013 19:28:11 +0000

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