Man muss ja manchmal auch ein wenig Werbung für seine Sachen - TopicsExpress



          

Man muss ja manchmal auch ein wenig Werbung für seine Sachen machen, gelle? Und da es wohl Menschen gibt, die glauben, ich könne nur Krimis schreiben, gibt es: FYNN Leute mit schwachen Nerven sollten ihn vielleicht nicht lesen. Laura stand in der leicht geöffneten Tür und starrte in das Kinderzimmer. Er schlief ruhig und traumlos, hatte sich die ganze Zeit, seit sie hier stand, noch nicht einmal gerührt. Fynn, ihr Fynn hatte sich immer herumgewälzt. Und unruhig geschlafen, ohne ersichtlichen Grund. Eine Träne lief ihr über die Wange, als sie an Fynn dachte, sie spürte sie nicht. Zum Tausendsten mal dachte sie daran, wie schwer seine Geburt war. Sechzehn Stunden hatte sie in den Wehen gelegen, die Ärzte beknieten sie, einem Kaiserschnitt zuzustimmen, aber sie hatte immer wieder abgelehnt. Bis er in den Morgenstunden des zweiten Tages endlich geboren wurde. Man legte ihn nackt und dunkelrot auf sie, einige Stellen waren noch mit Blut und Käseschmiere verklebt, sie sah ein Muttermal auf seiner linken Brustseite, etwa Kirschkern groß. Sie war allerdings viel zu schwach, um viel mehr mitzubekommen. Mehrere Stunden lang war sie körperlich nicht in der Lage, sich näher mit ihm zu befassen. Sie bekam Sauerstoff, die Schwestern und Jens wuschen sie, zogen das total verschwitzte Krankenhaushemd aus, die Ärzte hängten sie an den Tropf. Erst in der dritten Stunde fühlte sie sich in der Lage, ihn in den Arm zu nehmen. Sie konnte ihm keine Milch geben, obwohl er saugte und saugte. Vergeblich. Die Schwestern nahmen ihn ihr ab und fütterten ihn. Am Tag danach erst sah sie ihn wieder. Jens brachte ihn, frisch gewaschen und gepudert. Sie nahm in in den Arm, liebkoste ihn, streichelte ihn und war glücklich. Jens weinte vor Glück über seinen Stammhalter, wie er immer betonte. Nach drei Tagen wurden Laura und Fynn entlassen, es folgte eine Zeit der reinen Freude. Alle Familienmitglieder waren einfach entzückt über den kleinen Nachwuchs, der lächelte, wann immer er angesprochen wurde. „Was für ein reizendes und fröhliches Kind“, hieß es immer und von allen Seiten. Auch Laura erholte sich recht schnell. Hatte sie die ersten Tage Fynns Pflege noch Jens überlassen, so kümmerte sie sich nach etwa einer Woche schon sehr intensiv selbst darum. In der dritten Woche nach Fynns Geburt fiel Laura auf, dass er erhöhte Temperatur hatte. Kurzerhand packte sie ihn ein und fuhr mit ihm zu ihrem Kinderarzt Dr. Stein. Der untersuchte ihn und machte ein besorgtes Gesicht. „Ich möchte Sie nicht unnötig beunruhigen, aber Sie sollten mit Fynn in die Klinik fahren. Seine Herztöne sind unregelmäßig, ich kann da nur sehr wenig machen. Frau Zeuner, rufen Sie bitte gleich einen Krankenwagen“, sagte er seiner Sprechstundenhilfe und zu Laura gewandt: „Wie gesagt, es musst nichts Schlimmes sein, ich rate nur zur Vorsicht.“ Eine Stunde später saß Laura im Wartezimmer der Klinik und kaute an ihren Fingernägeln. Jens hatte versprochen, sofort nach zu kommen, sobald er aus der Firma kam. Einer der Ärzte kam auf sie zu, mit einem Klemmbrett in der Hand. „Frau Rehberg?“ Als Laura nickte, hob er ein Blatt hoch und las. „Ihr Sohn Fynn ist hier geboren? Vor ... drei Wochen?“ „Ja.“ Lauras Stimme klang belegt. „Was ... was ist mit ihm? Wird er wieder gesund?“ Der Arzt sah sie überrascht an. „Verzeihung, ich bin in die aktuellen Untersuchungen nicht eingebunden. Ich sollte nur ...“ Dabei blickte er wieder auf sein Klemmbrett. „Hat man denn bei Ihnen eine Immunbehandlung durchgeführt?“ „Eine was?“ „Hier steht, Ihr Sohn Fynn hat Rhesus Faktor negativ, sie und Ihr Mann haben beide ... Moment mal, das kann doch gar nicht ... welche Blutgruppe haben Sie?“ „Ich habe A positiv, genau wie mein Mann, wir sind beide Blutspender.“ Der junge Arzt schüttelte den Kopf. „Da kann irgendetwas nicht stimmen, Ihr Sohn hat angeblich AB negativ.“ „Na und? Was bedeutet das?“ Aus den Augenwinkeln sah sie Jens auf sie zukommen. Er stellte sich neben sie und sah ihr ernst und fragend ins Gesicht. „Das würde bedeuten, Fynn ist nicht unser beider Sohn, Liebes.“ Die Bluttests wurden wiederholt, danach wurde ein DNS-Test angeordnet. In der Zwischenzeit kam ein weiterer Arzt zu ihnen und erklärte ihnen, dass man Unregelmäßigkeiten in Fynns Herzen gefunden hatte. Er fragte Laura, ob sie schon mal die Röteln gehabt habe, als sie dies verneinte, fragte er nach eventuellen Problemen mit Alkohol in der Familie. Laura wollte schon ausflippen, aber Jens blieb ganz ruhig. „Nichts dergleichen, Herr Doktor. Kein Alkohol, kein Nikotin, keine Drogen. Das wollten Sie doch als Nächstes fragen, oder?“ Der Arzt nickte. „Ich war Sanitäter bei der Bundeswehr und hab da noch einiges behalten“, erklärte Jens. Der Arzt sprach von einer Operation am Herzen, irgendwelchen gerinnungshemmenden Mitteln, aber das alle bekam Laura nicht wirklich mit. Sie war langsam in die Richtung gelaufen, in der der junge Arzt mit dem Klemmbrett verschwunden war. Sie stand vor einem Fenster, hinter dem mehrere Säuglinge lagen und sah hinein, als neben Ihr die Tür geöffnet wurde. Mehrere Ärzte kamen durch die Tür und gingen auf sie zu. „Frau Rehberg?“, fragte er Älteste von ihnen. „Ja?“ „Wir haben da ein Problem.“ Jens, der sich einen Kaffee geholt hatte, sah gerade noch, wie Laura, die bei ein paar Ärzten stand, plötzlich in sich zusammen sackte. Es war bei Untersuchungen der Säuglinge passiert. Eine der Schwestern die die Babys zurückbrachte, wurde zu einem Notfall gerufen und drückte einer jungen und unerfahrenen Schwester den kleinen Fynn in die Hand. „Das ist Fynn“, sagte sie nur. Die Schwester ging mit Fynn in den Säuglingsraum, las auf dem ersten Bettchen Finn Merker und legte den Kleinen hinein. Als die nächste Schwester kam, war nur noch ein Bettchen frei, also legte sie Finn dorthin, wo eigentlich Fynn liegen sollte. „Ihr Sohn Fynn und der Sohn von Gabriele Merker, Finn, wurden am Tag nach der Geburt vertauscht, Herr und Frau Rehberg.“ Der Arzt machte ein zerknirschtes Gesicht, als er mit Laura, Jens und den Eheleuten Merker redete. Frau Merker und Laura schüttelten unisono den Kopf. „Das ist nicht möglich“, sagte Laura und Frau Merker nickte dazu. Eine Schwester kam mit einem Baby auf dem Arm auf die Gruppe zu. „Frau Rehberg, durch den auffälligen Konflikt mit den Blutgruppen können wir Fynn und Finn zu 100% Ihnen und Frau Merker zuordnen.“ Er nahm der Schwester das Baby ab und reichte es Laura. Sie sah auf der Kleidung, dass das nicht Fynn war. „Das ist Ihr Sohn Fynn, Frau Rehberg.“ Jens weinte. Laura nahm das unbewusst wahr, als sie das für sie fremde Baby in der Hand hielt. Sie fühlte sich betrogen, auch als sie die Tränen bei der anderen Mutter bemerkte. „Was ist mit ...?“ Sie brachte den Namen Fynn nicht über die Lippen. Der Arzt druckste herum. „Das müssen wir mit Frau Merker besprechen. Ihr Sohn leidet allem Anschein nach an einem Herzfehler, Herr und Frau Merker.“ Der Arzt fasste Frau Merker am Arm und versuchte, sie und ihren Mann von Laura und Jens weg zu drängen. Frau Merker allerdings drehte sich aus seinem Griff und ging auf Laura zu. Liebevoll streichelte sie dem schlafenden Kleinen über die Wange. „Er schläft immer ganz ruhig, er muckst sich kaum. Und er liebt rosa. Wir haben an seinem Himmel so ein rosa Mobilè angebracht, dass er ...! „Frau Rehberg, bitte“, drängte der Arzt. Die drei verschwanden hinter einer Tür, auf der Kinderstation stand und „Kein Zutritt!“ Eine Frau in einem dunkelgrauen Kostüm kam auf Jens und Laura zu und gab ihnen die Hand. „Herr und Frau Rehberg? Meine Name ist Wüst, Hannelore Wüst. Ich bin die leitende Direktorin des Krankenhauses und müsste mit ihnen ein paar Dinge durchgehen. Wenn Sie mich bitte begleiten würden?“ Eine Stunde lang saßen sie mit einem Anwalt der Klinik, der sich als Dr. Schmelz vorstellte, im Büro der Direktorin. Sie unterschrieben mehrere Schriftsätze, in denen sie versicherten, nichts von dem Tausch gewusst zu haben und erst vom Krankenhauspersonal aufgeklärt worden zu sein. Frau Wüst und Dr. Schmelz machten danach einen zufriedenen Eindruck. Laura hatte das Gefühl, gar nicht anwesend zu sein. „Jemand von der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Fürsorge wird sich auch noch mit Ihnen in Verbindung setzen. Es muss ja alles seine Ordnung haben“, erklärte Dr. Schmelz. Laura ließ alles teilnahmslos über sich ergehen. Sven schien das Ganze besser zu verdauen als sie. „Wie geht es Fynn?“, fragte sie am Ende der Unterredung. Frau Wüst sah auf die Uhr. „Finn liegt bereits im OP, Dr. Feuchter operiert seine Herzklappe. Das wird noch ein paar Stunden dauern. Es ... hat da wohl ein paar leichte Komplikationen gegeben.“ Sie erklärte den medizinischen Teil, verwendete dabei mehrere Ausdrücke, die Laura nicht verstand. Jens nickte manchmal mit ernstem Gesicht. Als Frau Wüst geendet hatte, fragte Laura leise: „Kann ich ihn denn ... also ich meine, wann kann ich ihn wieder sehen?“ Frau Wüst und Dr. Schmelz sahen sich an und Dr. Schmelz sagte Kopf schüttelnd: „Am besten wäre es vielleicht, wenn sie den Jungen eine Zeitlang gar nicht sehen würden, Frau Rehberg, dann fiele Ihnen die Trennung wahrscheinlich leichter. Wenn Sie Unterstützung durch einen unserer Psychologen brauchen ...?“ Laura wollte nicht, dass Ihr irgendetwas leichter fiel. Noch immer war der Junge, der jetzt im OP um sein Leben kämpfte, ihr Fynn. Ganz im Gegensatz zu dem kleinen Wurm, der auf ihrem Arm lag und keinen Mucks von sich gab. Er war süß, fand sie. Er hatte ein runderes Gesicht als ... als das andere Kind. Und dunkle Augen hatte er, wahrscheinlich von Jens. Überhaupt, fand sie, sah er Jens ähnlicher als Fynn, ihr Fynn. Und der andere hieß Finn, mit i. Fynn ... Als sie ihn am Abend badete, fiel ihr das Kirschkern große Muttermal auf seiner linken Seite auf. Und sie erinnerte sich daran, wie sie dies im Kreißsaal zum ersten Mal bemerkt hatte. Fast schon im Unterbewusstsein, kurz bevor sie eingeschlafen war. Es war tatsächlich ihr Kind, dieser Junge war wirklich Fynn. Ihr Fynn! Als sie ihn in sein Bettchen legte, in dem bis heute Morgen noch … das andere Kind gelegen hatte, nahm sie die Figuren weg, die dort die ganze Zeit hingen und befestigte ein rosa Mobile, dass sie auf dem Rückweg vom Krankenhaus besorgt hatte. Stunden stand sie in der Tür und beobachtete ihn. Er regte sich nicht, wirklich nicht, er machte keine Bewegungen, wie ... der andere ... in den ersten Tagen, bei Fynn ... nein, das hier, das war ihr Fynn, nicht das andere Kind, das jetzt bei Frau Merker ist. Ihr Fynn! Laura überlegt kurz, ob sie sie anrufen sollte. Sie hatte die Adresse herausgefunden und die Telefonnummer. Frau Merker würde es verstehen, sie war ja auch betroffen, auch Mutter. Und sie, die andere Frau hatte Fynn. Nein, nicht Fynn, Finn. Noch während Laura mit sich kämpfte, klingelte unten im Wohnzimmer das Telefon. „Das ist, sie“, dachte Laura und lächelte, „sie will auch wissen, wie es ihm geht.“ Sie schloss langsam die Tür und ging langsam die Treppe hinunter. Jens legte schon den Hörer auf und sah sie ernst an. „Warum legt er auf?“, dachte Laura, „ich wollte doch mit ihr reden ...?“ Jens machte einen merkwürdigen Eindruck auf sie. „Was ist denn, Schatz?“ Er nahm sie in den Arm und drückte sie an sich. „Das ... das war die Klinik, Schatz. Die Operation war nicht erfolgreich, Finn ... ist gerade gestorben.“ „Fynn ist tot“, waren Lauras letzte Gedanken, dann wurde alles schwarz um sie herum. FYNN ... Aus: amazon.de/Mr-Big-Ernst-ebook/dp/B00CXTRL4O/ref=sr_1_3?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1370439386&sr=1-3
Posted on: Wed, 05 Jun 2013 13:38:10 +0000

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