OWL-Kommunen sicher: U3-Plätze reichen aus Von morgen an gilt - TopicsExpress



          

OWL-Kommunen sicher: U3-Plätze reichen aus Von morgen an gilt Kita-Rechtsanspruch – Kreis Höxter hat noch 160 freie Plätze Bielefeld (WB). Jedes ein- oder zweijährige Kind, das in OWL einen Betreuungsplatz braucht, wird einen bekommen. Das sagen die heimischen Kommunen. Eine Klagewelle wegen des ab morgen gültigen Rechtsanspruchs schließen sie aus. Von Kerstin Eigendorf Bislang konnten auch die OWL-Kommunen nicht sicher sein, ob das Erreichen der in NRW vorgegebenen Ausbauquote von 32 Prozent bedeutet, dass alle Kinder versorgt sind. Der tatsächliche Bedarf war nicht absehbar, die Quote eine theoretische Größe. Nun liegen die Anmeldungen vor. Das Ergebnis: Alle heimischen Kommunen werden den Bedarf decken können. Die Quoten zur Betreuung unter Dreijähriger in Kitas oder bei Tagesmüttern liegen zwischen 29,2 in Lage (Kreis Lippe) und 43,9 Prozent in Bielefeld. Besonders schwer einzuschätzen war der Bedarf in ländlicheren Regionen. Im Kreis Höxter stehen 1039 U3-Plätze 879 angemeldeten Kindern zum 1. August gegenüber – 160 mehr als aktuell nötig. »Es stimmt, wir haben das Soll übererfüllt«, sagt Hubert Bönnighausen vom Jugendamt. Doch das sei keineswegs über das Ziel hinausgeschossen. Im Gegenteil: »Im Laufe des Kitajahres werden wir noch viele Anfragen abdecken müssen.« Es gebe ja auch Kinder, die dann erst ein Jahr würden und somit ein Recht auf Betreuung hätten. »Da kommen also noch einige hinzu, das ist jedes Jahr so«, betont Bönnighausen. Bielefeld erreicht unter den NRW-Großstädten einen Spitzenwert beim U3-Ausbau. »Wir gehören zu den Großstädten, die den Rechtsanspruch auf jeden Fall sicherstellen können«, sagt Jugendamtsleiter Georg Epp. Waren es 2007/2008 nur 750 Plätze für unter Dreijährige, sind es nun 3514. Dazu müssen Gruppen aber vorübergehend von zehn auf im Schnitt elf Kinder vergrößert werden. Auch in Paderborn wird versucht, »alles möglich zu machen«, sagt Susanne Niggemeier, stellvertretende Jugendamtsleiterin. Allen Wünschen könne man nicht gerecht werden. »Manche Eltern wollen unbedingt eine bestimmte Kita und keine Tagespflege.« Das klappe nicht immer. Seite 4: Leitartikel Nach der Qualität fragt keiner Von Kerstin Eigendorf Jedes ein- oder zweijährige Kind in OWL wird wohl einen Betreuungsplatz bekommen, wenn seine Eltern das wollen. Die Kommunen sind überzeugt, dass sie den von 1. August an geltenden Rechtsanspruch erfüllen können. Ziel erreicht. Das sagt jedoch nichts über die Qualität der Betreuung aus. Danach fragt im Übereifer des per Quotenvorgabe vorangetriebenen Ausbaus aber niemand. Ein Fehler, der uns in einigen Jahren einholen wird. Alleine die Tatsache, dass die Vorgaben zur Betreuung – von Gruppengröße bis Baustandards – verändert wurden, spricht Bände. Mehr Kinder, weniger Auflagen für Baufirmen: Das hat mit dem unbedingten Willen zu qualitativ hochwertiger Betreuung nichts zu tun. Diese Punkte sind aber auch die Gründe, weshalb der U3-Ausbau trotz aller berechtigter Skepsis doch noch funktioniert hat. Das gilt aber nicht für alle Bundesländer. In Niedersachsen fehlen etwa 3000 Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder. In Hessen liegen erste Klagen vor. Es werden die Kommunen sein, die sich juristisch mit enttäuschten Eltern auseinandersetzen müssen. Weder Bund noch Land sind in der Haftung. Auf der untersten Ebene wird der Kampf um Betreuung geführt werden. Es wird auch in NRW Städte geben, die das Quotenrennen verlieren. Ein von Forschern vorgeschlagener Wert von 32 Prozent ist keine Garantie. Wenn mehr Bedarf wie in Köln vorhanden ist, hilft kein Pochen auf das Erreichen der Vorgabe. Das ist genauso theoretisch wie die Rechnung »Kind betreut, Eltern arbeiten, Familie zufrieden«. Solche Pauschalurteile sind Unsinn. Politiker beschwören gerne die Wahlfreiheit von Eltern – auch beim U3-Ausbau. Doch haben sie die Wahl? Nein! Der Rechtsanspruch sagt nichts darüber aus, in welche Einrichtung das Kind geht. Dabei sollte deren Konzept doch zu Eltern und Kind passen. Ebenfalls umstritten ist, ob sie die Wahl zwischen Kita und Tagesmutter haben. Viele Kommunen sagen nein, weil beides im Gesetz gleichrangig steht. Das Oberverwaltungsgericht Münster urteilte, Eltern müssten die Wahl haben. Auch hier holt die Praxis die Theorie ein. Mit solchen Problemen haben viele Bundesländer nicht gerechnet. Für sie zählte nur: Ausbaumarathon geschafft oder nicht? Alles andere ist offenbar egal. Wie praxisuntauglich politische Ansätze bei Kinderförderung oft sind, zeigt die Verwirrung um ein landesweites Anmeldeverfahren in NRW-Kitas. Erst wird eines angekündigt, dann zurückgezogen. Dabei wäre die Einführung eine der sinnvollsten familienpolitischen Maßnahmen aller Zeiten. Das Chaos bei der Vergabe ist für Eltern und Kommunen unerträglich. Mehrfachanmeldungen kosten unnötig Zeit. Das hier investierte Geld würde allen Eltern helfen – egal, ob sie ihr Kind unter drei oder über drei Jahren in eine Kita geben. An dieser Stelle wären Mittel besser aufgehoben als in Dutzenden Familienleistungen, die Wissenschaftler jüngst als unwirksam entlarvt haben. Seite 5: Hintergrund Zwischen Kinderlachen und Baulärm U3-Ausbau in der Praxis: Bielefelder Kindergarten Stadtmitte für 533 000 Euro erweitert Bielefeld (WB). Michajlo steht am Fenster seiner Kita und staunt. Stahlträger, Lastwagen, Bagger: Der Dreijährige weiß nicht, wo er zuerst hingucken soll. Was für ihn ein Abenteuer ist, bedeutet für das Team um ihn herum vor allem Belastung. Innerhalb eines Jahres ist die Bielefelder Kita Stadtmitte ausgebaut worden. Von Kerstin Eigendorf Ein Anbau für die unter Dreijährigen musste her – für 533 000 Euro. Die Lastwagen brachten Stahlträger, die Eltern ihre Kinder. »Die Architektin hat uns Bescheid gesagt, wenn Durchbrüche anstanden. Dann haben wir den Eltern empfohlen, die Kinder zu Hause zu lassen«, erinnert sich Kitaleiterin Anette Mahrt. Das seien aber Ausnahmen gewesen. »Die meiste Zeit haben wir auf der Baustelle gelebt.« Da wackelten schon einmal die Wände, wenn der Neubau an den Altbau angedockt wurde. Und beim Mittagsschlaf hieß es Daumen drücken, dass die Kinder schliefen, bevor die Bauarbeiter die Mittagspause beendeten. »Wenn die Kleinen einmal schlafen, ist alles gut«, erzählt Mahrt. Sogar in provisorischen Schlafräumen. Da könnten nebenan auch Wände eingerissen werden, sagt sie lachend. Künftig sollen sich in der städtischen Kita 74 Ein- bis Sechsjährige wohlfühlen. Bisher waren es 85 Kinder – allerdings zwischen zwei und sechs Jahren. »Die Betreuung der unter Dreijährigen ist viel zeitintensiver. Gerade die Einjährigen müssen gewickelt, getragen und gefüttert werden«, betont Mahrt. Es wird zwei U3-Gruppen geben. Jede bekommt einen neuen Schlafraum und einen neuen Nebenraum. Die Mitarbeiter freuen sich über einen neuen Aufenthaltsraum. Eigentlich sollte alles zum 1. April fertig sein. Dann hieß es August. Nun steht der Einzug zum 1. September fest. Wenn die Erzieherinnen aus dem Urlaub zurück sind, soll es soweit sein. Wer einen Blick über den Bauzaun wirft, ahnt, was dem Gärtner bevor steht. Das Außengelände ist – wie das bei Baustellen so ist – verdreckt. Vor gut einem Jahr standen hier noch Turnstangen, Rutsche, Kletterturm und Matschanlage. Alles musste weichen – entweder dem Neubau oder den Fahrzeugen. Ein kleiner Bereich blieb den Kindern. »Uns wurde zum Glück ein provisorischer Sandkasten gespendet«, sagt Mahrt. Zwei normale Schaukeln und eine Nestschaukel mussten reichen. »Ohne diese Spielgeräte wären wir durchgedreht.« Spaziergänge und Besuche in Parks halfen. »Doch jetzt nach einem Jahr liegen die Nerven blank«, betont die Kitaleiterin. Doch Mahrt ist stolz auf ihr Team und vor allem auf die Eltern, die Einschränkungen fast ohne Murren ertrugen. »Ohne Verständnis hätte das nicht funktioniert«, sagt sie. Das weiß auch Bielefelds Jugendamtsleiter Georg Epp. »Wir sind froh, wenn die Mehrzahl der Eltern das mitträgt. Manche beschweren sich natürlich«, räumt er ein. Aber ohne Baulärm sei kein Umbau umzusetzen. »Das sind vorübergehende Einschränkungen, die dazu dienen, dass am Ende alles gut läuft«, sagt er. Zu diesen Kompromissen gehört auch, dass in den Bielefelder Kitas der Richtwert von zehn U3-Kindern in einer Gruppe nach oben geschraubt wird – auf elf. »Das lässt das Kinderbildungsgesetz zu«, betont Epp. »Uns war klar, dass am 1. August nicht alle Plätze fertig sind.« Daher sei mit den Kitas die Aufstockung auf elf Kinder vereinbart und der Personalschlüssel aufgestockt worden. »Wird nun eine neue Kita eröffnet, wird die Zahl nach und nach wieder überall auf zehn Kinder zurückgefahren«, sagt Epp. Anette Mahrt freut sich auf die neuen Räume, die ihre Kita etwa um ein Drittel erweitern. Fußboden, Wände in Rosé und Elektrik sind fertig. Nur eine Frage schwirrt ihr durch den Kopf: »Wie sollen wir unser Material wiederfinden?« Schließlich ist der Materialraum in der Bauphase zum Wickelraum umfunktioniert worden. Das ist Michajlo völlig egal. Er wird vor allem eines vermissen: den Bagger. Aber er hat vorgesorgt. Ein Miniexemplar bleibt ihm erhalten. Vielleicht kann er damit auch auf der Fahrzeugbahn herumdüsen. Die gibt es nämlich auf dem neuen Außengelände. Ärger beim Anmelden Kein landesweites System Bielefeld/Gütersloh(WB/keig). Zahlreiche Kommunen in OWL haben auf ein landesweites Anmeldesystem für Kitaplätze gehofft. Ärgern sie sich doch jedes Jahr über Mehrfachanmeldungen, die es erschweren, die Zahl künftiger Kindergartenkinder zu beziffern. Aus Vorsorge melden Eltern ihren Nachwuchs oft in vielen Kitas an. Im Mai kündigte das NRW-Familienministerium die Einrichtung einer Arbeitsgruppe an, die Vorschläge für ein elektronisches Anmeldeverfahren entwickeln sollte. Gütersloh stoppte daraufhin die Planung, ein eigenes System für 2013/14 anzuschaffen, weil es auf Ergebnisse des Landes setzte. Vertreter des Landesjugendamtes sicherten zu, dass eine einheitliche Lösung das Ziel sei. Auch in Ausschüssen von OWL-Kommunen war dies Thema. Nun die Kehrtwende: Das NRW-Familienministerium informierte die Kommunen, dass »das Vorhaben nicht weiter verfolgt werden kann«. Der Grund seien Beschwerden von Firmen, die ähnliche Technik vertreiben. Ministeriumssprecherin Stephanie Paeleke-Kuhlmann betont, dass jede Kommune ein Anmeldesystem ohnehin selbst umsetzen muss. Das habe wegen »kommunaler Selbstverwaltung« nie in Frage gestanden. Bei den meisten OWL-Kommunen ist das ganz anders angekommen. Elternwille maßgeblich Erste Klagen anhängig Köln(dpa). In der Regel werden für die U3-Betreuung Halbtagsplätze angeboten. Ein- und zweijährige Kinder haben darauf auch dann einen Anspruch, wenn deren Eltern nicht arbeiten gehen. Das Angebot soll dem Eltern-Bedarf entsprechen. Wem ein Halbtagsplatz nicht reicht, der muss seinen erhöhten Bedarf nachweisen. Laut Gesetz besteht ein Recht auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Viele Rechtsanwälte bewerten das als Entweder-Oder-Wahlrecht. Andere sagen dagegen, man müsse die jeweils andere Alternative akzeptieren, wenn nicht beide Varianten zur Verfügung stehen. Für Unruhe hat ein Eilentscheid des Kölner Verwaltungsgerichts Mitte Juli gesorgt, das den Elternwillen für maßgeblich erklärt. Die unterlegene Stadt Köln greift die Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster an. Der Platz muss in zumutbarer Nähe liegen – bisher wird das definiert mit einer halben Stunde Zeitaufwand. Man kann vor dem Verwaltungsgericht auf einen Platz klagen. Das kann allerdings dauern. Rechtsanwälte raten zum Eilverfahren – »einstweiliger Rechtsschutzantrag« im Fachjargon. »Wir klagen Ihr Kind in die Kita ein!«, werben manche Kanzleien offensiv. Bei Verwaltungsgerichten sind erste Eltern-Klagen anhängig. Westfalen-Blatt vom 31.07.2013
Posted on: Wed, 31 Jul 2013 03:32:00 +0000

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