PHILOSOPHIE Lieber Adrian, ich habe auch die Fassung des 11.7 - TopicsExpress



          

PHILOSOPHIE Lieber Adrian, ich habe auch die Fassung des 11.7 nun gelesen; ich bin in Istrien. Davor gab es die Dolomitenfahrt. Zu diesem Ereignis sende ich Dir einen Brief, den ich verfasst habe. Dein Versuch im Dialog mit Aristoteles das zentrale Geheimnis des Christentums (die Gnade der Unverweslichkeit) zu erhellen, scheint mir, im Unterschied zu dem was Martin Luther dachte, sehr wichtig und not-wendig. Ohne Philosophie, keine Theologie. Ohne eine geschaffene Analogie kein Verständnis der Gnade, ja gar keine Gnade. Die Ungeteiltheit in der Selbstbewegung als „Ziel“ zu denken, als inneres Ziel von all dem, was Energie, Form, Ereignis in der Welt ist scheint mir sehr gut. Ein Ziel, dass dem Menschen innerlicher ist als ein geteiltes Ist-Zustand. Ein Ziel, das, anthropologisch, als „vollendete Freiheit“ sich denken lässt. In Christus stammt alles, was er will und kann, aus seiner vollendeten Freiheit (vor dem Anfang) der dreifaltige Ratschluss Mensch zu werden. In Christus und durch Christus, mit der Zeit, lässt sich auch für uns, unserer schuldhafte und biologische Bestimmtheit zum Trotz, einen Weg auf die vollendeten Freiheit hin verwirklichen. In Maria ist das der Fall schon von Anfang an. Über die verlorene Selbstverständlichkeit des Guten hatte ich schon im letzten Brief etwas darüber geschrieben. Gruß und Dank, Dein Roberto Ungeteiltes Leben von Adrian Walker 1. Einssein ist Ungeteiltsein (vgl. Thomas von Aquin, S. Th., I, 11, 1). Das (materielle) Lebewesen stellt ein innerweltliches Paradigma dieser Ungeteiltheit dar. Nun sieht Aristoteles die Selbstbewegung als ein primäres Signum des Lebens, d.h. des Lebendigseins an. Wenn dem so ist, dann bildet es auch ein primäres Signum der Ungeteiltheit des Lebendigen. (Selbstbewegung und Ungeteiltsein) Bei der Selbstbewegung bewegt zwar ein Teil jeweils einen anderen (z.B. das Gehirn bewegt die Glieder), aber die Interaktion beider Teile ist wiederum um des telos willen da, d.h. sie besitzt eine hypothetische Notwendigkeit, deren kausale Relevanz von der (ontologisch) vorausgehenden, ungeteilten Akteinheit des Lebendigen selber abhängt. Die beiden Interaktionsteile sind ja primär Teile des Ganzen und nur sekundär je etwas für sich. Ihre raum- zeitliche Diastase ist m.a.W. immer schon aufgehoben in einem „ideellen“ Beisammensein, das ihr Nacheinander in einen sinnvollen Verlauf vom Ende her verwandelt. Insofern ist das Lebewesen jeweils in den beiden ineinander verschränkten Teilen gleichzeitig präsent, und es bewegt sich deshalb selber aus sich selber: „physei, von Natur.“ Es handelt sich hierbei um eine überzeitliche-überräumliche Einheitsfülle—in der raum- zeitlichen Diastase, um eine gebrochene Widerspiegelung des Göttlichen in der Materie. Korollar: Das telos ist primär diese Einheitsfülle selber, und erst dann der Bezugspunkt einer „klugen Technik“ der Natur. Ihre Erscheinung in der Raumzeit ist das (effektive) Versammeln der vier „Ursachen“ zu ihrem komplexen Zusammenspiel. Die energeia erscheint folglich jeweils als eine Form, welche die Materie von der Endursache her und auf diese hin bestimmt, um sie (d.h. die Materie) gleichzeitig von innen her (sozusagen interius intimo eius) zu einer echten wirkursächlichen Mit-verwirklichung der finis zu ermächtigen. Die Form erscheint nicht direkt an ihr selbst, sondern sie lässt die Materie in den Vordergrund treten—als ein lebendiger Körper, der ständig zu dem wird, was er an sich immer schon ist. Dies geschieht nun in der unaussprechlichen Zwei-Einheit von Anfang und Ende, Leiden und Tun, Innen und Außen, d.h., in dem, was wir Selbstbewegung nennen. 2. Das Ungeteiltsein in der Selbstbewegung ist die Selbstbehauptung der überraumzeitlichen Einheitsfülle in der Raumzeit- Diastase. Damit aber geht faktisch eine gewisse Ambivalenz einher, da bei materiellen Wesen das Geteiltsein immer noch potentiell vorhanden, also nur temporär überwunden ist. Was ist denn mit dem Tode? (a) Mechanismus und Tod. Der Tod macht den Mechanismus plausibel: Nicht das ungeteilte Zusammensein ist das Primäre, sondern die Diastase. Erste Antwort: Der Mechan-ismus ist eine Fehldeutung der „klugen Technik“ der Natur, die ja nicht aus der „Notwendigkeit“ der Diastase ableitbar ist, obwohl sie diese (nur hypothetische) Notwendigkeit mitberücksichtigt. Darin gründet ja auch die Möglichkeit, „physikalische Gesetze“ auf Naturdinge zu applizieren, wobei man nicht vergessen darf, dass die Relevanz dieser Gesetze auf der Form beruht, welche die sonst abstrakte Notwendigkeit der Diastase erst konkret relevant macht und in Erscheinung treten lässt. Korollar: der Naturbegriff schließt die Teilwahrheit des Mechanismus nicht aus, sondern er (und nur er) rettet sie, indem er sie auf die wahre Gestalt der „klugen Technik“ der Natur als Mitberücksichtigung der Diastase zurückführt. (b) Aber dies lässt die Frage nach dem Tode immer noch ungelöst. Was leistet eigentlich die temporäre Exklusion der Geteiltheit? Macht sie den Tod letztlich rein akzidentiell (für die Substanz als solche, wenn auch nicht für das konkrete Lebewesen)? Stimmt dann die moderne Kritik, die ja sagt, die alte Substanzlehre komme einer voreiligen Selbstverteidigung gleich, welche die „Arbeit des Negativen“ nicht radikal genug ernst nimmt? Oder wird der Tod integriert, dermaßen, dass er sozusagen „naturalisiert” wird, was dann den Ernst der Negativität nochmals zu gefährden scheint? Diese Frage wird erst dann vollends akut, wenn wir auf den spezifisch menschlichen Tod schauen (ohne dabei zu vergessen, dass dieser Tod doch mit dem untermenschlichen verbunden ist). Das Leben ist ein ursprüngliches Gut, aber der Tod gehört irgendwie dazu, ohne einfach „natürlich“ zu sein. Der Tod scheint jenseits der Alternative zwischen dem konkupiszenten An-sich-Selber-hängen und der reinen Selbstverständlichkeit zu liegen. 3. Nochmals sei auf die theologische Relevanz der Ungeteiltheit in der Selbstbewegung hingewiesen. Gott erscheint in der Materie. Wenn aber dieser Gott der Schöpfer ist, dann rückt die Frage des Todes in das doppelte Spannungsfeld, das durch die (a) Schöpfung aus Nichts und (b) das Verhältnis zwischen Natur und Gnade ins Blickfeld rückt. Der Tod ist weder rein „natürlich“ noch rein „widernatürlich,“ aber die „Synthese“ beider Dimensionen kann nur vom „Übernatürlichen“ her gegeben werden, doch eben als Erfüllung der (geschaffenen) Natur von innen her. 4. Die genannte Spannung hängt mit einem anderen Problem zusammen, das mit dem zu tun hat, was Maximus der Bekenner die Gnomie nennt: die konkrete Gestalt des einzelnen menschlichen Willens, zu der sich dieser Wille—oder der Einzelne durch ihn—jeweils selber bestimmt (hat). Die ganze Problematik der Gnomie liegt nun nach Maximus in der Unvollkommenheit dieser Selbstbestimmung, die ja von einer Unsicherheit im Guten bedingt ist, die den Menschen von sich selber entfremdet. Solche Sicherheit im Guten verdankt sich zwar der Gnade, aber sie bedeutet auch die persönliche (und personbildende) Übereinstimmung mit der angeborenen Tendenz des Naturwillens: die vollendete Freiheit. Wenn nun die fehlende Sicherheit im Guten auf einem schuldhaften Verlust der Gnade beruht, der zwar den logos der Natur nicht tangiert, wohl aber die Vollverwirklichung des ihm angemessenen tropos lähmt, dann entsteht in dieser postlapsarischen Leere eben die Gnomie, welche einerseits den fehlenden tropos zu ersetzen versucht, andererseits immer mit der Schuldbedingheit seines Fehlens behaftet bleibt. (a) Die gennante Problematik der Gnomie ist unter anderem an der Bildung des „moralischen Charakters“ ablesbar, denn der Prozess der Charakterbildung ist sozusagen von vornherein ambivalent: ein zu bildender Charakter kann tugendhaft werden, aber er kann eben auch lasterhaft sein. Diese Ambivalenz zeigt, dass für uns Menschen das wahre Gute nicht mehr selbstverständlich ist. Das mag für den deutschen Idealismus ein Fortschritt sein (wenn auch ein tragischer), für Maximus hingegen ist es ein Verfallssymptom, eine sündhafte Selbstentfremdung, ein schuldhafter Freiheitsverlust. Selbst ein Mensch, der es einmal zu einem guten Charakter bringt, muss doch irgendwann am Punkt gestanden haben, wo er sich hätte anders entscheiden können. Dieses Können, als physisches Vermögen betrachtet, ist gut. Als Nichtselbstverständlichkeit des wahren Guten ist es aber nicht gut. Nicht etwa deshalb, weil das Ja zum Guten automatisch, willenlos, blind oder dumm sein müsste; nein, die Nichtselbstverständlichkeit des wahren Guten setzt eine Distanz von ihm voraus, welche die konkrete Überlegung immer schon belastet, selbst wenn diese die Distanz faktisch wieder aufhebt. Die Gnomie, auch die tugendhafte, kommt also nicht an Adams Sünde vorbei, d.h. an der uneingestandenen Überzeugung, wir würden selber über die Maßstäbe des Guten und des Bösen verfügen. Dabei wird die Selbstverständlichkeit des wahren Guten mit einer falschen Unmittelbarkeit ersetzt, und das scheinbare Gute wird mit dem wahren Guten verwechselt. Daraus resultiert die Herrschaft der ungeordneten Leidenschaften. (b) Daraus wird ersichtlich, warum Maximus Christus die Gnomie abspricht—ohne aber das jeweilige konkrete Bestimmt-sein seines menschlichen Willens aufzuheben. Diese Bestimmtheit kommt nur anders zustande bei Christus als bei der rein menschlichen Person, d.h. indem die ganze konkrete zeitliche Existenz der Menschheit Jesu—einschließlich seines Menschenwillens—sich seinem eigenen ewigen Entschluss zur Menschwerdung verdankt (secundarie verdankt sie sich aber auch dem Jawort der Immaculata). Der Sohn kommt, um seine ewige Willenseinheit mit dem Vater in und durch einen—seinen—menschlichen Willen auszudrücken und zu betätigen. Das gibt seinem Menschenwillen eine ungeheuere Überbestimmtheit, die den perfekten Gehorsam mit der perfekten Selbstbestimmung vereint. Dadurch wird der menschliche Wille Jesu zum Paradigma, ja (mit Maria) zum erzeugenden Schoße der wahren, von Adam und Eva verfehlten Personwerdung. 5. Nun zum Thema Selbstbewegung und Tod zurück: Christi Ja zu seinem Vater auf dem Ölberge ist zwar eine übernatürliche Leistung, aber sie entspringt auch seinem menschlichen Naturwillen (thelema physikon), welcher ja eine immer schon in Gang gesetzte Selbstbewegung auf die Seins-Fülle hin ist im Gehorsam dem Schöpfer gegenüber. Das frei-gehorsame menschliche Ja des Gottessohnes impliziert also die bergende Transformation, von innen her, der aristotelischen Betrachtung der Ungeteiltheit in der Selbstbewegung. Diese Verwandlung verbindet die gute Selbstbehauptung und die gute Selbstaufgabe derart miteinander, dass selbst das an sich ungewollte—der Tod als Vernichtung der Einheit—zur Gelegenheit wird, die gute Endlichkeit zu akzeptieren und an den Schöpfer zurückzugeben. Die naturhafte Ungeteiltheit in der Selbstbewegung erscheint somit als geschaffenes Analogon und Basis der Gnade der Unverweslichkeit—aber eben durch Christi stellvertretende Selbstrückgabe am Kreuz, die kraft seines Liebesgehorsams den Tod in ewiges Leben verwandelt.
Posted on: Thu, 25 Jul 2013 09:31:46 +0000

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