Quelle: taz Anmerkung Orlando Pascheit: Gut gebellt, Bettina Gaus, - TopicsExpress



          

Quelle: taz Anmerkung Orlando Pascheit: Gut gebellt, Bettina Gaus, möchte man fast sagen. Aber das wäre doch sehr zynisch, denn das Anliegen verdient es, ernst genommen zu werden. Nur, was soll man von einer Politklasse erwarten, die doch alles daran setzt, die immaterielle und materielle Infrastruktur Deutschlands in weiten Teilen zu privatisieren, und es auch noch den europäischen Nachbarn als optimale Problemlösung anempfiehlt. Den Staat zurückfahren und damit dem Bürger mehr Mittel in die Hand geben, die er in freier Entscheidung verwenden kann, so das hohle Versprechen des neoliberalen Credo. Da kann man nur bitter auflachen. Die Staatsquote ist zwar im letzten Jahrzehnt tendenziell gesunken, aber die Reallöhne auch. So nimmt es denn nicht Wunder, wenn die Spendenbereitschaft für die diesjährigen Flutopfer gegenüber 2002 geringer ausfällt. Nur müsste es nicht Bereitschaft heißen, sondern Möglichkeit. Die Menschen in diesem Lande, eine merkelsche Lieblingsformel, sind genügend damit ausgelastet, die Profite einiger Weniger zu bedienen. – Immerhin kann sich der Staat noch nicht ganz aus der Verantwortung stehlen und legt der Staat wie 2002 Sofortprogramme und auch langfristigere Programme für die Flutgeschädigten auf. Dagegen sieht z.B die Situation in Italien bezüglich des Erbebens im letzten Jahr ziemlich triste aus. In der Tendenz ist das Land leider bis in die Gewerkschaften hinein mit dem der Plutokratie dienenden neoliberalen Ungeist überflutet – und leider ist zu vermuten, dass die Umstände einer Umkehr plötzlich, radikal und schmerzhaft für alle sein werden. Dann werden auch keine ‘gated communities’ Schutz bieten. Die Plutokraten merken nicht, dass sie selbst das Fundament ihrer Existenz unterspülen. Die Mächtigen und Reichen sind durchaus schlau, aber begrenzt durch ihre Selbstsucht, wie eben Schlauheit ist. Thomas von Aquin würde von der falschen Klugheit sprechen, von der Verschlagenheit (astutia), dem hinterhältigen ausschließlich auf das Taktische bedachte Sinnen und Trachten, dessen Unsachlichkeit den Namen Klugheit (prudentia) nicht verdient. Denn sie ist gefangen ,verloren ist in der sinnlichen Welt kleinmütiger Interessen, “dem maßlosen Streben nach all der Habe, durch die sich der Mensch seine eigenen Größe und Geltung versichern zu können vermeint” (Josef Pieper in seinem immer noch lesenswerten Traktat über den Begriff der Klugheit bei Thomas von Aquin). Das Ärgerliche am Neoliberalismus, – ein Begriff, der inzwischen für soviel herhalten muss, dass er gleichsam entleert ist – besteht darin, dass die neoliberalen Strömungen des vorigen Jahrhunderts vom deutschen Ordoliberalismus bis zur Chicagoer Schule nicht nur vulgarisiert wurden, sondern von eben diesen schlauen Leuten instrumentalisiert und jenseits ihrer Konsistenz Weise zerstückelt unter die Leute gebracht wurde. Und fertig war die neue Religion. Und so können wir das Wort ‘neoliberal’ nur noch als Schimpfwort verwenden. Nehmen wir den Satz von Euken: „Soziale Gerechtigkeit sollte man … durch Schaffung einer funktionsfähigen Gesamtordnung und insbesondere dadurch herzustellen suchen, daß man die Einkommensbildung den strengen Regeln des Wettbewerbs, des Risikos und der Haftung unterwirft.“ Ein Satz, der geradewegs dazu einlädt, den Sozialstaat abzubauen. Nur, dieser Satz ist Theorie und wie alle Theorien an Bedingungen geknüpft. Bei Euken heißt sie: vollständiger Konkurrenz. Ein altes theoretisches Konstrukt, das in den vermachteten Märkten der Realität nicht anzutreffen ist. Theoretisch mögen wirtschaftliche Macht und individuelle Freiheit sowie soziale Gerechtigkeit durch permanenten Wettbewerb in Einklang gebracht werden, praktisch werden solche Sätze von den “Schlauen”, die diesen Ausgleich der Interessen gar nicht wollen, als bare Münze angeboten.
Posted on: Thu, 13 Jun 2013 14:00:55 +0000

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