Regensburger Spektakel (9) 15.07.2013 100 Geschichtchen um - TopicsExpress



          

Regensburger Spektakel (9) 15.07.2013 100 Geschichtchen um Regensburger Geschichte Wo fand das statt? Am Dachauplatz 2 – 4 Bruder Berthold wettert im Bettelorden-Kloster der Minoriten gegen die Mode, Sünden und "Diebstahl" Seine Reisen führen den gebürtigen Regensburger Mönch durch halb Europa. Er ist „der“ Volksprediger, der die Massen in seinen Bann schlägt, und dem Volke dann harte Buße auferlegt. Der Regensburger Franziskanermönch wettert gegen Ketzerei und für die heiligen „Kreuzzüge“, aber auch gegen die beginnende Judenverfolgung. Eine gefährliche Mixtur im Zeichen des Kreuzes für das Volk, wie sich später herausstellen wird. „Liebling Gottes und der Menschen" nennt ihn 1259 der Pforzheimer Chronist, und der Meister des Frauenlobs ergänzt: „Wie Bruder Berthold war, findet man keinen." Berthold von Regensburg (* um 1210 in Regensburg; † 14. Dezember 1272 in Regensburg) war einer der bekanntesten Prediger des Mittelalters. Zu seinem Predigtstil gehörten die Pro- und Kontrarede, auch zwischen Gott und Teufel. Er arbeitete auf seinen Predigtreisen mit dem Franziskaner David von Augsburg und von 1263 bis 1264 auch mit Albertus Magnus zusammen. Letztere Predigtreise wurde von Papst Urban IV. beauftragt und richtete sich u.a. gegen die Waldenser. Die Waldenser sind eine protestantische Kirche mit Verbreitung in Italien, Süddeutschland und Südamerika. Ursprünglich aber als katholische Gemeinschaft religiöser Laien Ende des 12. Jahrhunderts durch den Lyoner Kaufmann Valdes in Südfrankreich gegründet, wurden die Waldenser während des Mittelalters von der katholischen Kirche ausgeschlossen und als Häretiker durch die Inquisition verfolgt. Von Berthold sind keinerlei authentische Predigten überliefert. Die ca. 400 Predigten in lateinischer und ca. 70 Predigten in mittelhochdeutscher Sprache, die unter seinem Namen tradiert sind, basieren auf Mitschriften von Zeitzeugen und auf in Klöstern entstandenen Erbauungsschriften, die in Sprache und Form dem Stil Bertholds nacheifern. Predigte er in Latein, dann wurde dies durch "Dolmetscher" für Volk übersetzt. Und dass dann auch ein -oder auch mehere "Klingelbeutel" rumgingen, davon kann mit Sicherheit ausgegangen werden... Als Kaiser Friedrich II. 1225 mit seinen Kamelen und Leoparden in Regensburg einzieht, dürfte der asketische Franziskanermönch gerade 15 sein. In der Stadt treffen Gaukler auf Grisetten, Bänkelsänger auf Fuhrleute. Man dichtet und denkt, liebt und lebt. Stadtluft macht frei, und die genießt man. Für Berthold ein regelrechter Sündenpfuhl, dem mit Hölle, Feuer, Teufel und "Ablass" zu begegnen sei. Als Bertold mit 30 Jahren um 1240 in das Minoritenkloster tritt, verfasst ein anonymer Regensburger das Kudrun-Epos, das man ruhig neben das Nibelungenlied stellen darf. Viele der Predigten Bertolds sind erhalten und weisen ihn als einen geistreichen, aber gefühlsarmen Mönch aus, der jedes noch so kleine Vergnügen der oft mit viel Mühsal beladenen Menschen als einen Fallstrick des Satans ansieht. Wir blättern kurz in seinen Predigtbänden: Es geht zuvorderst um ein Thema. „Wie unflätig all die Teufel sind, so sind die Teufel, die Unkeuschheit raten, zehnmal unflätiger als die, die Mord raten oder Hoffahrt oder eine andere Sünde." Nach seiner Darstellung haben „die größten Sünden etwas mit Diebstahl zu tun". Hoppla, wird man denken. Doch Bertold findet immer seinen Anschluss. Die Unkeuschheit mit Nonnen und Priestern ist verwerflich, weil diese Gott geweiht und damit sein Eigentum sind. Also Diebstahl. Und weiter: Sogar Ehebruch ist Diebstahl, auch der Gedanke daran. Wenn dem so wirklich so ist, dann wären wohl die überwiegende Anzahl unserer Menschheit „Diebe“! Dann hat Bertold gegen die Mode höchste Bedenken: „Da wendet ihr Frauen all euren Fleiß daran, mit eurem Gewand, mit euren Schleiern, mit allerlei Röcklein. Da geben einige von euch der Näherin eben soviel wie das Tuch gekostet hat; für Schilde auf die Achseln, so geriselt und gerickelt rings um den Saum. Da genügt euch die Hoffahrt in Bezug auf euren Halskragen nicht, ihr müsst auch die Füße besonderen Martern zur Hölle hin unterwerfen." Resümee des frommen Predigers: „Es hilft dir zu nichts anderem als zur ewigen Hölle." Und wer verführt die modebewussten Damen? Bertolds Antwort: „Pfui, ihr unseligen Teufel! Wie viel tausend reiner Frauen Seelen jetzt im Himmelreich wären, wäre der einzige Strick nicht, den ihr den Frauen so listig gelegt habt!" Weitere beliebte Themen: „Die Trinker und die Fresser, die etliche bei Tag und Nacht beim Wein liegen" und in die Hölle fahren, dann die Ketzer, „die Frieden mit dem Teufel haben", die Juden, Spieler und Tänzer, denen es nicht besser ergehe, und schließlich die unmäßigen Eheleute. Wenn er dann auf sie im Detail zu sprechen kommt, rät er den anwesenden „Witwen und Jungfrauen", einstweilen zu schlafen – oder seine Predigt zu verlassen... Immer wieder würzt Bertold seine Ansprachen mir einem Sturmlauf gegen die Mode. Was würde er heute zu den Päpsten sagen, die noch bis vor kurzem extravagante Hüte und rote, bzw. weiße Schuhe trugen? Einfache Franziskanerlatschen tun es doch auch, wie man heute weiß… Berthold stirbt mit 62 Jahren am 13./14. Dezember 1272 im Minoritenkloster am heutigen Dachauplatz, wo wir auch noch seinen Grabstein sehen.
Posted on: Tue, 16 Jul 2013 12:35:54 +0000

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