Sieben Lügen auf einen Streich Regierungserklärung zur - TopicsExpress



          

Sieben Lügen auf einen Streich Regierungserklärung zur Haushaltspolitik vom 21. Juni 2013: Sieben Lügen auf einen Streich – Behauptungen Haseloffs haltlos In seiner Regierungserklärung „Investieren, konsolidieren, Innovationen fördern – mit solider Haushaltspolitik heute Zukunft gestalten“ zur Haushaltssituation des Landes hat am 21. Juni Ministerpräsident Reiner Haseloff ausschließlich bereits bekannte Positionen zu ungebremsten Haushaltskürzungen in allen Bereich vertreten. In der sich zuspitzenden öffentlichen Auseinandersetzung mit immer größeren Bevölkerungsgruppen werden nun auch immer neue Schutzbehauptungen zur Rechtfertigung des eingeschlagen Weges und der uneinsichtigen Haltung der Regierung ins Feld geführt. Dabei ist kaum noch einzuschätzen, ob es nur Realitätsverlust ist, was die Regierung zu bestimmten Aussagen treibt, oder ob die Öffentlichkeit bewusst von ihr belogen wird. In der Regierungserklärung finden sich u.a. die folgenden Passagen: „Wir sind mit inzwischen 2,2 Millionen Einwohnern ein kleines Land (…) und wir schrumpfen wegen der geringen Geburtenzahlen weiter, ob uns das passt oder nicht. Dieser natürliche Rückgang kann auch mit mehr Zuwanderung nicht voll ausgeglichen werden. (…) Unsere Strukturen aber entsprechen weitgehend noch den Verhältnissen einer Zeit, in der wir fast drei Millionen Einwohner hatten. Die sogenannte demografische Rendite ist praktisch überall im System geblieben, statt sie wenigstens in Teilen zur Ausgabenminderung einzusetzen. (…) Vor 20 Jahren hatten wir eine Lehrer-Schüler-Relation von 1 zu 14 (aktuell von 1 zu 11,6 – die Red.). Das hat auch funktioniert. Seither sind die Schülerzahlen sehr viel stärker zurückgegangen als die Zahl der Lehrer. (…) Angesichts dessen ist die Kritik an der zurückhaltenden Einstellung junger Lehrer unberechtigt. (…) bei einem derart starken Rückgang der Schülerzahlen (kann) nicht jede frei werdende Stelle neu besetzt werden, sonst haben wir am Ende mehr Lehrer, als wir im Vergleich der Länder verantworten können. (…) Größere Schulen bedeuten natürlich für manche Schüler längere Schulwege. Zugleich aber können diese Schulen ganz andere Angebote vorhalten als Zwergschulen und damit eine bessere Lernqualität bieten. (…) Bei den Hochschulen sind wir uns (…) mit den Rektoren einig, dass bei einer auch fachlich gebotenen Profilbildung auf der Grundlage eines neuen Hochschulstrukturplans das Budget geringer sein kann als heute und dass die Absenkung bis dahin schrittweise möglich ist. (…) Vielleicht ist diese Strukturanpassung auch ein Anreiz, die Einwerbung von Drittmitteln oder die Erhöhung von Einnahmen z. B. durch das Angebot von Weiterbildungsveranstaltungen zu verstärken. (…) Es gibt keine Aktivitäten, die Zahl der Studenten an unseren Hochschulen zu senken oder irgendeine der Einrichtungen komplett zur Disposition zu stellen.“ Die 1. Lüge: Wir schrumpfen (…) weiter, ob uns das passt oder nicht. Dieser natürliche Rückgang kann auch mit mehr Zuwanderung nicht voll ausgeglichen werden. Es gibt ausreichend gute Beispiele dafür, dass die Demografie durch die Politik beeinflusst werden kann. Der fortschreitende Bevölkerungsrückgang in Sachsen-Anhalt ist nicht natur- oder gottgegeben, sondern in hohem Maße „hausgemacht“. Er entsteht aus den Wanderungsverlusten ebenso, wie aus der anhaltend niedrigen Geburtenrate. Wenn man daran etwas ändern wollte, könnte man es auch. Jedoch nicht durch die stereotype Fortführung der bisherigen Politik ohne erkennbare Ideen für den Verbleib der jungen Menschen im Lande und für eine bessere Vereinbarkeit von Kindern, Familie und Beruf. Erkennbar ist lediglich, dass der weitere Rückgang der Kinder-, Schüler- und Bevölkerungszahlen in Politikerkreisen geradezu herbeigesehnt wird, denn damit werden die ständigen Kürzungen in praktisch allen Haushaltspositionen ja überwiegend begründet. Die 2. Lüge: Unsere Strukturen aber entsprechen weitgehend noch den Verhältnissen einer Zeit, in der wir fast drei Millionen Einwohner hatten. Wir haben inzwischen zwei große Gebietsreformen hinter uns, die die Anzahl der Landkreise von ehemals 37 auf nur noch 11 und drei kreisfreie Städte reduziert haben. In der Schulverwaltung und in der Lehrerausbildung sind aus ehemals neun Standorten Staatlicher Schulämter nur noch zwei bzw. vier übriggeblieben, in vielen anderen Verwaltungsbereichen (Polizei, Justiz, Finanzverwaltung etc.) haben enorme Konzentrationsprozesse stattgefunden. Während die Bevölkerung seit 1991 um ca. 20 Prozent abgenommen hat, wurde das ursprünglich vorhandene Landespersonal in diesem Zeitraum um mehr als 60 Prozent reduziert – von weit über 100.000 Beschäftigten auf unter 50.000. Hier vom Erhalt der alten Strukturen zu sprechen, ist der Versuch, die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen. Die 3. Lüge: Die sogenannte demographische Rendite ist praktisch überall im System geblieben, statt sie wenigstens in Teilen zur Ausgabenminderung einzusetzen. Die sogenannte demografische Rendite ist im Schulbereich praktisch vollständig in die Ausgabenminderung eingegangen. Zwar hat sich in den letzten 15 Jahren, in denen die Schülerzahl um etwas mehr als die Hälfte (auf 47,5 Prozent) gesunken ist, die Anzahl der Lehrkräfte etwas weniger stark reduziert (auf knapp 60 Prozent), allerdings bedeutet das immerhin eine Personalreduzierung von mehr als 10.000 Lehrkräften. Diese würden heute mehr eine halbe Milliarde Euro jährlich kosten, wenn sie ersetzt worden wären. Es kann also nicht im Ansatz die Rede davon sein, dass freiwerdende Stellen besetzt worden wären. Der verbliebene Mehraufwand an Lehrkräften ist allein dem Umstand geschuldet, dass sich bei extrem sinkenden Schülerzahlen die durchschnittliche Größe der Schulen (Zügigkeit) und damit die durchschnittlichen Klassengrößen zwangsläufig verkleinern – ein Vorgang der sich seit einigen Jahren nun auch in den westdeutschen Bundesländern in gleicher Weise vollzieht. Einen demografischen Gewinn, der in den Schulen zur Verbesserung der Unterrichtsituation verbleibt, wird es nach dem Streichen der ESA-Stunden ab dem kommenden Schuljahr nicht mehr geben. Die 4. Lüge: Größere Schulen (…) können (…) ganz andere Angebote vorhalten als Zwergschulen und damit eine bessere Lernqualität bieten. Über die Lernqualität in den Schulen des Landes gibt es keine Untersuchungen. Auch nicht darüber, ob größere Schulen wegen der Möglichkeiten, mehr Angebote vorzuhalten, besser sind als „Zwergschulen“. Dies ist, wie vieles andere auch, eine Schutzbehauptung, um über die tatsächlichen Gründe für die weiteren Schulschließungen hinwegzutäuschen. Die 5. Lüge: Bei den Hochschulen sind wir uns (…) mit den Rektoren einig, dass (...) das Budget geringer sein kann. Sollte dies stimmen, dann würden aber hiermit die Rektoren der Lüge bezichtigt. Denn die haben in der Presse und auf Kundgebungen öffentlich immer das Gegenteil gesagt. Die 6. Lüge: Vielleicht ist diese Strukturanpassung auch ein Anreiz, die Einwerbung von Drittmitteln (…) zu verstärken. Eines solchen Anreizes bedarf es nicht und es ist auch nicht zu erwarten, dass die geplanten Kürzungen in den Hochschulbudgets dadurch auch nur ansatzweise kompensiert werden können. Die Einwerbung von Drittmitteln hat jetzt schon einen Stand erreicht, der den regulären Lehr- und Forschungsbetrieb gefährdet. Die Folge sind prekäre befristete und Teilzeitarbeitsverhältnisse, die zu Qualitätsverlusten führen und die Lehre einschränken. Die 7. Lüge: Es gibt keine Aktivitäten, die Zahl der Studenten an unseren Hochschulen zu senken. Es gibt offizielle Aussagen, die Zahl der finanzierten Studienplätze weiter unter die gegenwärtig 33.000 personalbezogenen Studienplätze zu senken. Ohnehin studieren darauf heute tatsächlich 54.000 Studenten. Zwar wird pauschal gesagt, dass auch weiterhin alle studieren können, aber die Finanzierung soll dennoch gesenkt werden. Was bleibt, ist dann eine wachsende Überbelegung zu Lasten des Hochschulpersonals und der Qualität für die Studierenden. Fazit: Wir sind nicht so dumm, wie unser Ministerpräsident glaubt, bekanntlich haben Lügen kurze Beine – hier wohl die von Ministerpräsident Haseloff. Wenn er aber unwidersprochen weiter solche Halb- und Unwahrheiten verbreiten dürfte, wächst die Gefahr, dass sie ihm am Ende doch geglaubt würden. Deshalb werden wir weiter Lügen aufdecken, was für Beine sie auch immer haben. Im Übrigen stimmt auch das vielfach wiederholte Paradigma nicht, wonach man eben nur das ausgeben können, was man zuvor erarbeitet hat. Wenn sich alle – private Haushalte und Unternehmen – an diese scheinbar unumstößliche „Hausfrauenweisheit“ hielten, würde morgen das gesamte Finanzsystem zusammenbrechen. Schlimmer als Schulden sind unzureichende Bildung und die soziale Spaltung der Gesellschaft. Kürzen und streichen kann jeder, Visionen entwickeln und Zukunft gestalten offensichtlich aber zu wenige. AG Bildungspolitik der GEW Sachsen-Anhalt --------------------------------------------------------------------------------
Posted on: Thu, 04 Jul 2013 07:56:00 +0000

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