Spät nachts Jetzt ruhn auch schon die letzten - TopicsExpress



          

Spät nachts Jetzt ruhn auch schon die letzten Großstadthäuser Im Tanzpalast ist die Musik verstummt Bis auf den Boy, der einen Schlager summt. Und hinter Schenkentüren wird es leiser Es schläft der Lärm der Autos und Maschinen, Und blasse Kinder träumen still vom Glück. Ein Ehepaar kehrt stumm vom Fest zurück, Die dürren Schatten zittern auf Gardinen. Ein Omnibus durchrattert tote Straßen. Auf kalter Parkbank schnarcht ein Vagabund. Durch dunkle Tore irrt ein fremder Hund Und weint um Menschen, die ihn blind vergaßen. In schwarzen Fetzen hängt die Nacht zerrissen, Und wer ein Bett hat, ging schon längst zur Ruh. Jetzt fallen selbst dem Mond die Augen zu … Nur Kranke stöhnen wach in ihren Kissen. Es ist so still, als könnte nichts geschehen. Jetzt schweigt des Tages Lied vom Kampf ums Brot. – Nur irgendwo geht einer in den Tod. Und morgen wird es in der Zeitung stehen Mascha Kaléko Mascha Kaléko wurde am 7.6.1907 als Kind jüdisch-russisch-österreichischer Eltern im galizischen Chrzanów, Österreich-Ungarn, heute Polen geboren. 1914 übersiedelte zunächst die Mutter mit den Töchtern Mascha und Lea nach Deutschland, um Pogromen zu entgehen. In Frankfurt am Main besuchte Kaléko die Volksschule. Ihr Vater wurde dort aufgrund seiner russischen Staatsbürgerschaft als feindlicher Ausländer interniert. 1916 zog die Familie nach Marburg, schließlich 1918 nach Berlin, ins Scheunenviertel der Spandauer Vorstadt. Hier verbrachte Kaléko ihre Schul- und Studienzeit. Als gute Schülerin und interessiert, später zu studieren, war ihr Vater jedoch der Meinung, ein Studium sei für ein Mädchen nicht notwendig. So begann Kaléko 1925 im Büro des Arbeiterfürsorgeamts der jüdischen Organisationen Deutschlands eine Bürolehre. Nebenher besuchte sie Abendkurse in Philosophie und Psychologie. 1928 heiratete sie ihren Hebräisch-Lehrer Saul Aaron Kaléko. Gegen Ende der zwanziger Jahre kam sie mit der künstlerischen Avantgarde Berlins in Kontakt, die sich im Romanischen Café traf. So lernte sie u.a. Else Lasker-Schüler, Erich Kästner und Joachim Ringelnatz kennen. 1929 veröffentlichte Mascha Kaléko erste Gedichte, die im heiter-melancholischen Ton die Lebenswelt der kleinen Leute und die Atmosphäre im Berlin ihrer Zeit widerspiegeln. 1933 publizierte sie das Lyrische Stenogrammheft, über das der Philosoph Martin Heidegger später an sie schrieb: „Ihr Stenogrammheft zeigt, dass Sie alles wissen, was Sterblichen zu wissen gegeben ist.“ Obwohl das erfolgreich verkaufte Werk, im Januar erschienen, bereits im Mai den nationalsozialistischen Bücherverbrennungen zum Opfer fiel, gab Rowohlt 1935 eine zweite Auflage heraus. Außerdem erschien in dieser Zeit Das kleine Lesebuch für Große. Im Dezember 1936 wurde Kalékos Sohn Evjatar Alexander Michael in Berlin geboren, Vater war der Dirigent und Musikwissenschaftler Chemjo Vinaver. Am 22. Januar 1938 wurde die Ehe von Saul und Mascha Kaléko geschieden, sechs Tage später heiratete sie Chemjo Vinaver. Mascha behielt den Namen Kaléko als Künstlernamen bei. Die neue Familie emigrierte im September 1938 in die Vereinigten Staaten von Amerika. Der berufliche Erfolg für Vinaver blieb dort jedoch aus, Kaléko hielt die Familie mit dem Verfassen von Reklametexten über Wasser und schrieb unter anderem Kindergedichte. 1939 veröffentlichte Kaléko Texte in der deutschsprachigen jüdischen Exilzeitung Aufbau. 1944 erhielt die Familie Vinaver/Kaléko die amerikanische Staatsbürgerschaft. Am 6. Dezember 1945 war Kaléko aktiv dabei, als der New Yorker Progressive Literary Club, eine von Heinrich Eduard Jacob gegründete Initiative zur Pflege der deutschen Literatur im Exil, verstorbener Dichter gedachte. Nach dem Krieg fand Kaléko in Deutschland wieder ein Lesepublikum, das Lyrische Stenogrammheft wurde erneut von Rowohlt erfolgreich verlegt (1956). 1960 wollte man ihr den Fontane-Preis der Akademie der Künste in Berlin (West) verleihen; wegen des ehemaligen SS-Mitgliedes in der Jury, Hans Egon Holthusen, lehnte sie dies jedoch ab. Im selben Jahr wanderte sie ihrem Mann zuliebe mit ihm nach Jerusalem aus. Dort litt sie sehr unter der sprachlichen und kulturellen Isolation und lebte enttäuscht und einsam. 1968 starb ihr musikalisch hochbegabter Sohn in New York. Nach dem Tod ihres Mannes 1973, fand sie im letzten Lebensjahr wieder Kraft zu schreiben. Sie starb 1975, nur 14 Monate nach ihrem Mann, in Zürich an Magenkrebs. Ihr Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof Zürich-Friesenberg.
Posted on: Wed, 26 Jun 2013 21:49:15 +0000

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