Sure 1: Anmerkungen und Kommentare 1 Dieser segensreiche Satz - TopicsExpress



          

Sure 1: Anmerkungen und Kommentare 1 Dieser segensreiche Satz bi’smi-llāhi’rraẖmāni’rraẖīm, der mit den Worten Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen! übersetzt und Basmala genannt wird, stellt eines der Symbole des Islams dar. Die Muslime schicken diese Formel jeder guten Tat voraus. Mit ihr treten alle Dinge und Geschöpfe ins Dasein, und mit ihr bewahren sie sich ihre Existenz. Der Partikel “bi” bedeutet hier sowohl “in/im” als auch “mit”, sodass den Gesetzen des Erbarmers entsprechend alles, was existiert, in und mit Seinem Namen handelt. Ein winziges Samenkorn tief in der Erde keimt und bahnt sich seinen Weg durch Erdreich und Gestein, um den Gesetzen des Erbarmers gemäß dem Sonnenlicht entgegen zu wachsen, indem es das (besondere) Erbarmen des Erbarmers erfleht. Uns Menschen wurde die Gunst des freien Willens zuteil, daher sollten wir stets Gutes tun, und immer in Gottes Namen sowie in der Absicht, Sein Wohlgefallen zu erlangen. Wenn wir die entsprechenden Anstrengungen unternehmen, sollte dies stets im Namen Gottes und mit Seinem Namen auf den Lippen geschehen. Nach Ansicht einiger Gelehrter ist die Basmala als erster Vers jeder Sure (jedes Kapitels) im Koran zu zählen, mit Ausnahme der neunten. Der Hanafitischen Rechtsschule zufolge gilt sie ebenfalls als Vers, wird jedoch nicht als der erste Vers einer jeden Sure gezählt. Die Basmala ist der erste Vers der Sure Al-Fātiẖa, der Eröffnungssure des Korans, und sie wird wegen ihrer großen Bedeutung und aufgrund des ihr innewohnenden Segens jeder Sure vorangestellt. Gleichzeitig trennt sie aber auch die einzelnen Suren voneinander. In jedem Fall ist sie ein leuchtendes Band, das vom Erhabenen Thron Gottes bis in die Herzen der Menschen reicht. Wer auch immer sich daran festhält, indem er sich ihre Bedeutung bewusst macht und sich von ihr erleuchten lässt, kann durch sie bis zum höchsten Punkt menschlicher Vollkommenheit vorstoßen. 2 Das arabische Wort ism - deutsch: Name - stammt entweder von der Wurzel s-m-w ab, die die Bedeutung “hoch, erhaben sein” in sich trägt, oder von der Wurzel w-s-m, was soviel heißt wie “Zeichen“. (Ein verwandtes Wort, samāwāt, bedeutet “Himmelssphären” oder “Himmelsgewölbe”, weil es sich hoch oben befindet.) Die Worte Im Namen Gottes erinnern uns daran, dass Gott der Erhabene ist und der Besitzer der Namen, an den wir uns wenden können. Wenn wir den Namen Gottes aussprechen, meinen wir damit nur diesen Einen Gott und gedenken Seiner. Was Seine Existenz oder Essenz (dhāt) betrifft, besitzen wir kein Wissen um Gott (im Sinne des arabischen Wortes ‘ilm). Denn es gibt nichts und niemanden wie Ihn und auch nichts, was Ihm vergleichbar wäre. So ist es also ganz und gar ausgeschlossen, Seine Essenz zu erfassen oder zu begreifen. Allerdings können wir Gott erkennen oder gleichsam Wissen von Ihm erlangen (im Sinne des arabischen Begriffs ma‘rifa) durch Seine Werke, Handlungen, Namen, Attribute und wichtigsten Qualitäten (schu‘ūn). Das Gewahrwerden Seiner Werke (was wir in dieser Welt sehen, Seine Schöpfung) führt dazu, dass wir uns Seines Handelns bewusst werden, und dieses Bewusstwerden bringt uns Seinen Namen näher, was seinerseits dazu führt, dass wir Seine essenziellen Qualitäten entdecken und folglich den Einen erkennen, der diese Qualitäten besitzt. Die Hinwendung zu dem Einen Gott erfolgt entweder dadurch, dass wir über Gottes Werke nachdenken - über das Universum, das insbesondere uns menschliche Wesen einschließt, mit der physischen und psychischen Beschaffenheit, die jedem von uns zu eigen ist - oder dadurch, dass wir unser Herz “erziehen”, das heißt den Sufi-Pfad beschreiten. Beide Wege miteinander zu verbinden ist jedoch sicherer und stets vorzuziehen. (Zum Pfad der Sufis und zum islamischen Sufismus, siehe Fethullah Gülen, Key Concepts in the Practice of Sufism.) 3 Allah - deutsch: Gott - lautet der Eigenname des Einen Gottes, der Seine Geschöpfe (jedes für sich und in ihrer Gesamtheit) erschafft und erhält, der sie versorgt, heranwachsen lässt, ihnen Unterhalt gewährt, sie beschützt, der sie rechtleitet, vergehen lässt und jedes Einzelne von ihnen wiedererweckt, der belohnt und bestraft, und so weiter. Alle Seine Attribute sind Attribute absoluter Vollkommenheit und Er, Gott, ist vollkommen frei von Mängeln jeglicher Art. Er ist einmalig und einzig. Es gibt nichts, was Ihm gleich oder ähnlich wäre, und nichts lässt sich auch nur mit Ihm vergleichen. Er ist über jegliche menschliche Vorstellung erhaben. Kein Blick vermag Ihn zu erfassen, Er aber umfasst alle Blicke. (6:103) Gott ist der Einzige, der das exklusive Recht besitzt, angebetet zu werden und zum einzigen Zweck des Lebens gemacht zu werden. Er wird um Seiner Selbst willen geliebt. Alles ist von Ihm abhängig und existiert durch Ihn. Jede Wahrheit hat ihren Ursprung in Ihm. Seine Existenz steht so eindeutig fest, dass man wohl Zweifel an der eigenen Existenz haben mag, jedoch niemals an Seiner zweifeln kann und darf. Die Eindringlichkeit und Vielfalt Seiner Manifestationen verhindert, dass Blicke Ihn erfassen. Sein Licht ist gleichsam ein Schleier vor den Blicken. Er wird angebetet, weil es Ihm als Gott zusteht; und nicht etwa anders herum: Er ist nicht deshalb Gott, weil Er das Objekt der Anbetung ist. Ohne (Glauben an) Gott ist das Leben eine einzige Qual, der Verstand eine Strafe und Wissen reine Illusion; ohne ihn sind Ansprüche nichts anderes als Schmerzen, Errungenschaften nichts anderes als Verluste, ist Vereinigung gleichbedeutend mit Trennung, Liebe gleichbedeutend mit Leid, Freude gleichbedeutend mit Unbehagen. Der Glaube ist das Heilmittel für die Leidenden und die Medizin für verwundete Herzen. Herzen finden zu innerer Ruhe und Gelassenheit, indem sie Gottes gedenken und Seinen Namen aussprechen. Wer immer Ihn gefunden hat, hat alles gefunden; wer immer Ihn verloren hat, hat alles verloren. 4 Der Erbarmer heißt auf Arabisch Ar- Raẖmān. Ar-Raẖmān ist eines der ganz wichtigen Attribute Gottes - es ganz genau in eine andere Sprache zu übersetzen, ist so gut wie unmöglich. Obwohl es eigentlich ein Attribut ist, kann Ar-Raẖmān fast überall als Synonym für den Namen “Gott” verwendet werden, denn es lässt sich niemand anderem als Gott zuordnen. Ar-Raẖmān bedeutet: der Eine voll unendlicher Barmherzigkeit, der die gesamte Schöpfung mit Seinem Erbarmen, Seiner Gnade und Seiner Güte umfängt; insbesondere auch die ganze Menschheit, ohne dabei einen Unterschied zwischen Gläubigen und Ungläubigen zu machen. Er gibt Leben, versorgt uns und stattet jedes seiner Geschöpfe mit den Fähigkeiten aus, die es benötigt. Gott hat das Universum aus Seiner unendlichen Barmherzigkeit heraus erschaffen, und aus eben dieser Barmherzigkeit, von der Sein Name “Der Erbarmer” zeugt, manifestiert es sich. Das Universum ist das Werk des Erbarmers, und Gottes Barmherzigkeit, die der Name “Der Erbarmer” verkörpert, umfängt die Schöpfung in ihrer Gesamtheit. Dabei gibt es zwei Aspekte der Manifestation Gottes im Universum: Ein Aspekt liegt in Seiner universellen Manifestation einschließlich all Seiner Namen im Universum. Diese lässt sich anhand einer Analogie verdeutlichen: Auch die Sonne manifestiert sich überall in der Welt mit ihrem Licht, einschließlich ihrer sieben Farben und ihrer Wärme. Diese Form der Manifestation nennt man die Manifestation der Einheit (at-tadschallī al-wāẖidiya). Und der (attributive) Name “Der Erbarmer” bildet den Quell dieser Manifestation. Er ist der Ursprung der wunderbaren Ordnung im Universum, in dem alles in absolutem Gehorsam den Gesetzen des Erbarmers folgt. Ein vorzügliches Beispiel und offenkundiges Symbol dieser Manifestation ist die Belebung der Erde samt ihrer Pflanzen und Lebewesen und die gleichzeitige Versorgung, Bewahrung und Ordnung all dessen in vollkommener Harmonie und Barmherzigkeit. All dies basiert auf der Manifestation Gottes als Der Erbarmer und ist von ihr abhängig. 5 Der zweite Aspekt der Manifestation Gottes wird begreiflich, wenn man sich vor Augen führt, auf welche Weise sich die Sonne in jedem einzelnen Gegenstand oder Lebewesen manifestiert, je nachdem wie dieser oder dieses beschaffen ist. Analog dazu manifestiert sich Gott in jedem Seiner Geschöpfe mit einem oder mehreren Seiner Namen, wobei Seine anderen Namen dann jeweils in den Hintergrund treten. Diese Form der Manifestation ist das Resultat der Existenz Gottes als Ar-Raẖīm - der Barmherzige. Sie wird die Manifestation der Einheit genannt (attadschallī al-aẖadiya). Gott umfasst die gesamte Schöpfung als Ar-Raẖmān (der Erbarmer) sowohl in dieser Welt als auch im Jenseits. Kategorien wie gläubig und ungläubig, wahr und unwahr, richtig und falsch, schön und hässlich oder gut und böse sind für Ihn ohne Belang. Als Ar-Raẖīm (der Barmherzige) wiederum gilt Seine besondere Gunst vor allem Glauben, Gerechtigkeit, Wahrheit, Recht, Schönheit und dem Guten - schon in dieser Welt, in erster Linie aber im Jenseits. Kein Geschöpf besitzt irgendeinen Einfluss auf seinen Eintritt in diese Welt, auf seine Hautfarbe oder ethnische Zugehörigkeit, auf Zeit und Ort seiner Geburt oder seines Todes, auf seine Körpermerkmale oder auf das Funktionieren seines Körpers. All dies ist abhängig von der absoluten Entscheidung Gottes als dem Erbarmer, und so lässt sich daraus auch keine irgendwie geartete Überlegenheit oder Unterlegenheit ableiten, geschweige denn irgendein Grund für Diskriminierungen unter den Menschen. Andererseits jedoch haben die mit einem Bewusstsein ausgestatteten Erdbewohner (Dschinn [siehe Sure 46, Fußnote 10] und Menschen) die Wahl zwischen Glaube und Unglaube, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Richtig und Falsch, Gut und Böse, Wahrheit und Falschheit. Sie entscheiden mit ihrem freien Willen und sind deshalb auch für ihre Entscheidungen verantwortlich. Als Ar-Raẖīm, der Barmherzige, hilft Gott all jenen, die den Glauben, das Rechte, die Gerechtigkeit und das Gute in dieser Welt vorziehen und belohnt sie mit ewig währender Glückseligkeit im Jenseits. Aber wäre Er nicht gleichzeitig auch Ar-Raẖmān, der Erbarmer, so wären wir gar nicht erst in diese Welt gekommen. Seine Existenz als Ar-Raẖīm erlaubt Er uns, von unserem freien Willen Gebrauch zu machen, die richtigen Entscheidung zu treffen, Gottes wunderbare Handschrift zu erkennen, herauszufinden, was Glaube, Religion und Prophetenschaft sind, und nicht zuletzt: ewig währende Glückseligkeit im Paradies zu erlangen. 6 Weil man, um den Koran verstehen zu können, seine Konzepte verstehen muss, hier eine kurze Erklärung. Das arabische Wort, das mit Lobpreis (und Dank) übersetzt wurde, lautet ẖamd. Neben den Bedeutungen Lobpreis und Dank verfügt es über weitere Konnotationen. Ganz allgemein gesprochen, preisen wir bestimmte lobenswerte Eigenschaften oder Leistungen und empfinden Dankbarkeit, wenn uns etwas besonders Gutes widerfährt. Auf Gott bezogen jedoch bekräftigt ẖamd, dass Ihm auf ewig Lobpreis und Dankbarkeit gebührt, denn Er ist der Ewige Gott, der Barmherzige Herr über die ganze Schöpfung. Unabhängig davon, ob Gottes Geschöpfe Seine Gnadenbeweise auch tatsächlich als Gnadenbeweise akzeptieren, obliegt es ihnen, Ihn zu lobpreisen und Ihm zu danken. Die Pflicht, Ihm Dank zu bekunden, leitet sich direkt aus Seinen Gnadenbeweisen ab, während die Pflicht, Ihn zu lobpreisen, eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass wir uns als aufrichtige Diener erweisen, die wissen, wer Gott ist und was der Dienst an Ihm bedeutet. Dabei sollte man sich darüber im Klaren sein, dass aller Lobpreis und aller Dank Gott allein gebührt, nur Ihm gehört. Wo immer uns Schönheit, Vorzüglichkeit und Vollkommenheit begegnen, ist Gott deren letztendlicher Quell. Jedes erschaffene Wesen, ob Engel oder Mensch, jeder Himmelskörper und jedes Objekt auf Erden erhält seine Schönheit, Vorzüglichkeit und Vollkommenheit nur von ihm. Wo immer diese Qualitäten auch anzutreffen sind, handelt es stets um Gnadenbeweise Gottes. Wenn es also jemanden gibt, dem wir uns verbunden und zu Dank verpflichtet fühlen sollten, dann ist es der Schöpfer aller Dinge, und nicht der augenscheinliche Besitzer dieser Dinge. Wenn wir die Worte (Aller) Lobpreis (und Dank) sei Gott artikulieren, dann meinen wir damit gleichzeitig, dass es Gott ist, bei dem wir Zuflucht suchen, wenn wir uns Gefahren ausgesetzt sehen, dass Er es ist, den wir um Hilfe bitten, wenn wir uns in einer Notlage befinden, und dass Er es ist, den allein wir anbeten und dem allein wir dienen. 7 Das Wort Herr, die Übersetzung des arabischen Begriffes rabb, verfügt über drei miteinander verbundene Bedeutungsebenen: 1. Erzieher, Ausbilder, Erhalter, Versorger; 2. Herr und Herrscher; 3. Jemand, der anordnet, verwaltet und überwacht. Die Tatsache, dass Gott rabb ist, besagt, dass alles (und jeder Bestandteil von allem) - von den Elementen oder unbelebten Objekten bis hin zu den Pflanzen, Tieren und Menschen, ebenso wie alle anderen Geschöpfe in anderen Welten - von Ihm ins Dasein gerufen und versorgt wird, Seine Weisungen erhält und von Ihm überwacht wird, bis es seine ihm zugedachte Vollkommenheit erlangt, also den Zweck seiner Erschaffung erfüllt hat. Demnach sind das, was wir allgemein als “Naturgesetze” bezeichnen, in Wirklichkeit Titel oder Beschreibungen von Gottes Ausübung Seiner Herrschaft, also von Seiner Existenz als rabb. Gott erzieht und schult die Menschheit, indem er ihnen Propheten und Religionen schickt. Wenn wir Gott daher als den alleinigen Erzieher, Lehrer, Bewahrer, Versorger, Herrn und Herrscher aller Wesen bestätigen (at-tauẖīd ar-rubūbiya), dann bestätigen wir damit eine weitere Dimension des Glaubens an Seine Einzigkeit und Einheit. 8 Welten ist die Übersetzung des arabischen Wortes ‘ālamīn (Singular: ‘ālam), das aus dem Wort ‘alama/‘alāma abgeleitet ist - etwas, das etwas anderes bekanntmacht. In diesem Sinne ist also jedes einzelne Ding oder jede Gruppe von Dingen, von den winzigsten Partikeln, die noch kleiner als Atome sind, bis hin zu den riesigsten Sternennebeln und Galaxien eine eigene “Welt”, die auf Gott hindeutet. Die Mehrzahl (‘ālamīn) wird insbesondere für Wesen benutzt, die mit einem Bewusstsein ausgestattet sind. Damit soll angedeutet werden, dass alles, was jemals erschaffen wurde, so erschaffen wurde, als sei es sich seiner selbst bewusst und als verweise es auf die Existenz, Einheit und Herrschaft Gottes. Aus einer anderen Perspektive betrachtet, soll hier wohl angedeutet werden, dass es unterschiedliche Welten gibt: lāhūt (das Hohe Empyreum: also die reine, immaterielle Welt der reinen Wirklichkeiten Gottes), dschabarūt (eine weitere immaterielle Welt, in der sich die Wirklichkeiten Gottes in ihren reinen, immateriellen Formen manifestieren), malakūt (die Welt der reinen inneren Dimension des Seins), mithāl (die Welt der Symbole oder der idealen, immateriellen Formen der Dinge) und schahāda (die materielle Welt einschließlich der Welt, die wir Menschen wahrnehmen). Diese Welten sollte man sich eher als Dimensionen vorstellen, denn als feste Standorte: Die Wahrheiten oder Realitäten Gottes, die sich in dieser Welt in materiellen Formen manifestieren, manifestieren sich in anderen Welten in den Formen, die ihnen jeweils eigen sind. Zuweilen werden die Welten auch unterteilt in die Welt der Geistwesen, diese Welt, die immaterielle Welt zwischen dieser und der nächsten (al-‘ālam al-barzakh) und die ewig währende Welt des Jenseits. Schließlich kann sich der Begriff Welten auch auf verschiedene Gebiete oder “Reiche” auf der Erde oder auf andere Welten fernab der Erde beziehen. 9 Das arabische Wort mālik, - hier mit Herrscher übersetzt - bedeutet sowohl “Eigentümer” als auch “Herrscher”. In dieser Welt lässt Gott es zu, dass es Herrscher gibt, weil Er die Menschen mit einem freien Willen ausgestattet hat. Am Tage des Jüngsten Gerichts aber wird Er der einzige, absolute Herrscher sein. In Vers 40:16 heißt es: Wem gehört an diesem Tag die vollkommene Herrschaftsgewalt? Es ist Gott, der Einzige, der Allmächtige Bezwinger (dem alles, was existiert, vollkommen untertan ist.). Darüber hinaus ist Er der alleinige rechtmäßige Besitzer der anderen Welt mit all ihren Regionen und Unter-Welten wie etwa dem Ort der Höchsten Versammlung, der Brücke, dem Paradies und der Hölle. 10 Der Tag des Gerichts heißt auf Arabisch yaum ad-dīn. Das Wort dīn wird im Deutschen für gewöhnlich mit “Religion” übersetzt und leitet sich von dem Verb dāna (Wurzel d-y-n) ab, was soviel bedeutet, wie “sich zu einer Religion bekennen”. Die Wurzel d-y-n verfügt aber noch über eine Reihe von weiteren Bedeutungsebenen - so zum Beispiel sich ausleihen, schuldig sein, unterworfen oder gebunden sein, Gefolgschaft schuldig sein, zur Rechenschaft gezogen werden, gerichtet werden, überführt werden. (Das damit verwandte Substantiv ist dayn - “Schuld” oder “Verbindlichkeit”, “Verpflichtung”.) Das islamische Konzept von Religion (dīn) schließt all diese Bedeutungen in sich ein. Gott hat uns aus der Finsternis des Nicht-Seins in das Licht des Daseins gebracht, hat uns in der besten Form erschaffen und uns auf den höchsten Rang in der Hierarchie der Schöpfung erhoben. Er hat gleichsam dem Teig unseres Da-Seins gewisse Zutaten hinzugefügt, die uns, sofern sie in die richtigen Bahnen gelenkt werden, erlauben, in immer höhere Ränge der Vollkommenheit aufzusteigen (auch wenn diese Elemente oberflächlich betrachtet als negativ oder destruktiv empfunden werden mögen). Damit wir diese “Zutaten” mit Seiner Hilfe unter Kontrolle bringen und uns nicht von ihnen zerstören lassen und damit wir dazu angeregt werden, alle unsere Fähigkeiten und die positiven Elemente in unserem Dasein auf die rechte Weise einzusetzen, hat Er Propheten entsandt und uns durch sie und durch Seine Offenbarungen gelehrt, wie wir unser Leben gestalten sollen. All dies sind Gottes Gnadenbeweise und Geschenke, für die wir Ihm Dankbarkeit schulden. Wenn wir unsere Dankesschuld abtragen möchten, dann bedeutet das in erster Linie, dass wir ein Leben in Übereinstimmung mit Gottes Geboten führen. In diesem Sinne bedeutet Religion oder dīn die Beachtung der Gebote Gottes, die einzuhalten uns aufgetragen wurde, um das Gute zu verwirklichen und errettet zu werden. Der Tag wird kommen, da wir zur Rechenschaft gezogen werden für unsere Bemühungen in dieser Hinsicht. Dann wird man uns danach beurteilen, was wir in dieser Welt getan haben, und entsprechend belohnen oder bestrafen. Der einzige und uneingeschränkte Herrscher an diesem Tag wird Gott sein. Geradeso wie die Lebensspanne dieses Universums als ein “Tag” bezeichnet wird, gilt auch die Zeitspanne, die die Wiedererweckung nach dem Tod zum neuen Leben, den Urteilsspruch Gottes und die ewige Vergeltung für das, was wir in dieser Welt getan haben, als ein “Tag”. An jenem Tag werden die Realitäten der Religion deutlich hervortreten und sich in vollem Umfang manifestieren. Unter anderem deshalb wird er im Koran yaum ad-dīn, der Tag des Jüngsten Gerichts, genannt. 11 Vom Gesandten Gottes – Friede sei mit ihm – wird überliefert, dass Gott sagte: “Die Hälfte der Al-Fātiẖa gehört Mir, die andere Hälfte Meinem Diener.” (Muslim, Salah, 38) Demnach gehören die Verse 1 bis 4 Gott. Dort wendet sich der Diener in der dritten Person an Ihn und lobpreist Ihn. Diese vier Verse der Lobpreisung dienen als eine Art Leiter in Gottes Gegenwart, wo dem Diener die Ehre zuteil wird, in der zweiten Person mit Ihm sprechen zu dürfen (Verse 5 bis 7). Von diesem Punkt an richtet der Diener seine flehentliche Bitte an den Einen, der in den vorangegangenen Versen durch Seine umfassendsten Attribute gepriesen wurde. Dem erwähnten Hadith zufolge teilen sich Gott und der Diener Vers 5, während die folgenden Verse (6 und 7), in denen der Diener Gott um Erfüllung seines dringendsten Bedürfnisses - nämlich Rechtleitung - bittet, dem Diener gehören. 12 Die Worte dienen wir sind die Übersetzung von na‘budu, das heißt der ersten Person Plural Imperfekt des arabischen Verbs ‘abada. Es besagt, dass man etwas mit Nachdruck und vollem Einsatz tut. Das Wort ‘ibāda stammt aus derselben Wurzel und steht als Begriff für Anbetung und Unterwerfung. Das Verb ‘abada besitzt zwei weitere wichtige Infinitive, die beide eng verknüpft sind mit der Bedeutung “dienen, anbeten”. So signalisiert das Wort ‘ubūda Demut und Unterordnung, während ‘ubūdiya soviel heißt wie: Verrichten der Anbetungspflicht auf systematische Weise. Der deutsche Satz Dir allein dienen wir soll wiedergeben, dass im arabischen Original iyyāka na’budu das Pronomen “Dir” nachdrücklich betont wird. Die gleiche Betonung findet sich auch im nächsten Satz: iyyāka nasta‘īnu (anstatt des üblichen nasta‘īnu-ka) Daraus leitet sich folgende Bedeutung ab: Wir dienen Gott in Ehrfurcht und vollkommener Unterwerfung, Aufrichtigkeit und Demut, und auf systematische Weise. Damit bringen wir unsere völlige Hingabe, Unterordnung und Abhängigkeit Gott gegenüber zum Ausdruck und bekräftigen unsere Überzeugung, dass niemand anderer als Gott unsere Anbetung verdient - eine Haltung, die man im Arabischen at-tauhīd al-‘ubūdiya nennt. Die Tatsache, dass na’budu in der ersten Person Plural und im Imperfekt steht, soll besagen, dass die Pflicht der Anbetung nicht beschränkt ist auf eine einzige Gelegenheit oder dass sie nur einmal erfüllt wird, sondern dass sie uns allen gemeinsam wie auch jedem von uns einzeln ständig auferlegt ist. Vorzuziehen ist in jedem Fall das Gemeinschaftsgebet. Der Aspekt des Gemeinsamen bezieht sich 1. auf die einzelne Person mit all den Organen und Zellen ihres Körpers, 2. auf jede einzelne Gruppe von Gläubigen, die an irgendeinem Ort oder zu irgendeiner Zeit zusammenkommt, um Gott zu dienen und Ihn anzubeten, und 3. auf die Gesamtheit der Gläubigen in aller Welt, die sich der Kaaba in Anbetung zuwenden. 13 In anderen Religionen wird oft nicht mit der gebotenen Klarheit zwischen anbetenden Dienern und angebetetem Gott unterschieden - ein Problem, das durch die modernen Trends von Humanismus und Individualismus noch verstärkt wird. Daraus ergeben sich möglicherweise gewisse Missverständnisse, die im Folgenden beseitigt werden sollen: Im Islam bedeutet Dienst an Gott Befreiung von jeder Unterwerfung und Sklaverei. Im Krieg von Qadisiya wurde Rabi‘ ibn Amir als muslimischer Abgesandter zum Oberbefehlshaber der Perser geschickt. Von diesem zur Bedeutung der Botschaft befragt, die die Muslime zu verkünden suchten, sagte er: “Wir fordern die Menschen auf, anstatt falschen Gottheiten zu dienen, sich dem Dienst an Gott zuzuwenden, vom erstickenden Kerker dieser Welt der erhabenen Weite der Himmelsregionen zuzustreben und statt der Finsternis irreführender Religionen dem Licht des Islams zu folgen.” (Ahmed Cevdet Paşa, 1:391) Nur Gott zu dienen, ist nach islamischer Auffassung der einzige Weg zu echter menschlicher Freiheit und Würde. Weil alle Menschen Diener sind, ist keiner von ihnen bedeutender als irgendein anderer, und deshalb gebührt auch keinem von ihnen Verehrung oder gar Anbetung. Kein erschaffenes Wesen, ganz egal ob Prophet oder gewöhnlicher Mensch, darf zu einem Objekt der Anbetung gemacht werden. Das vorgeschriebene Gebet (salāh) und die Pilgerfahrt (hadsch) sind öffentliche Angelegenheiten, die dies am klarsten veranschaulichen. “Jemand, der sich in Auflehnung gegen Gott auf die menschliche Freiheit beruft, mag ein dem Pharao ähnlicher Tyrann sein, jedenfalls aber wird er jemand sein, der sich selbst erniedrigt, um seinen eigenen Interessen zu die nen. Dies kann so weit gehen, dass er sich gleichsam in Anbetung verbeugt vor den niedrigsten Dingen. Er mag hochmütig und anmaßend sein, und ist doch gleichzeitig so erbärmlich, dass er Entwürdigung hinnimmt, um irgendwelcher flüchtiger Annehmlichkeiten willen; unnachgiebig in der Selbstüberschätzung, und dabei so schmachvoll, dass er teuflischen Menschen um irgendwelcher armseliger Vorteile willen die Füße küsst. Er mag eingebildet und herrschsüchtig sein, aber weil er in seinem Herzen keinerlei festen Halt gegen Tod, Unheil und unzählige Feinde findet, weiß er tief in seinem Innersten, dass er nichts weiter ist als ein unfähiger, eingebildeter Tyrann. Wahrscheinlich ist er ein ganz auf sich selbst ausgerichteter Egoist, der jedoch - indem er all seine Bemühungen dem Zweck unterordnet, seine eigenen niederen Begierden und persönlichen Interessen zu befriedigen oder die Vorteile seines rassischen oder kulturellen gesellschaftlichen Ranges zu nutzen - nur allzu schnell Sklave dieser Begierden und Interessen wird. Was jedoch den aufrichtigen Diener Gottes angeht, so ist er ein anbetender Diener, der sich niemals so weit erniedrigen würde, sich vor dem selbst größten und mächtigsten aller Geschöpfe in Anbetung zu beugen. Er ist voll der Würde und betrachtet als den Zweck und Sinn der Anbetung weder irgendein Objekt noch die größte aller Segnungen, nämlich das Paradies. Auch wäre er, obwohl er bescheiden, sanftmütig und freundlich ist, niemals dazu bereit, vor jemand anderem als seinem Schöpfer Demut an den Tag zu legen. Zwar ist er sowohl schwach als auch bedürftig und ist sich seiner Schwäche und Bedürftigkeit sehr wohl bewusst. Doch ist er aufgrund seines spirituellen Reichtums, den sein freigebiger Schöpfer ihm hat zuteil werden lassen, von anderen unabhängig. Und er ist mächtig aufgrund der Tatsache, dass er sich auf die unendliche Macht seines Schöpfers und Bewahrers verlässt. Er handelt und strebt einzig und allein um Gottes willen, zum Wohlgefallen Gottes und um Tugendhaftigkeit zu erlangen.” (Said Nursi, The Words, “The 12th Word”, 147) 14 Die Worte ihdi-nā, die hier mit weise uns übersetzt werden, gehen auf das Verb hadā zurück, das bedeutet: “bei der Hand nehmen und auf sanfte Weise rechtleiten und führen.” Es steht im Gegensatz zu “auf Abwege geraten”, “sich verirren”. Das ebenfalls aus dem Verb hadā gebildete Substantiv hidāya wird üblicherweise mit “wahre oder rechte Leitung” übersetzt. Das Verb hadā wird sowohl transitiv als auch intransitiv benutzt. Gott leitet uns entweder unmittelbar recht, oder durch bestimmte vermittelnde Instanzen. In den meisten Fällen lässt Gott dann Glauben in den Herzen der Menschen aufkeimen, wenn diese mit ihrem freien Willen nach Rechtleitung suchen. Zwar will Gott, dass sich Seine Diener nach Rechtleitung sehnen und dass sie sich anstrengen, sie zu erlangen. Doch ist weder ihre Sehnsucht noch ihr Bemühen letztlich ausschlaggebend für ihre Rechtleitung. Dieses scheinbare Paradox ist sehr gut ausgedrückt in dem anonymen Sprichwort: “Obwohl man Ihn nicht durch Suche finden kann, finden nur diejenigen Ihn, die nach Ihm suchen.” Vor allem sind es die Propheten und die Heiligen Schriften, die Rechtleitung bieten. In ihrer Abwesenheit weisen Menschen, die ohne Abweichung in die Fußstapfen der Propheten treten, den Weg zur Rechtleitung. Ihre Eigenschaften werden im nächsten Vers dargelegt. 15 Das hier mit Pfad übersetzte arabische Wort lautet sirāṯ. Dieser Pfad kennt durchaus ein Auf und Ab, ist an manchen Stellen breit und an anderen schmal, und auf ihm zu wandern mag schwierig sein. In einem Hadith wird er als Pfad oder Brücke mit Steigungen und Gefällen beschrieben, als ein Weg mit Wänden an den Seiten und mit Türen und Fenstern, die sich nach außen hin öffnen. Die Wände des Pfades sind die Gebote der Scharia. Sie schützen den Pfad vor Angriffen von außen und bewahren die Wanderer auf dem Pfad davor, die Orientierung zu verlieren. Die Türen und Fenster sind Durchlässe zu den verbotenen Dingen. Wer diesen Pfad beschreitet, sollte sie unbeachtet lassen, um nicht vom Weg abzukommen. (Ibn Hanbal, 4:182-183) Das Wort sirāṯ wird im Koran im Singular verwendet, es hat keinen Plural. Dadurch soll uns wohl bedeutet werden, dass dies der einzige Weg ist, der zu Gott hinführt, obwohl es viele Straßen (sabīl) gibt, die in diesen Pfad münden. Näher bezeichnet wird er mit dem Adjektiv “gerade”, wodurch klargestellt wird, dass der gerade Pfad, der Weg des Korans, keinerlei Krümmung aufweist. (Siehe auch 18:1.) Es ist der Mittelweg, dem jegliche Extreme fremd sind. Dieser Mittelweg ist in wirtschaftlicher Hinsicht gleichermaßen weit entfernt von Kommunismus und Kapitalismus, in politischer Hinsicht von Absolutismus und Anarchismus, in philosophischer Hinsicht von Realismus und Idealismus, in religiöser Hinsicht von Materialismus und Spiritualismus sowie in weltanschaulicher Hinsicht von reiner Diesseitsbezogenheit und reiner Jenseitsbezogenheit. Er ist der Mittelweg im Hinblick auf die menschliche Psychologie und auf die Realitäten von Leben und Schöpfung. Er schult die Menschen, indem er ihren Verstand diszipliniert und veredelt und ihn vor der Maßlosigkeit von Demagogie, Gerissenheit und Dummheit bewahrt. So führt er sie zu wahrer Erkenntnis und Weisheit. Die Schulung und Veredelung der menschlichen Qualität, Wut zu empfinden und sich zu verteidigen, bewahren diese Qualität davor, dass aus ihr Sünde, Unterdrückung oder Feigheit resultieren. Geschult und veredelt bringt sie vielmehr Gerechtigkeit und Tapferkeit hervor. Die menschliche Qualität, sinnliche Begierde zu empfinden, wird durch Schulung und Veredelung davor bewahrt, in Ausschweifungen und Hedonismus abzugleiten; sie verwandelt sich vielmehr in Keuschheit. 16 Wenn man sich mit der Schöpfung befasst und über sie nachdenkt, kann man durchaus herausfinden, dass sie von einer einzigen Instanz hervorgebracht worden sein muss. Was genau aber den “geraden Weg” auszeichnet, vermag niemand einzig und allein durch Nachdenken zu ergründen. Wir Menschen erfreuen uns eines ganz besonderen Rangs unter den erschaffenen Wesen. Für gewöhnlich fühlen wir uns von dem angezogen, was am schönsten ist und wünschen es uns. Selbst was die Befriedigung unserer ganz alltäglichen Bedürfnisse anbelangt, bedarf es vielfältiger Fertigkeiten und handwerklichen Geschicks. Weil wir soziale Wesen sind, sind wir dazu gezwungen, die Früchte unserer Arbeit miteinander zu teilen und untereinander auszutauschen. Und weil die uns angeborenen Triebe und Kräfte - Verstand, Zorn, Leidenschaft oder auch Begierde - von unserem Schöpfer nicht beschnitten wurden, müssen sie gezügelt werden. Zu diesem Zweck wird uns hier ein allgemein gültiger, gerader Pfad präsentiert, fernab jeglicher Extreme; ein Weg, der Anweisungen bereithält, die uns Glückseligkeit in dieser und der kommenden Welt bescheren. Auch wenn sich die gesamte Menschheit zusammenschließen würde, um entsprechende Anweisungen zu erarbeiten, wäre sie kaum dazu in der Lage. Denn dies vermag nur jemand, der alle Menschen mit all ihren Eigenschaften, Bestrebungen und Ängsten ebenso kennt wie die Daseinsbedingungen in beiden Welten; ein universeller Intellekt, der sich durch die gesamte Geschichte hindurch in der Religion Gottes manifestiert hat. Der größte Gnadenbeweis Gottes für die Menschen ist die Religion. Sie ermöglicht uns, Glückseligkeit in beiden Welten zu erlangen und zu erkennen, warum wir erschaffen wurden. Damit wir zur wahren Religion finden und ihr folgen können, verweist uns Gott an bestimmte Menschen, die Er unter uns auserwählt hat. Er beschreibt sie uns als jene, die Er besonders begünstigt hat und die dem geraden Pfad folgen. Durch einen besonderen Vers (4:69) macht Er uns mit ihren Eigenschaften vertraut: Und wer immer Gott und dem Gesandten gehorcht (wie man ihnen gehorchen sollte), die sind (und werden im Jenseits im Paradies sein) mit denjenigen, denen Gott Gnade (durch Seine vollkommene Rechtleitung) erwiesen hat - den Propheten, den Wahrhaftigen (die sich getreulich Gottes Sache widmen und wahrhaft sind in dem, was sie tun und sagen), den Bezeugenden (die die verborgenen Wahrheiten Gottes erkennen und dafür mit ihrem Leben Zeugnis ablegen) und den Gerechten (die aufrichtig in ihren Taten und ihren Worten sind und sich mit aller Kraft dafür einsetzen, die Dinge zurechtzurücken). Was sind dies für ausgezeichnete Gefährten! Wer sich aufrichtig auf die Suche nach solchen Menschen macht, wird sie finden, weil sie dort am spirituellen und intellektuellen “Firmament” der Menschheit leuchten. 17 Der Koran verbietet uns ausdrücklich, dem Beispiel von folgenden zwei Gruppen zu folgen: dem Pfad derer, die (Deinem) Zorn verfallen sind (nämlich Deiner Strafe und Verdammung), und derjenigen, die irregehen. Wenn hier von Gottes Zorn die Rede ist, dann bedeutet dies nicht, dass Gott wütend wird wie wir. Vielmehr liegen in Seinem Zorn Strafe und Verdammung. Wir lesen im Koran, dass diejenigen, die einen Gläubigen vorsätzlich töten (4:93), die böse Gedanken über Gott hegen (48:6), die vom Schlachtfeld fliehen (8:15), die ungläubig werden, nachdem sie geglaubt hatten (16:106), und die über Gott streiten, nachdem Sein Aufruf vernommen wurde (42:16), Gottes Strafe und Verdammung auf sich zogen. Gleiches gilt für jene, die Gott geleugnet und Seine Propheten getötet haben, die sich aus Neid und rassistischen Motiven geweigert haben, an den Propheten Muhammad – Friede sei mit ihm – zu glauben, obwohl sie wissen mussten und erkannten, dass er ein Prophet war (2:90), die sich das Kalb zur Anbetung nahmen, obwohl sie doch an Gott glaubten (7:152, 20:86), und die den Sabbat nicht beachteten. Auch sie verfielen Gottes Zorn (also der Strafe und Verdammung). 18 Das Verbalsubstantiv “In-die-Irre-gehen” (ḏalāl) bezeichnet ein Abweichen vom geraden Pfad in unterschiedlicher Intensität: vom geringsten Versehen oder Fehltritt eines Gläubigen bis hin zum völligen Abirren vom rechten Weg. Als Fachterminus wird es übersetzt mit “Rückkehr zum Unglauben nachdem man schon gläubig war”, “Eintauschen des Unglaubens gegen den Glauben” (2:108), “Beigesellen von Partnern zu Gott entweder in Seiner Essenz oder in Seinen Attributen oder Seinem Handeln” (4:116), oder “Ablehnen des Glaubens, sei es in einem oder allen Glaubensartikeln ” (die da lauten: 1. Bekenntnis zur Existenz und Einheit Gottes [einschließlich der Vorherbestimmung], 2. Glaube an die Engel, 3. Glaube an alle Schriften Gottes. 4. Glaube an Seine Propheten, ohne irgendeinen Unterschied zwischen ihnen zu machen, und 5. Glaube an die Wiederauferstehung und das ewige Leben). Da in vorislamischer Zeit einige Juden Verbrechen begingen, die Gottes Strafe und Verdammung auf sich zogen (Altes Testament, Numeri [4. Moses], 16:12-24, 31-35, 41-50; 21:4-6; Deuteronomium [5. Moses], 4:25-29; 9:9-29; Neues Testament, Matthäus, 12:34-35; 23:2-7, 23-33), interpretierte der Gesandte Gottes – Friede sei mit ihm – die Worte die (Deinem) Zorn verfallen sind (nämlich Deiner Strafe und Verdammung), als Anspielung auf diese Juden. (Tirmidhi, Tafsir al-Qur’an, 2; Ibn Hanbal, 4:378) Und da auch einige Christen auf unterschiedliche Art und Weise auf Irrwege geraten waren, interpretierte er die Worte derjenigen, die irregehen als Anspielung auf diese Christen. (Tirmidhi, Tafsir al-Qur’an, 2) Andererseits geht es hier in erster Linie darum, eine generelle Warnung an einem Beispiel zu verdeutlichen: Keineswegs sollen hier andere Menschen, die die gleichen Verbrechen begangen haben und diesen Verbrechern gleichen, von der Bedeutung der Formulierungen ausgeschlossen werden. Diejenigen, die ähnliche Charakterzüge aufweisen wie jene Juden und Christen, die Gottes Strafe und Verdammung anheim fielen, dürfen sich ganz gewiss ebenso angesprochen fühlen. Der Gesandte Gottes – Friede sei mit ihm – hat den Muslimen in aller Klarheit aufgezeigt, wie Menschen durch ihren Glauben und ihr Handeln Gottes Strafe und Verdammung auf sich gezogen haben und in die Irre gegangen sind. Er hat die Muslime gewarnt, dem Weg dieser Menschen zu folgen und ebenfalls zur Gruppe jener gezählt zu werden, die Gottes Strafe und Verdammung auf sich ziehen und irregehen. Keineswegs aber - darauf sei an dieser Stelle hingewiesen - stellt der Koran alle Juden und Christen auf eine Stufe. Das verdeutlichen die Verse 3:113-115, wo es heißt: (Doch) sie sind nicht alle gleich: Unter den Besitzern des Buches ist eine standhafte Gemeinschaft, die Gottes Offenbarungen die ganze Nacht lang vorträgt und sich (in Anbetung) niederwirft. Sie glauben an Gott und an den Jüngsten Tag und gebieten, was gut und recht ist, und setzen sich dafür ein und verbieten das Böse und versuchen, es zu vermeiden, und sie beeilen sich, Gutes zu tun, als ob sie miteinander wetteiferten. Und diese gehören zu den Rechtschaffenen. Und was immer sie an Gutem tun, soll ihnen gewiss nicht ungedankt bleiben. Und Gott kennt wohl die Gottesfürchtigen, Frommen.
Posted on: Thu, 22 Aug 2013 17:10:21 +0000

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