US-Briefe registriert Washington(dpa). Die USA lassen offenbar - TopicsExpress



          

US-Briefe registriert Washington(dpa). Die USA lassen offenbar den gesamten Briefverkehr innerhalb des Landes registrieren. Absender und Empfänger jeder über den staatlichen Postdienst USPS verschickten Sendung werden von Computern abfotografiert, berichtet die »New York Times«. Die Zeitung beruft sich dabei unter anderem auf Mitarbeiter des US-Justizministeriums und auf einen ehemaligen Agenten der amerikanischen Bundespolizei FBI. Etwa 160 Milliarden Postsendungen sollen in dem vermeintlichen Überwachungsprogramm »Mail Isolation Control and Tracking« 2012 fotografiert worden sein. Auf diesem Wege soll die US-Regierung die Briefkontakte von Millionen Amerikanern zurückverfolgen können. Hintergrund »Kopieren vor dem Austragen« US-Postmitarbeiter erhielten klare Anweisungen zum Datenspeichern Washington (WB). Leslie Pickering hat nicht schlecht gestaunt, als er in der Post eine Karte fand, die gewiss nicht an ihn gerichtet war. »Zeigen Sie alle Sendungen dem Abteilungsleiter«, stand auf der handgeschriebenen, mit dem Vermerk »vertraulich« versehenen Karte. Von Thomas J. Spang Darunter fanden sich Pickerings Adresse, die Art der Poststücke, die erfasst werden sollten, und eine ganz klare Anweisung: »Kopieren vor dem Austragen«. Der Buchhändler, der mit seiner Frau einen Laden in Buffallo im Bundesstaat New York betreibt, wunderte sich, mit welcher Begründung jemand in seiner Post herumschnüffelt. »Ich war geschockt«, sagt Pickering, der seine Geschichte der »New York Times« anvertraute. Deren Recherche ergab, dass der Buchhändler, der sich vor mehr als zehn Jahren als Sprecher einer radikalen Öko-Gruppe engagierte, nicht allein ins Visier der Postler geraten war. Im Rahmen des sogenannten »Mail Isolation Control and Tracking«-Programms erfasst die US-Postbehörde jedes Jahr die Post von Millionen Empfängern. Zur Abwehr von Terror und Straftaten, heißt es offiziell. Allein im vergangenen Jahr kam die stolze Zahl von 160 Milliarden eingescannten Umschlägen zusammen. Das Post-Überwachungsprogramm funktioniert in vielerlei Hinsicht wie die bereits bekannt gewordenen Schnüffeleien bei E-Mail, Internet-Kommunikation und Telefon. Der Staat erfasst auf diesem Weg die Meta-Daten der Sendungen: Zieladresse, Absender und Art der Sendung. Für eine regelgerechte Öffnung der Poststücke muss allerdings eine richterliche Anordnung vorliegen. »Das ist eine Schatzkiste voller Informationen«, bestätigt der frühere FBI-Agent James Wedick den Nutzen des Programms, das nach den Milzbrand-Anschlägen von 2001 im großen Stil ausgebaut wurde. »Ermittler finden alle möglichen nützlichen Informationen, aufgrund derer sie dann gezielt nachfassen können.« Auf diesem Weg konnte die Polizei beispielsweise die Giftbriefe an ihre Quelle zurückverfolgen, die eine texanische Schauspielerin im Frühjahr dieses Jahres unmittelbar nach den Anschlägen von Boston an US-Präsident Barack Obama und den New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg gerichtet hatte. Der große Vorteil der Postüberwachung aus Sicht der Strafverfolger besteht darin, dass sie für eine Erkundung der riesigen Datenbank nicht einmal einen richterlichen Befehl brauchen. Es reicht eine einfache Anfrage bei der Post. Auch der Kongress übt keine Aufsicht über das Programm aus. Seit 1976 hat es nicht eine Anhörung zu dem Thema gegeben. Bürgerrechtler sehen damit dem Missbrauch Tor und Tür geöffnet. Dafür steht das Beispiel von Mary Rose Wilcox, die sich als Aktivistin für die Rechte von Einwanderern in Arizona stark macht. Ein Bundesgericht sprach ihr eine Million Dollar an Schmerzensgeld zu, weil es für erwiesen hielt, dass der notorische Immigrantenjäger Sheriff Joe Arpaio das Programm aus politischen Gründen gegen Wilcox missbrauchte. Eine Berufung ist anhängig. Auch Pickering will nun genauer wissen, warum staatliche Stellen in seiner Post ohne zu zögern herumschnüffeln. »Ich bin ein Kerl mit einem Buchladen, einer Frau und einem Kind«, sagt er der »New York Times«. Seine politischen Ansichten verliehen niemandem das Recht, Grundrechte zu verletzen. Kommentar Unheimliche Vorstellung Die Logik hinter den Späh-Programmen der USA ist immer dieselbe: Möglichst viel Heu einfahren, um dann im großen Haufen nach ein paar Stecknadeln zu suchen. So funktioniert die von Edward Snowden enthüllte NSA-Überwachung der Kommunikation im Internet und im Telefonverkehr. Und genauso schnüffeln die Behörden auch in der klassischen Briefpost herum. Geradewegs unheimlich ist die Vorstellung, dass die USA im vergangenen Jahr 160 Milliarden Briefumschläge heimlich, still und leise eingescannt haben. Auch ohne die eigentliche Post zu öffnen, können die Sicherheitsbehörden damit detaillierte Profile der Empfänger erstellen. Sie brauchen dafür nicht einmal einen richterlichen Befehl. Damit stehen dem Missbrauch Tür und Tor offen. Die Bürger stehen in Umkehrung der rechtstaatlichen Unschuldsvermutung unter Generalverdacht. »Big Brother« mag zurzeit gutmütig sein. Doch das ist nur ein schwacher Trost. Der Schritt von der Überwachung zur Einschränkung der Bürgerrechte ist bedenklich klein. Die Architektur dafür – so viel ist nun klar – ist bereits vorhanden. Thomas J. Spang Westfalen-Blatt vom 05.07.2013
Posted on: Fri, 05 Jul 2013 03:24:04 +0000

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