Unabhängig von der grundsätzlichen Positionierung zur - TopicsExpress



          

Unabhängig von der grundsätzlichen Positionierung zur katholischen Kirche - das war schon ein beeindruckender Auftritt, den der neue Papst Franziskus Anfang Juli mit seiner ersten Reise nach seinem Amtsantritt zelebriert hat: Nicht zu irgendwelchen Schönen und Mächtigen ist er gefahren, sondern nach Lampedusa. Das Kirchenoberhaupt der Katholiken ging zu den Flüchtlingen. Franziskus prangerte auf der italienischen Insel Lampedusa - dem Außenposten der Wohlstandsinsel Europa - die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal von Migranten an: spiegel.de/panorama/gesellschaft/papst-franziskus-betet-auf-lampedusa-fuer-fluechtlinge-a-909960.html. Unsere Wohlstandskultur führe dazu, "dass wir nur an uns selbst denken, sie macht uns gefühllos dem Aufschrei der anderen gegenüber, lässt uns in schönen Seifenblasen leben", so wird der Papst zitiert. Starke Worte: Er forderte die Abkehr von einer "Globalisierung der Gleichgültigkeit". Bereits Ende Oktober 2012 wurde auf dieser Seite über das Drama im Mittelmeer, dem Urlaubsparadies von Millionen Deutschen und anderen Wohlstandsbürgern, berichtet: https://facebook/aktuelle.sozialpolitik/posts/458495700856318. Dort wurde berichtet von Gabriele del Grande, einem italienischen Journalisten, Blogger, Schriftsteller und Menschenrechtler, der 2006 das Blog "Fortress Europe" (fortresseurope.blogspot.de) ins Leben gerufen hat. Er führt eine "Liste tödlicher Asylpolitik", in der er versucht, die Menschen zu zählen, die beim Versuch, die Festung Europa zu erreichen, zu Tode gekommen sind - zumeist elendig ertrunken im Mittelmeer. "Mindestens 18.567 Menschen sind seit 1988 beim Versuch zu Tode gekommen, die EU-Außengrenzen zu überwinden", so lautet eine der bitteren Erkenntnisse, die wir seiner Arbeit entnehmen müssen. Vor diesem Hintergrund weiß man das Zeichen des neuen Oberhauptes der katholischen Kirche in einem ganz besonderen Licht zu sehen. Und wie wichtig und aktuell bedeutsam dieses Zeichen ist, kann man dem Beitrag "Mordversuch auf Hoher See" entnehmen, der in der Online-Ausgabe der Wochenzeitung "der Freitag" veröffentlicht worden ist: freitag.de/autoren/kallewirsch/mordversuch-auf-hoher-see: »Die griechische Küstenwache schiebt Flüchtlinge durch illegale Push-Backs zurück in türkische Gewässer und setzt so deren Leben aufs Spiel. Die EU schaut wohlwissend weg.« Gerade wenn man jetzt oder im Laufe des Jahres seinen Urlaub an der griechischen oder türkischen Mittelmeerküste verbringt oder verbringen wird, sollte man sich auch mit dieser Seite des Mare Nostrum auseinandersetzen: »Die Flüchtlinge kommen zumeist aus Syrien, Afghanistan oder dem Sudan. Mit in der Regel seeuntauglichen Booten versuchen sie über den Seeweg aus der Türkei nach Griechenland zu gelangen. Doch viele scheitern bei diesem Unterfangen und ertrinken. Seit dem August 2012 hat mindestens 101 Menschen ihre Flucht über See nach Griechenland das Leben gekostet.« Dass die verzweifelten Menschen den gefährlichen Seeweg wählen, hat auch damit zu tun, dass der Landweg über die türkisch-griechische Grenze durch massive personelle wie auch technische Aufrüstung zunehmend unpassierbar gemacht wurde - die Grenze wurde im August 2012 auf Druck Deutschlands und anderer EU-Staaten quasi dicht gemacht. Nun steht man vor dem Problem, dass man die Ausweichreaktion der Flüchtlinge auf den Seeweg in den Griff bekommen will - und in dem zitierten Artikel wird dieser Versuch mit harten Vorwürfen konkretisiert: »Push-Back nennt sich der Mordversuch an potentiellen Asylsuchenden. Dabei bringt die griechische Küstenwache die seeuntauglichen Boote auf, macht sie manövrierunfähig, indem sie zum Beispiel den Motor zerstört (falls vorhanden), Schlauchboote aufschlitzt, misshandelt die Flüchtlinge teilweise, und schiebt die Männer, Frauen und Kinder zurück in türkische Gewässer. Dort werden sie ihrem Schicksal überlassen. Durch dieses Handeln auf See soll verhindert werden, dass die Flüchtlinge in Griechenland Asyl beantragen können. Dabei missachtet die griechische Küstenwache massiv internationales und europäisches Recht.« Amnesty International kann durch Zeugenaussagen 39 solcher Vorfälle dokumentieren. Und die Flüchtlinge, die durch die Netze geschlüpft sind und griechischen Boden erreicht haben? Auch hier eine harte Anklage: »Im Gebiet des Grenzflusses Evros, aber auch in Athen führt die Polizei in wachsendem Maße Razzien durch und verbringt die Migranten außer Landes. Teils mit gefesselten Händen werden Flüchtlinge im Grenzgebiet auf türkischen Inseln des Grenzflusses Evros ausgesetzt. In Athen aufgegriffene und deportierte Asylsuchende werden sogar während ihres laufenden Asylverfahrens in die Türkei verbracht.« Aber das ist nicht nur ein griechisches "Problem", denn die Griechen agieren nicht isoliert: »Die griechischen „Grenzschützer“ werden zu Lande und auf See von der EU Grenzschutzorganisation Frontex unterstützt. Laut Pro Asyl beobachtet Frontex das Grenzgebiet mit Nachtsicht- und Wärmekameras und gibt diese Informationen an die griechischen Grenzbeamten weiter, die dann operativ tätig werden.« Und wieder einmal werden wir Zeugen einer gewaltigen Doppelmoral: »Während die EU und ihre Mitgliedsstaaten Griechenland immer wieder wegen seines Umgangs mit Asylanten tadelte, übten sie trotzdem 2012 massiven Druck auf das Land aus seine Grenzen zur Türkei dicht zu machen. Die darauffolgenden Maßnahmen wurden in Abstimmung mit der Türkei sowohl logistisch als auch personell durch Frontex unterstützt. Finanziell wurden von der Friedensnobelpreisträgerin EU Haftlager für fast 15.000 Flüchtlinge in der Türkei unterstützt.« Fazit: Die Griechen machen die Drecksarbeit für den Rest Europas, die verschont bleiben möchten von den Menschen, die an die Tore der europäischen Festung klopfen und Einlass begehren. So jedenfalls die Einschätzung von Amnesty International, die zugleich eine Online-Petition ins Leben gerufen haben, um die illegalen Push-Backs an der griechisch-türkischen Seegrenze zu beenden. Die Petition "Schiebt Flüchtlinge nicht aufs offene Meer zurück!" - eigentlich eine menschliche Selbstverständlichkeit - kann hier eingesehen und unterzeichnet werden: action.amnesty.de/l/ger/p/dia/action3/common/public/?action_KEY=9337&d=1. Der Tod von Migranten bei einer Überfahrt stecke wie ein schmerzender "Dorn im Herzen", hat Papst Franziskus bei seinem Besuch auf Lampedusa gesagt. Der Mensch sei orientierungslos geworden, er kümmere sich nicht mehr um den anderen. Wir reden hier nicht über einige wenige Menschen: Erst vor kurzem hatten die Vereinten Nationen in ihrem Jahresbericht zum Weltflüchtlingstag neue Zahlen veröffentlicht (spiegel.de/politik/ausland/uno-bericht-45-millionen-fluechtlinge-weltweit-a-906653.html): Demnach lebten Ende des vergangenen Jahres 45,2 Millionen Menschen als Flüchtlinge. Das ist der höchste Stand seit Mitte der neunziger Jahre, als die Kriege in Ex-Jugoslawien und der Völkermord in Ruanda unzählige Menschen aus ihrer Heimat vertrieben.
Posted on: Sun, 14 Jul 2013 22:14:56 +0000

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