Zehn Alternativen zur Großen Koalition VON PETER - TopicsExpress



          

Zehn Alternativen zur Großen Koalition VON PETER PLAIKNER Gastkommentar. Je wahrscheinlicher eine Fortsetzung von Rot-Schwarz im Bund nach dem 29.September wirkt, desto wichtiger erscheint die Erörterung von anderen Konstellationen. Deshalb: zehn Fiktionen zu Regierungsbündnissen mit bekannten Personen. Rot-Grün? Geht sich kaum aus. Schwarz-Grün? Noch weniger. Was vor einem Jahr nach „alles neu“ roch, wirkt heute wie „more of the s(h)ame“. Etikettenschwindel inklusive. Zwischen Team-Fiktion und Bündnis-Illusion liegt bloß die Bandbreite der Dreistigkeit von Stronach bis Haider. Ansonst wird die Gruppe des alten Magnaten die Truppe des toten Egomanen eher weniger als mehr ablösen. Wodurch die Grünen vorbeiziehen und den Blauen näherrücken. Umfragen mit kleiner Fallzahl wirken so verlässlich wie Bauchgefühl nach Small Talk. Wollen erscheint als Können, Spekulation wird zu Wissen. Doch je gewagter die Absicht der Akteure, desto fader die Ansicht der Beobachter: Dass die Volkspartei den Kanzler stellen will, ist legitim, aber so wahrscheinlich wie ein Einzug der Neos ins Parlament: im Zweifelsfalle nein. Und was bleibt sonst noch...? Gerade deshalb erscheint die Frage angebracht, was sonst noch übrig bleibt außer den kaum möglichen Duetten mit Grün und der Fortsetzung von SPÖVP –zumal sogar diese Konstruktion ohne Mehrheit bleiben könnte. Rechnerisch viel, inhaltlich wenig. Von ernsthaft erwogen bis nicht einmal gut gemeint – zehn Fiktionen zu anderen Koalitionen mit bekannten Personen: ►1.Rot-Schwarz-Grün: Erst Freiwilligkeit erhebt dieses Modell zum flottesten Dreier. Verfehlen Sozialdemokraten und Volkspartei die gemeinsame relative Mehrheit, ist auch eine Zwei-Drittel-Absolute mit Juniorpartner unwahrscheinlich. Je nach Führungsrolle könnte der Vizekanzler Reinhold Mitterlehner oder Rudolf Hundstorfer heißen, während die grünen Regierungsnovizen auf die Ressorts Bildung, Verkehr und Umwelt spitzen. ►2.Schwarz-Blau-Stronach: Was Wolfgang Schüssel als Drittem recht war, wird Michael Spindelegger als Zweitem billig sein: Kanzler zu werden statt zurückzutreten. Selbsterhaltung schlägt Werthaltung. Heinz-Christian Strache als Innen- und Frank Stronach als Wirtschaftsminister: Der eine hat keine, der andere mit Kathrin Nachbaur eine Susanne-Riess-Passer-Option. Schon die EU-Wahl 2014 führt zur ersten Regierungsumbildung. ►3.Schwarz-Grün-Stronach: Salzburg-Prinzip bzw. Jedermann-Variante: Was im Wahlkampf ausgeschlossen wird, ist der Zukunft oft am nächsten. Dieter Brosz wird Vizekanzler, Gabriela Moser übernimmt das Justiz-, Georg Willi das Lebensministerium. Stronach verzichtet zugunsten von Nachbaur. Doch die Wiener Grünen lassen den Pakt rasch platzen. ►4.Schwarz-Rot-Stronach: Rein oder nicht rein? Bevor die Sozialdemokratie in Opposition geht, sucht sie einen Chef, der ihr das erspart (ähnlich löst sich in der Volkspartei die allfällige Obmannfrage). Gesucht: ein Vorsitzender für das Anforderungsprofil nach dem Role Model Karl Schlögl. Der Rest benötigt bloß Ressortfantasie: Wird Europa endlich Innenpolitik, kann Stronach ruhig Außenminister sein. ►5.Rot-Grün-Stronach: Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann? Niemand! Wenn er aber kommt? Dann laufen wir mit Frank davon. Weil Werner Faymann zähneknirschend sein drittes Kabinett bildet, steht ihm Glawischnig vorbehaltsvoll zur Seite. Davor haben sich beide mit Stronach geeinigt, bei dessen Verzicht auf Ministerwürden seine Präsidentschaftskandidatur 2016 gegen Erwin Pröll zu unterstützen. ►6.Rot-Schwarz-Neos: „Fein sein, beinanda bleibn...“ Irgendwie sind Matthias Strolz und Angelika Mlinar ja nicht so weit weg von ÖVP und SPÖ. Also bekommt er das Verteidigungs- und sie das Frauenministerium. Doch die erste Triokoalition auf Bundesebene endet wie alle Politik in Österreich: Andreas Khol und Karl Blecha blockieren die Pensionsreform. ►7.Schwarz-Blau-Neos: Koalitionen sind die Kunst des Machbaren. Was mit dem alten Stronach möglich wäre, mit dem neuen LIF wäre es noch einfacher – wenn es sich nur irgendwie ausgeht. Doch Spindelegger macht die Rechnung nur kurz ohne den Wirt: Vize Strache sprengt das Bündnis nach ständiger Blockade in jeder Minderheitenfrage. Denn die Kärntner Slowenin Mlinar bleibt stur sozialliberal, und ihr Partner von den Neos zeigt sich loyal. ►8.Rot-Grün-Neos. Was als ganz große Harmonie beginnt, die sogar Kärntens Dreier intern streitlustiger wirken lässt, reibt sich auf an ständigen Fehlversuchen, den Föderalismus abzubauen. Schwarze wie eigene Landeshauptleute und regionale Regierungspartner rütteln derart am Nervengerüst der Bundeskoalition, dass diese letztlich aus nichtigem Anlass zerbricht: Als Faymann auf der Millionärssteuer beharrt, wird Strolz wieder Unternehmer. ►9.Schwarz-Blau-Stronach-Neos. Der Rechtsblock in Vollbesetzung. Ungeachtet der Demos auf der Wiener Ringstraße, des Widerstands aus sozialen Netzwerken und der Blockaden seiner liberalen Restbestände hält sich das Quartett überraschend lang. Doch als die EU Österreich zur Neuregelung der Rundfunkabgabe auffordert, flüchtet die Volkspartei in vorzeitige Neuwahlen. Denn anders als ihre Partner ist sie strikt gegen eine Privatisierung des ORF. ►10.Rot-Grün-Stronach-Neos:Hauptsache nichts mit Schwarz-Blau. Was die ideologisch konträren Koalitionsteile anfangs eint, reicht nicht einmal mittelfristig als Kitt. Einzig das Bildungsthema bleibt übrig als gemeinsames politisches Projekt. Doch als Strolz und Stronach neben dem paktierten „Beste Bildung für alle“ Kaderschmieden vom Privatgymnasium bis zur Eliteuniversität vorantreiben, ist auch dieses Quartett am Ende. Regionales Erfolgsrezept Die durchwegs spielerische, fallweise ernstlose Aufzählung (un)möglicher Alternativen zeigt, dass Rot-Schwarz vielleicht doch nicht jene schlimmste aller Varianten ist, als die sie zunehmend dargestellt wird, je wahrscheinlicher ihre Fortsetzung wirkt. „Keine italienischen Verhältnisse“ mit dem Bild von Silvio Berlusconi, der im Fiat 500 gegen die Wand fährt, war diplomatisch daneben, politisch nicht korrekt, aber der Wahlkampfschlager in Tirol. Er senkte zwar die Beteiligung, doch bei den Wählern verfing kaum etwas stärker, als die von der Volkspartei plakatierte Brachialdarstellung der Gegenentwürfe zu ihr – samt nur einem Juniorpartner. Dieses regionale Erfolgsrezept taugt durchaus auch auf nationaler Ebene – hier aber im Doppelpack mit dem Absender SPÖVP. Denn im Bund hat das jeweilige Liebäugeln mit den Grünen bisher weder für Rot noch Schwarz eine rechnerische Duo-Grundlage. Unter der Annahme, dass BZÖ, Piraten und KPÖ kein Mandat gewinnen, bleiben also bloß die oben angeführten Konstellationen. Jedenfalls solange es keine gravierende Systemänderung wie das Mehrheitswahlrecht gibt. Oder – siehe Kärnten: Der ungehorsame Wähler entscheidet gar ganz anders als vorhergesagt. E-Mails an: debatte@diepresse ZUM AUTOR Peter Plaikner (52) ist Medienberater und Politikanalyst in Innsbruck, Wien und Klagenfurt sowie Lehrgangsmanager für Politische Kommunikation an der Donau-Universität Krems. Zahlreiche Publikationen, zuletzt Ko-Herausgeber von „Bundesländer und Landtage“, Autor von „Luis Durnwalder – Südtiroler und Europäer“ (Styria). [Privat]
Posted on: Wed, 21 Aug 2013 21:35:08 +0000

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