Zweiter Brief 2. Folge Es ist wichtig, diese heutige Stellung des okkulten Lehrers sich klar zu machen, da gerade auf dem Gebiete der übersinnlichen Anschauung und Forschung der moderne Mensch geneigt ist, sich einer Persönlichkeit kritiklos hinzugeben, die aus höherer Anschauung etwas hervorzubringen weiß. Denn die Fähigkeit des übersinnlichen Schauens entbindet keinen, sein Denken nach den Gesetzen der Logik anzuwenden, wie sie auch niemanden vom Irrtum befreit. Wer auf diesem Gebiet nicht ins Uferlose geraten will, tut gut daran, sein gesundes Denken unablässig zu üben und sein Urteil zu schulen, da er nur auf diesem Wege Schwärmerei und Autoritätssucht überwinden kann. Und erst dadurch können ja die Ergebnisse der höheren Forschung für ihn fruchtbar werden, indem er sie seinem individuellen Urteil und Leben eingliedert. Nur soviel kann von den höheren Erkenntnissen fruchtbar werden, wie sich der Mensch davon individuell erarbeitet! Hiermit ist ein bedeutsames Licht geworfen auf die Stellung der esoterischen Wahrheiten in unserer Zeit. Nachdem H. P. B 1 a v a t z k y die indische Weisheit erneuerte und ein Strom vergessener esoterischer Wahrheiten das Abendland am Ende des 19. Jahrhunderts überflutete, ist es das unbestrittene und unbestreitbare Verdienst R u d o 1 f S t e i n e r s, als erster nicht nur eine Lehre, sondern eine Wissenschaft der Initiation begründet zu haben, deren Ergebnisse er im Sinne der Anforderungen moderner Wissenschaft dem Denken zugänglich machte. Sie beruht daher nicht, wie immer wieder behauptet wird, auf Glauben und Autorität, sondern sie ist ganz in das persönliche Urteil des denkerischen Erarbeitens gestellt. In welcher Art heute esoterisches Wissen weitergegeben werden darf, ohne zu schaden, geht am besten aus der Antwort Rudolf Steiners hervor, die dieser auf die Frage gab, wieweit man in der Veröffentlichung esoterischer Erkenntnisse gehen dürfe. Sie können jede esoterische Wahrheit veröffentlichen und weitergeben, wenn Sie zwei Bedingungen beachten: Erstens, daß sie durch das vorurteilslose Denken verstanden werden kann, und zweitens, daß sie sich als logisch aus dem ganzen Zusammenhang ergibt. Man kann diesen Hinweis als die goldene Regel bezeichnen, die uns die rechte Orientierung finden läßt. Daß heute Bücher veröffentlicht werden können, die den geistigen Schulungsweg beschreiben und damit die bisher nur in engeren Kreisen geheimgehaltenen Schulungswege der Öffentlichkeit übergeben, ist nur möglich (soweit es sich um berechtigte, den Bewußtseinsbedingungen der Gegenwart angepaßte Schulungswege handelt) durch das selbständiggewordene Denken, das eine Frucht der naturwissenschaftlichen Entwicklung der letzten Jahrhunderte ist. Dadurch schützt sich die Esoterik von selbst, da sie nur durch das Denken erfaßt und durch dessen Vergeistigung verwirklicht werden kann. schwemmen. Denn immer geht es bei der wahren Esoterik nicht um das Was, sondern stets um das W i e . Es kommt auf die innere Einstellung an, die wir bei der Handhabe und dem Praktizieren höherer Wahrheiten einzunehmen vermögen. Und diese finden wir nicht allein durch Wissen, sondern durch W i l l e n s z u c h t. Wenden wir uns nach diesen grundsätzlichen Darlegungen über das Wesen der Esoterik nun der letzteren zu.
Posted on: Wed, 06 Nov 2013 11:00:34 +0000
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