Zwischen vierzig und fünfzig. Professorales Gesicht mit randloser - TopicsExpress



          

Zwischen vierzig und fünfzig. Professorales Gesicht mit randloser Brille. Vegetativer Typ. Niedergang eines Gutsituierten: Rettet 1947 Waggons Zement im Wert von 25 000 DM über die Währungsreform. Entwicklung eines sogenannten Neureichen-Milieus. Durch berufliche Außenarbeit oft wochenlang nicht zu Hause. Seine Frau spricht von den Gastspielen ihres Mannes. Heinel will Abhilfe schaffen und schickt sie öfters zur Kur oder quartiert sie in der Nähe seiner jeweiligen Baustellen ein. Eines Tages erfährt Heinel durch ein befreundetes Zahnarztehepaar, daß ihn seine Frau mit einem andern Mann betrügt. Heinel macht das Hotel ausfindig, in dem sie angeblich mit dem anderen Mann übernachtet. Erkundigung ergibt Einqurtierung unter falschem Namen. Heinel stellt seine Frau zur Rede. Sie gesteht und reicht gleichzeitig die Scheidung ein. Heinel bittet seinen Freund, den Zahnarzt, vor Gericht als Zeuge aufzutreten und zu seinen Gunsten auszusagen. Der Freund gibt seine Zusage, zieht sie aber einen Tag vor der entscheidenden Gerichtsverhandlung wieder zurück mit der Begründung, die sehr große und einflußreiche Verwandtschaft seiner, Heinels, Frau könne ihm bei dem heutigen harten Konkurrenzkampf unter Umständen die Zahnarztpraxis ruinieren. Er könne sich so etwas nicht leisten. Außerdem benötige er dringend 2000 DM zur Anschaffung eines neuen Operationsstuhls. Heinel gibt seinem Freund das Geld, worauf dieser vor Gericht für ihn aussagt. Die Ehe wird beiderseitig schuldig geschieden, Heinels Frau heiratet kurz darauf zum zweiten Mal. Heinel gerät durch Scheidung in Schulden, kündigt bei seiner alten Firma und zieht in eine andere Stadt. Fängt neu an. Steht in neuer Firma unter der Leitung eines jüngeren Bauführers. Es komt häufig zu Streitereien zwischen ihnen. Heinel hat die Kontrolle über ein 11,5 km langes Stück Autobahn, das frostsicher gemacht werden soll. Heinel beginnt zu trinken. Da er nur Wochenpauschale erhält, reicht sein Geld nie aus. Leiht sich in seiner Stammkneipe von drei Männern je 350 DM, kündigt am nächsten Tag fristlos bei seiner Firma und geht wiederum in eine andere Stadt. Schreibt von dort seinen drei Gläubigern und gibt ihnen das Verfügungsrecht über seine zu erwartende Lohnendabrechnung, die bei seiner alten Firma noch aussteht. Die Gläubiger gehen jedoch auf diesen Vorschlag nicht ein und erstatten Anzeige wegen Leihen von Geldbeträgen in betrügerischer Absicht. Obwohl Heinels Ex-Firma alle Verbindlichkeiten tilgt, wird Heinel dennoch verurteilt. Die Berufung verläuft ergebnislos. Im Gefängnis hört Heinel zunm ersten Mal von der Existenz der Wandererherbergen. Der Name Moorhof fällt. Heinel begibt sich sofort nach Verbüßung seiner Haft dorthin. Jetzt bereits zum zweiten Mal auf Moorhof. Heinel will Neustart als Spüler in einem Hotel versuchen. Heinel glaubt nicht mehr an sich selbst. Man erwägt Einweisung in eine Trinkerheilanstalt. Heinel breitet die Fakten seines Lebens aus, als berichte er über einen guten Bekannten. Manchmal redet er sich in eine grüblerische Ekstase, als suchte er unter dem logisch abgespulten Faktengewebe nach einem tieferen, verborgenen Grund für seinen Niedergang, als mißtraute er der Makellosigkeit kausaler Zusammenhänge. Begegnet sich in diesen Augenblicken mit wachen, beklemmenden Gefühlen. Gewöhnt sich an diese Begegnung. Heinel sagt, das Unheil läge in ihm selbst. Heinel sagt, Lügen spielten jetzt keine Rolle mehr. Heinel wankt fast jeden Tag betrunken in den Hof und grölt: "Ich hab wieder Arbeit gefunden! Ich brauch euch nicht mehr! … Ich hab sogar schon Vorschuß bekommen! Ich habs geschafft! Ich habs geschafft!" Er schwenkt etwas in der Luft. Es ähnelt einem Geldschein. Niemand glaubt ihm. Er blieb auf dem Hof. Er wurde stiller.
Posted on: Wed, 03 Jul 2013 07:09:34 +0000

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