Ein Badeort aus der Retorte Alexisbad im SelketaWo alte - TopicsExpress



          

Ein Badeort aus der Retorte Alexisbad im SelketaWo alte Bergbauschächte die Fürsten zum Baden lockten - 1810 gründete Herzog Alexius das Alexisbad Wer heute als Urlauber nach Alexisbad kommt, wird sich an den Wanderungen in, der Natur, an Spaziergängen zu den nahen Aussichtspunkten, der Fahrt mit einer Dampflok durch das Selketal und an der guten Küche des einen oder anderen Gasthauses erfreuen. Während einige Gasthäuser mit schmucken Fassaden, einer Burg im Garten oder einladenden Terrassen Gäste anziehen, stößt der Anblick von zahlreichen leerstehenden Ferienheimen und Gaststätten immer noch viele Urlauber ab. Dass Alexisbad einst sogar ein Nobelkurort war, an dem sich die High-Socity vergnügte, kann sich angesichts der durch den Ort führenden Bundesstraße und dem Blickfang eines Fünfgeschossers kaum jemand vorstellen. Und dass nun das alte Kurhaus verschwindet, dass seit fast 200 Jahren das Ortsbild entscheidend prägte, regt nur nach langem Streit nur noch Wenige auf. Trotzdem will ein Hotelier an die alte Badeorttradition anknüpfen und mit Hilfe des Alexisbrunnens eine Wellnessoase schaffen. Doch worauf gründet sich eigentlich diese Tradition? Stollen bei Hagenrode Auf der Suche nach Silbererzen waren Bergleute auch im Selketal aktiv. Um das Grundwasser einer Bleigrube im Harzgeröder Revier zu lösen, legten sie im 17. Jahrhundert unweit des im Bauernkrieg zerstörten Dorfes Hagenrode einen Stollen an, der wegen des gefundenen Schwefelkieses Schwefelstollen getauft wurde. Mehrere Jahre dauerten die Arbeiten. Doch weil die Arbeit sehr schwer war, und die Bergleute von anderer Stelle aus leichter vorzudringen hofften, bliebt die schon 2 700 Fuß lange Grube schließlich 1699 liegen. Jahrelang strömte eisenhaltiges Wasser aus dem Stollen. Da es das steinige Ufer okerfarbig färbte, erregte es irgendwann die Aufmerksamkeit. Fürst Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg (1735 bis 1796) ließ es durch seinen Leibarzt Georg Carl Paldamus 1766 untersuchen. Der erkannte die therapeutische Verwendbarkeit bei Arthralgien, Dermatopathien, Bleichsucht und allgemeinen Erschöpfungserscheinungen. Das Quellwasser wurde daraufhin in einem Sammelbecken aufgefangen und in Konradsmühle, an deren Stelle heute die Goldene Rose steht, geleitet. Dort wurden sechs Badestuben eingerichtet. Bereits 1768 zählte der Wirt in der Bademühle 31 Heilung suchende Kurgäste. Teuerung, Hungersnot und Nachlässigkeit mit dem Umgang des Wassers führten zu Rückschlägen. Statt des Quellwassers wurde Selkewasser verabreicht. Erst als der regierende Herzog Alexius Friedrich Christian (1767 bis 1834) von seinem Leibarzt Carl Ferdinand Graefe (1787 bis 1840), dem späteren Professor und Ordinarius für Chirurgie und Augenheilkunde in Berlin, nach Erzählungen der Landesbewohner auf die heilsamen Wirkungen aufmerksam gemacht wurde, ließ er sie erneut untersuchen. Graefe lieferte 1809 nicht nur eine genaue Analyse des Selkebrunnens, er verglich sie in seinem Buch Der salinische Eisenquell im Selkethal im Harz mit den besten deutschen Eisenquellen. Heilendes Wasser Der Eisengehalt übertreffe den der bislang besten Quelle um das dreifache, stellte er fest. Das Wasser sei zwar zum inneren Gebrauch nicht zu empfehlen, wirke jedoch als stärkendes Bad besser als andere, schrieb Graefe. Er empfahl es bei Schwächezuständen, nach schweren Krankheiten, Operationen oder Ausschweifungen in der Liebe. Die Haut werde von Ausschlägen befreit und den okerfarbigen Schlamm empfahl er gegen Fußgeschwüre einzusetzen. Diese Berichte über den Selkebrunnen waren für die Entwicklung zum Badeort von größter Bedeutung. Graefe, der in Halle studiert hatte, wird auch das Management von Lauchstädt kennengelernt haben. Dort verband man künstlerische Attraktivität - Goethe hatte hier ein Theater bauen lassen - mit dem gesellschaftlichen Amusement und konnte Jahr für Jahr zahlungskräftige Besucher begrüßen, die wohl eher in Erwartung derartiger Zerstreuungen anreisten, als aus einer medizinischen Notwendigkeit heraus. Nicht zuletzt schreibt die Alexisbader Chronik dem überschwänglichen Bericht eines Dr. Lohrleber aus Harzgerode den Stein des Anstoßes zu. Der regierende Herzog Alexius gründete eine Brunnendirektion, die zunächst Erfahrungen aus anderen Badeorten einholte und danach, keinen Kostenaufwand scheuend, ein Projekt für ein Bad mit allen Erfordernissen der Zeit entwickelte. Der Ballenstedter Hofarzt Graefe arbeitete als ärztlicher Berater und um überregional aufmerksam zu machen, bediente man sich Graefes Schrift. Lockende Schrift Im Sommer 1810 begannen die Arbeiten, nach Anstellung eines bedeutenden Personals von Arbeitern zur Aufräumung des erforderlichen Platzes und zur Errichtung der Gebäude, berichtet Johann Friedrich Krieger, der damalige Domänendirektor im Saale-Department, im Herbst des darauffolgenden Jahres in seinem Buch über Das Alexis-Bad im Unter-Harz mit seinen Umgebungen. Die Badegäste, die durch Graefes Schrift vermehrt das Selketal besuchten und in der Bademühle und Harzgerode logierten, sahen, wie unter der Aufsicht des Bauinspektors Nordmann das Labyrinth aus Wald und Fels verschwanden, der Berg zu einer Ebene umgewandelt und der Platz erweitert wurde. Am 8. September 1810 wurde das Richtfest für die Gebäude gefeiert und das Bad erhielt seinen Namen - Alexisbad. Das Badehaus, das später als Logierhaus genutzt wurde, der Salon und das so genannte Traiteurhaus wurden gebaut. Der Stollen wurde 150 Meter tief aufgeräumt, ausgezimmert und durch eine Spundwand verschlossen. In Röhren wurde das Wasser zu den Badewannen geleitet. Zur Einweihungsfeier am 12. Juni 1811, dem Geburtstag des Herzogs, verzeichnete Krieger ein conventinelles Zusammenströmen aus allen Ständen und Verhältnissen. Die Anstalt sollte gemeinnützig sein und keinem Menschen, egal welchen Glaubens und welcher Herkunft verschlossen sein. Das Douche-Bad Nach den Betten in der Mühle waren nun 70 Betten für Kurgäste vorhanden, die zu Preisen zwischen sechs und 20 Groschen vermietet wurden. Acht Badekabinette mit hölzernen Badewannen standen im damaligen Badehaus, das heute als Kurhaus bekannt ist, zur Verfügung. Krieger beschriebt besonders ein Douche-Bad ausführlich, das aus einem unter dem Dach stehenden Behälter betrieben wurde. Duschen waren damals offenbar noch nicht sehr verbreitet. Aber auch ein Dampfbad gab es im Badehaus - ein verschlossener Kasten mit Sitz und einer Halsöffnung von dem mit Rumfordschen Deckel versehen Dampfkessel Dämpfen gespeist wurde. 234 Kurgäste (andere Queller sprechen von 170 Gästen) konnten im ersten Jahr erfolgreich behandelt werden. Orchestermusik erklang in den ersten drei Saisonmonaten. Auch fortan blieb Alexisbad der vornehmen Gesellsschaft Nord- und Mitteldeutschlands. Wegen des Andrangs mussten Ersatzunterkünfte in Harzgerode geschaffen werden. 1816, Alexisbad zählt in drei Monaten bereits 506 Kurgäste, wird ein neues Badehaus mit Wandelhalle gebaut. Später wird sogar eine Spielbank zur Zerstreuung des erlauchten Publikums eingerichtet. Für die Prinzessin von Preußen entsteht 1823 der Luisentempel als neues Wahrzeichen des Badeortes. Nachdem Graefe im Januar 1811 ein besseres Stellenangebot in Berlin wahrgenommen hatte, holte den erfahrenen Balneologe Georg Ludwig Curtze von Pyrmont nach Alexisbad. Schmucke Gebäude, wohlgekleidete Badegäste, brilliante Tafeln, klingendes Spiel, glänzende Bälle. So beschrieb Kammerherr und Hofmaler Wilhelm von Kügelen das Badeleben. In der Prominentenliste der Kurgäste tauchen Carl Maria von Weber (1786 bis 1826) und Christian Gottfried Körner auf, die sich anlässlich eines Liederabends bekannt machte. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits die Pläne für einen von Karl Friedrich Schinkel (17 81 bis 184 1) entworfenen Bau in der Diskussion. Das Schweizerhaus wird 1822 fertiggestellt. Ende der zwanziger Jahre kam auch Hans Christian Andersen nach Alexisbad. Er schilderte in den Skiggebilledern seine Ankunft und die Sagenvariationen über die Namensherkunft von Mägdesprung. Neue Quellen Die Entdeckung neuer Quellen verbesserte die Heilerfolge in Alexisbad schließlich noch weiter. 1827 kaufte der Anhalt-Bernburgische Regent die wenige Jahre zuvor entdeckte Solquelle des preußischen Dörfchens Suderode. Das Wasser des Beringer Brunnens, wie die Quelle im Kalten Tal fortan genannt wurde, wurde in Fässern nach Alexisbad gebracht. 1829 wurde der Alexisbrunnen entdeckt, der auch für Trinkkuren geeignet war. Beide gemeinsam wurden erfolgreich gegen Skrofeln und Rachitis eingesetzt. Die letzte Entdeckung war die Freundschaftsquelle, die mitunter auch als Schönheitsbrunnen bezeichnet wurde. Oft wird als vierte Quelle auch der Ernabrunnen, ein klares kupferhaltiges Eisenwasser genannt. Doch nach dem Tod des Ortsgründers 1834 und der Auflösung der Brunnendirektion, die durch einen Intendanten ersetzt wird, geht der Badebetrieb zurück. Mit einem Schießhaus, Angelplätzen, einer Kegelbahn, einer Bibliothek sowie einem Spielplatz wurde die Attraktivität noch einmal verbessert. 1856 versuchte der neue Pächter Richter Alexisbad zu einer Kaltwasser-Heilanstalt umzufunktionieren, doch 1865 gibt er auf. Nach dem Tod des letzten Herzoges von Anhalt-Bernburg konnten die Gemeinde Suderode 1869 ihre Quelle für den zehnfachen Kaufpreis von 1827 zurück kaufen. Alexisbad wurde 1872 von einem Berliner Kaufmann gekauft und im Jahr darauf an die Eisen- und Silberhütten-Bergbau-Aktiengesellschaft weiterverkauft. 1880 erwarb es Dankeröder Kommerzienrat Wenzel, der Alexisbad modernisierte. Doch während sich Suderode zu einem beliebten Badeort entwickelte, stagnierte die Entwicklung in Alexisbad. Ortsbildwandelung Einen Aufschwung bringt erst Bau der Gernrode-Harzgeröder Eisenbahn mit sich. 1888 wurde Alexisbad an die Bahn angeschlossen. Neue Hotels und Pensionen entstanden im Stahlbad Alexisbad. Doch an den Glanz der Gründerzeit des Bades reichten die nun privat betriebenen Häuser nicht heran. Das Ortsbild veränderte sich etwas, als das Kurhaus und das Logierhaus die markanten Holztürme erhielten. Das Hotel Försterling (heute Hotel Habichtstein) wurde 1890 gebaut, um 1900 Bahnhofswirtschaft. Das Kurhotel wurde 1920 Erholungsheim der Stadt Berlin, das frühere herzogliche Schloss Elysium Offiziersgeesungsheim. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die meisten Häuser verstaatlicht. Das Hotel Försterling wurde zum Hotel Linde, später vom Ministerium für Staatssicherheitt völlig saniert und 1988 wieder eröffnet. Das Offiziersgenesungsheim wurde SED-Parteiheim mit dem Namen von Karl Marx. Kur- und Badehaus übernahm 1949 die Sozialversicherung, 1965 wurde es als Geschwister Scholl Ferienheim des Ministeriums Inneren. Die Reichsbahn erhiehlt die Klostermühle und das frühere Logierhaus als Haus Selketal. Nach dem Abriss des Salons wurde der moderne Fünfgeschosser (1976 übergeben) mit Küchen- und Mehrzweckgebäude (Dezember 1977 übergeben) aus dem Boden stampft. In den großen Heimen wie den kleineren Betriebsferienheimen und Bungalows wurden damals täglich rund 480 Urlauber betreut. Seit der Wende versucht Stadt Harzgerode zusammen mit den Hotels den Ortsteil weiter zu entwickeln. Es bleibt zu hoffen dass der Abriss des Kurhaus nicht, wie befürchtet, weitere Abrissarbeiten am früheren Badehaus oder dem Logierhaus folgen lässt. Einzig die Kapelle am anderen Selkeufer wäre dann noch vom Ensemble aus Alexius Zeit übrig. Von Detlef Anders /Mitteldeutsche Zeitung (19.10.2002)
Posted on: Mon, 28 Oct 2013 21:46:46 +0000

Trending Topics



Recently Viewed Topics




© 2015