Partnersuche SPD sondiert mögliche Bündnisse – - TopicsExpress



          

Partnersuche SPD sondiert mögliche Bündnisse – Mitgliederbefragung möglich Berlin (dpa). Auf ihn kommt es an. Sigmar Gabriel steht im Garten der Parlamentarischen Gesellschaft am Bundestag, umringt von einer kleinen Menschentraube. Plötzlich funkt Peer Steinbrück, der gewesene Kandidat, dazwischen: »Glauben Sie dem Mann kein Wort, das ist doch eine Verschwörung.« Von Georg Ismar Eine typische Steinbrücksche Ironie. Der einflussreiche Seeheimer Kreis der SPD hat zum Gartenfest geladen – und es gibt nur ein Thema: Soll man sich wirklich eine Große Koalition antun? Alternativen scheint es kaum zu geben. Generalsekretärin Andrea Nahles schließt wieder einmal etwas aus. Diesmal ist es Rot-Rot-Grün. Und das soll für die gesamte Legislaturperiode gelten. Fraktionsvize Axel Schäfer wird viel deutlicher. Über einen künftigen Regierungspartner sollen die 470 000 Mitglieder der SPD ihre Meinung sagen. Auch die SPD-Landesverbände NRW, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen die Mitglieder bei der Entscheidung über einen Koalitionsvertrag eng einbinden. Und im Laufe des gestrigen Tages mehrten sich die Stimmen unter den Genossen, die die Basis fragen wollen. Sei es beim Gartenfest des Seeheimer Kreises in der Parlamentarischen Gesellschaft oder nun bei der Fraktion. Die Bedenken gegen eine Große Koalition setzt besonders einen unter Druck: den Parteivositzenden Gabriel. Die mächtige NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zeigt keine Begeisterung für ein Bündnis mit der Union. Doch echte Alternativen scheint es kaum zu geben. Da wäre Schwarz-Grün – die SPD könnte in der Opposition eine Annäherung an die Linke suchen. Führende Genossen sehen das aber als falschen Weg an. Was, wenn die Zusammenarbeit besser klappt als erwartet und mittelfristig auch in den Ländern zum Tragen kommt? Die andere Möglichkeit: SPD und Grüne verweigern sich – aus Angst, von einer kraftstrotzenden Union zerrieben zu werden. Das könnte Neuwahlen bedeuten. Aber viele Genossen gehen davon aus, dass die FDP dann wieder in den Bundestag einziehen würde und entweder die Union allein oder mit der FDP eine Mehrheit hätte. Gabriel spricht beim Seeheimer-Fest davon, dass man nun »kühlen Verstand und ein heißes Herz« brauche. Er sieht seine Aufgabe im 150. Jahr des Bestehens der deutschen Sozialdemokratie erst einmal darin, den Laden zusammenzuhalten. Das Motto »Erst das Land, dann die Partei« könnte nicht zur Anwendung kommen, wenn der Widerstand zu massiv ist. Die SPD-regierten Länder haben über den Bundesrat viel Macht und fürchten zu viele Kompromisse zu ihren (finanziellen) Lasten bei der Großen Koalition. Nun kommt es zunächst auf den Verfahrensvorschlag des Vorstands für den Parteikonvent am Freitag im Willy-Brandt-Haus an. Wird er angenommen, könnte die SPD-Spitze mit der Unionsführung um Kanzlerin Angela Merkel ein erstes Gespräch führen. Der Konvent würde formal nur unterbrochen – und die 200 Delegierten zu einer Entscheidung über Koalitionsverhandlungen erneut zusammengerufen. Sollte es beim Konvent eine Eigendynamik mit einem Votum für einen Mitgliederentscheid geben, hätte Deutschland womöglich nicht vor Weihnachten eine neue Regierung. Wie würde Merkel darauf reagieren? Aber: Vom 14. bis 16. November hält die SPD in Leipzig ihren Bundesparteitag ab – es wäre allein schon aus Kostengründen sicher hilfreich, bis dahin Verhandlungen abzuschließen, um nicht einen weiteren Parteitag zur Billigung eines Koalitionsvertrages einberufen zu müssen. Auch 2005 stimmte ein Bundesparteitag dem Vertrag mit der Union zu – in Karlsruhe am 14. November. Klar scheint, dass der Preis für Merkel trotz nur fünf fehlender Mandate zur absoluten Mehrheit ein recht hoher sein könnte – die SPD lässt sich nicht billig abspeisen. Sie könnte sich im Vergleich zu den 41,5 Prozent der Union größer machen als sie es mit 25,7 Prozent ist. Als Schlüsselministerium, das man bekommen müsste, wird das Finanzministerium genannt. Was würde dann aus Wolfgang Schäuble? Als inhaltliche Bedingungen kursieren Forderungen wie Mindestlohn oder höhere Steuern für Wohlhabende. Denn: Bei einer Großen Koalition wäre Linke-Fraktionschef Gregor Gysi im Bundestag Oppositionsführer und könnte der SPD Wähler abjagen. Daher wird auf ein starkes linkes Profil auch für eine Große Koalition gepocht. »Wir dürfen da nicht nur doofe Mehrheitsbeschaffer sein«, heißt es. Gabriel sagt, man lasse sich nicht wie die FDP von Merkel ruinieren. Es schwingt bei vielen SPD-Politikern auch Erleichterung mit, dass es dank des Nachwahl-Konvents einen geordneten Prozess gibt: Anders als 2009 sind bisher keine Köpfe gerollt. Doch kann es einen Neustart mit der alten Garde geben? Gabriel könnte Vizekanzler werden – auffällig ist, wie er den alten und neuen Fraktionschef Steinmeier lobte. Zuletzt war ihr Verhältnis getrübt – nun könnten sie aufeinander angewiesen sein, wenn die Operation Große Koalition klappen soll. Offen ist, was Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vor hat. Er kehrte zunächst als einfacher Abgeordneter in den Bundestag zurück. Die Angst vor der Großen Koalition Von André Best Am Morgen nach der langen Wahlnacht klingelte um 9 Uhr das Telefon bei Sigmar Gabriel. Aber der SPD-Chef ging nicht dran. Nein, es war kein böser Traum des obersten Genossen. Die Bundeskanzlerin war am Telefon, um das »Gespenst« Große Koalition mit ihm zu besprechen . . . Zum Lachen wird Sigmar Gabriel derzeit nicht zumute sein. Der Gedanke an die Große Koalition quält ihn wohl so sehr, dass er am liebsten gar nicht mehr ans Telefon gehen möchte, wenn die Kanzlerin nochmal anruft. Aber ganz im Ernst: Soll man die SPD nun beglückwünschen, dass sie nach dem Aus der FDP möglicherweise für eine Regierung gebraucht wird, oder ihr das Bedauern aussprechen, weil sie in einer Großen Koalition das nächste Opfer der Bundeskanzlerin werden könnte? Juniorpartner in einer Regierung Merkel zu werden, wäre vor allem für den linken Flügel der Partei eine Katastrophe. Sich jetzt aber aus der Verantwortung herauszustehlen und als Verweigerer dazustehen, ist auch nicht viel besser. Vielleicht wäre es für die Sozialdemokraten vorteilhafter gewesen, die Union hätte die absolute Mehrheit erreicht. Aber hätte, hätte Fahrradkette . . , würde Peer Steinbrück jetzt sagen. Der Klartext, wie es mit der SPD weitergeht, ist dem Kandidaten und der Partei über die schmerzliche Wahl wohl etwas verloren gegangen. Keiner weiß ganz genau, was jetzt richtig ist. Da spricht der starke NRW-Landesverband bereits davon, dass »Opposition keine Schande wäre« (Hannelore Kraft), obwohl sie ja nach dem legendären Zitat des Alt-Genossen Franz Müntefering seit Jahren eigentlich »Mist« ist. Ja, was denn nun? Bevor die SPD darüber befindet, ob sie für eine Große Koalition zur Verfügung steht, muss sie ein paar Grundsatzfragen klären: Wer sind wir? Wo stehen wir? Und wo wollen wir hin? Solange das nicht geklärt sind, wird die SPD nicht zur Ruhe kommen. Das Problem gibt es ja nicht erst seit der Wahl, sondern eigentlich seit der Hartz-IV-Gesetzgebung, die Gerhard Schröder seiner Partei trotz massiver Widerstände der Basis zugemutet hat. Und ausgerechnet in ihrem Jubiläumsjahr steht die SPD erneut vor einer Zerreißprobe. Am Ende wird entscheidend sein, ob die SPD eine Partei der Mitte sein will oder künftig für eine klassisch linke Politik der Umverteilung steht. Beides geht nicht. Nach dem zweitschlechtesten Ergebnis ihrer Nachkriegsgeschichte muss sich die SPD bekennen. Will sie nach links, dann sollte sie die Große Koalition absagen und das auch klar kommunizieren. Die Alternative ist, Juniorpartner in einer bärenstarken Merkel-Regierung zu werden – dann aber mit Peer Steinbrück als Vizekanzler. Bis zum Parteikonvent wird man sich gedulden müssen, welchen Weg die Partei geht. Folgt sie Sigmar Gabriels Motto »Erst das Land, dann die Partei« könnte das für die SPD langfristig zum Rohrkrepierer werden. Westfalen-Blatt vom 25.09.2013
Posted on: Wed, 25 Sep 2013 03:25:28 +0000

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